Sonntag, 31. Januar 2016

Soziale Tabus in Manga und Anime Teil 2




Willkommen zum zweiten Teil meiner kurzen Reihe zu sozialen Tabus in Manga- und Animewelten! Auch in diesem Beitrag werde ich allgemein auf kritische Themen eingehen und euch einige Beispiele vorstellen, die diese behandeln. Die einen oder anderen „sozialen Tabus“ oder problematischen Themen, über die man in der Öffentlichkeit ungern redet, werden besonders in Manga sehr gerne als Basis verwendet und von der Community auch nicht weiter diskutiert. Bei einigen könnte man denken, dass sie sogar wirklich akzeptiert und gern gesehen werden und nun stellt sich mir die Frage, warum sie so anziehend sind.

Persönlichkeitsstörungen und andere psychische Probleme

Beginnen wir mit den sogenannten Persönlichkeitsstörungen, die wir nicht selten, sondern teilweise in fast jedem Anime oder Manga finden können. Was versteht man eigentlich darunter? Wie eigentlich der Name schon verrät, handelt es sich um Probleme und Defekte der Persönlichkeit. Das setzt voraus, dass gewisse Verhaltens- und Denkweisen der betroffenen Person nicht der Norm entsprechen, stark davon abweichen. Soweit, dass sie eine Gefahr für sich selbst und die Gesellschaft darstellen können. Es gibt eine Vielzahl an Persönlichkeitsstörungen und ich kann und will auch gar nicht auf alle eingehen. Nur auf die, die auch für Manga und Anime relevant erscheinen. In diesen werden gerne überzogene Figuren eingeführt, doch manche wirken so obsessiv und unrealistisch, dass man sich eigentlich nicht mit ihnen identifizieren kann. Und dennoch scheinen sie sich einer großen Beliebtheit zu erfreuen. Wie kommt es dazu?

In meinem Beitrag zu Charaktertypen in Animanga bin ich bereits auf den Stereotyp „Yandere“ eingegangen. Eine Yandere, meist eine weibliche Person, mag nach außen recht süß und unschuldig wirken, doch in Wahrheit ist das alles nur Fassade. Sobald jemand ihrem Geliebten ein Haar krümmt oder irgendeine Rivalin versucht, einen Schritt auf ihn zuzugehen, verändert sich ihr Charakter um 360 Grad. Das liebliche Mädchen verwandelt sich in ein krankhaftes, wahnsinniges, obsessives Monster, dass zwar einerseits von krankhafter Liebe und Leidenschaft erfüllt ist, aber emotionslos andere Nebenbuhler abschlachten kann. Gutes Beispiel wäre das Ende von School Days, auf das ich nicht weiter eingehen möchte. Es ist wirklich ziemlich gewöhnungsbedürftig...

Auf der anderen Seite haben wir die „Yangire“, die mit der „Yandere“ die Gewalttätigkeit gemeinsam hat, wobei erstere kein abweichendes Verhalten aufgrund von Liebeswahn entwickelt. Meist hat das brutale, irrationale Verhalten seinen Ursprung in einer wirklichen Persönlichkeitsstörung, aufgrund von Traumata oder anderen schlimmen Erlebnissen. Hier haben wir es also mit dem klassischen Fall von Persönlichkeitsstörung zu tun, der aber nicht minder unterschätzt werden darf. Yangire wie auch Yandere sind beide unberechenbar und man sollte sich wirklich vor ihnen hüten. Ein typisches Beispiel, was mir in den Sinn käme wäre Rena aus „Higurashi“, die wirklich anfangs noch so süß und niedlich erscheint, aber sich als totale Psycho-Tante entpuppt.

Regelrecht schockiert war ich beim Anime „Higurashi“ auch , weil eigentlich jede Figur, die nahezu normal wirkte, irgendwann einmal durchdrehte. Den Grund möchte ich nicht verraten, weil dies ein heftiger Plottwist wäre, den ich einigen dann vermiesen würde. Jedenfalls sind die Figuren zwar nicht von Liebe getrieben, aber sie entwickeln ebenfalls gewalttätige Züge und man erkennt sie eigentlich überhaupt nicht wieder.

Nun sind sowohl Yangire wie auch Yandere etablierte Charaktertypen in Anime und Manga und sie sind nicht gerade unbeliebt, möchte ich meinen. Nun frage ich mich, was der Grund dafür sein könnte. Ganz ehrlich, ich kann mit solchen Figuren eher nicht sympathisieren oder mich identifizieren, auch wenn viele Figuren dieser Art schwere Probleme haben. Generell ist Gewalt nicht so mein Geschmack und ich finde diesen Gegensätze von Unschuld/Niedlichkeit und Gewalt generell gewöhnungsbedürftig. Ein Grund, weswegen ich „Happy Tree Friends“ schon immer nicht mochte und sehr erschüttert gewesen war, als ich es damals geschaut hatte.


Ich glaube, damit habe ich schon gute Gründe gefunden, weswegen diese brutalen Charaktere gerne gesehen werden. Zum einen wäre natürlich das Gewaltpotenzial entscheidend. Gewalt kommt anscheinend gut an genauso wie Sexualität. Auf der anderen Seite sind diese Figuren natürlich sehr spannungsreich und widersprüchlich und eben unberechenbar. Man weiß nie genau, woran man bei den Figuren ist, insofern wirken sie geheimnisvoll und unergründlich. Und diese Spannung der Gegensätze wird scheinbar von vielen Fans gemocht, denn Tsundere lassen sich ja auch auf dieses Schema reduzieren. Einerseits nach außen brutal und gemein, aber im Inneren doch total zahm wie ein Lahm, hier haben wir es eigentlich genau anders herum.

Bei Yandere kann ich mir vorstellen, dass deren Liebessehnsucht bei Rezipienten Mitleid vielleicht auch Sympathie weckt, weil man verstehen kann, dass jemand alles aus Liebe für eine andere Person tun würde. Dennoch finde ich das persönlich sehr erschreckend, wenn man aus Liebe über Leichen geht. Ist es eventuell vielleicht auch ein japanisches Phänomen mit diesen Charaktertypen? Sicherlich sieht man auch in Filmen und Büchern hin und wieder wahnsinnige Personen, aber in der Art und Weise (niedlich und doch gewalttätig) eher selten.

Vielleicht hat es auch generell etwas mit der Doppelseitigkeit japanischen Verhaltens zu tun (siehe Honne und Tatemae). Die gesellschaftliche Seite, sprich die gute und unschuldige Seite, wird aufrecht erhalten, weil man so besser mit den Menschen zu recht kommt. Aber im tiefsten Inneren gibt es da gewalttätige Bedürfnisse, die eigentlich dem wahren Ich entsprechen, jedoch unterdrückt werden müssen. Das führt dann zu einem Konflikt bei den Figuren. Doch irgendwann bricht eben die gewalttätige wahre Seite der Figuren heraus, nimmt Überhand und somit könnte man von einer Art gesellschaftlichen Befreiung sprechen. Nun muss man sich aber auch fragen, was denn nun das wahre Ich dieser Figuren ist. Muss die gewalttätige Seite die wahre Persönlichkeit sein oder müsste man nicht beide Seiten betrachten? Ein sehr interessantes Thema, das einen eigenen Artikel verdient.


Wir sind mit den Persönlichkeitsstörungen noch nicht fertig. Es gibt soweit ich weiß nicht viele Manga oder Anime, die sich mit sozialer Phobie befassen, aber ich bin darauf gestoßen, als ich den Manga Watashiga Motenai no wa Dou Kangaete mo Omaera ga Warui!  gelesen hatte. In dem Manga wird eigentlich schon sehr böse und satirisch mit einem Mädchen umgegangen, was deutlich Probleme im sozialen Umgang hat. Sie leidet stark unter sozialer Phobie, kann kaum mit Personen normal sprechen und lebt eigentlich fast nur für sich allein. Doch als wäre das nicht schlimm genug, hat sie auch ein verzerrtes Bild ihrer Mitmenschen und Umwelt, denkt, dass alle gegen sie sind und ist voller Zynismus und Bitterkeit. Eigentlich befasst sich der Manga nicht ernsthaft mit ihrem Schicksal, sondern lässt sie regelmäßig in Fettnäpfchen treten, sodass der Leser eigentlich darüber lachen sollte. Man merkt, dass das Thema hier nur Comedy-Einlage ist und das finde ich ehrlich gesagt schon so mitleidserregend und traurig, dass ich den Manga nicht weiter lesen konnte. Bis zu einem bestimmten Punkt geht das noch, aber irgendwann deprimiert es einen schon sehr, wenn die Figur sich kaum weiter entwickelt. Jedenfalls finde ich es interessant, dass es überhaupt einen Manga gibt, der sich mit diesem sensiblen Thema befasst, auch wenn ich seine Umsetzung fragwürdig finde.


Ein anderes Thema, was ebenfalls an die Substanz geht und etwas mit psychischer Instabilität zu tun hat, wäre die Selbstverletzung und Suizid in Manga und Anime. Besonders Suizid finde ich in Bezug auf Japan sehr interessant, weil ich glaube, dass dort die Wahrscheinlichkeit für Selbstmord sehr viel höher ist als in anderen Ländern. Natürlich muss man das mit Statistiken beweisen. Aber ich denke schon, dass dies plausibel ist, wenn man sich nur anschaut, wie groß der Leistungsdruck bereits in Schulen und später im Beruf ist und viele unter Burn-Out leiden. Hinzu kommt neben dem Druck auch noch das teilweise massive Mobbing, was auch zusetzt. Und der Konformitätszwang und der Notwendigkeit immer das Gesicht zu wahren. Jedenfalls denke ich in der Hinsicht an den Manga „LIFE“, bei dem das Thema Selbstverletzung und Suizid wirklich eindringlich rüber gebracht wird. Nicht viele Manga befassen sich mit diesen problematischen Themen, deswegen kann ich euch diesen Manga nur ans Herz lesen. Ich hatte in früheren Texten schon einmal davon geschrieben.

Die Geschichte erzählt von einem jungen Mädchen namens Ayumu, die eigentlich ein normales Leben führt, bis sie die Aufnahmeprüfung für ihre angestrebte Oberschule besteht. Die Freude hält nicht lange an, denn ihre vermeintlich beste Freundin hat es nicht geschafft und hasst sie nun aus tiefstem Herzen, weil sie glaubt, Ayumu hätte sie nur ausgenutzt beim Lernen. Von da an geht es im Manga eigentlich nur noch bergab. Zwar lernt Ayumu andere Mädchen kennen, diese entpuppen sich aber als fiese Mobber, als sie zufälligerweise mit dem Freund von einer gesehen wird. Dabei ist dieser Freund auch ausgerechnet ein Sadist, nötigt sie sexuell und erpresst sie auch noch. Das alles klingt schon sehr übertrieben, dass ausrechnet so viel Schlimmes einem kleinen Mädchen passiert. Das Lesen wühlt entsprechend das Gemüt sehr auf.


Der Manga „Confidential Confessions“ ist auch einer meiner Lieblinge, wenn es um gesellschaftliche und psychische Probleme geht. Hier findet man in den Bänden Kurzgeschichten, die sich mit Selbstmord, Vergewaltigung, Mobbing, Selbstverletzung und sogar Drogenmissbrauch befassen. Ich erinnere mich an eine Geschichte, bei der ein Mädchen so einen großen Leistungsdruck in der Schule erfährt, dass sie keine andere Möglichkeit mehr sieht, als Drogen zu nehmen. Diese stimulieren sie geistig, wodurch sie Höchstleistungen erbringen kann, doch mit der Zeit wird sie immer süchtiger danach. Nach dem Höhenflug folgt der Absturz...Sehr tragisch, aber veranschaulicht sehr gut wie Leistungsdruck besonders in Japan zu Burn-Out führen kann.

Soweit ich weiß, werden solche Geschichten mit Burn-Out und Selbstverletzung eher weniger behandelt als bspw. diese mit Charaktertypen. Woran das liegt? Ich denke mal, dass die ersteren Themen realitätsnaher sind, als solche übersteigerten Figuren, zumal da die Sensationslust eher durch Gewalttaten gestillt wird. Natürlich sind solche Persönlichkeitsstörungen nicht weniger ernst zu nehmen, aber durch die Charaktertypen werden sie eben übertrieben und auch nicht wirklich ernst behandelt. Sie dienen wirklich nur dazu um Spannung und Gewalt hinzuzufügen. Doch bei Geschichten wie „LIFE“ stehen solche Themen wirklich im Vordergrund und wirken authentischer. Doch wer möchte schon gerne solche problematischen Themen konsumieren, wenn er eigentlich lieber durch Manga und Anime abschalten will? Das ist auch so eine Sache.

Warum konsumieren wir denn so etwas überhaupt? Doch nur aus Unterhaltung und weil man der Realität kurz entfliehen will. Wer möchte sich in seiner Freizeit solchen Problemen schon widmen? Also ich bin für beides, ich möchte sowohl unterhalten werden, aber auch nachdenken können. Und manchmal habe ich es auch satt, immer die gleichen, unrealistischen Settings und Geschichten zu sehen, ich möchte auch mal etwas, was näher an meiner Realität ist und dann lese ich so etwas wie „Confidential Confessions“. Das sind dann Geschichten, die nicht unterhalten wollen, zumindest verspüre ich beim Lesen jetzt nicht unbedingt gute Laune. Es sind Geschichten, die uns zum Nachdenken anregen, die uns zwar die Stimmung teilweise vermiesen können, die meiner Ansicht nach mehr meinen Horizont erweitern als andere Stories.

Sexualität und sexuelle Identität


Verlassen wir nun den Themenbereich Persönlichkeitsstörung und widmen uns dem Thema Sexualität und sexuelle Identität. Ein Thema, was besonders meiner Ansicht nach im Manga und Animebereich zu finden ist, lautet Crossdressing – wenn man praktisch in das andere Geschlecht schlüpft. Wir kennen alle solche Geschichten wie „Ouran Highschool Host Club“, die Crossdressing als Vorlage für Missverständnisse, Versteckspiele und lustige Szenen verwenden. Hier wird das Thema also eigentlich eher zum Lachen verwendet. Dann gibt es aber auch seltene Exemplare, die sich ernsthaft mit Crossdressing und den Konsequenzen befassen wie der Manga „Yubisaki Milktea“. In diesem Manga muss der Junge Yoshinori als Model für seine Schwester her halten, findet daran aber Gefallen weibliche Klamotten zu tragen. Anfangs ist es nur ein Spiel, doch zunehmend wird dies zu einem wichtigen Lebensinhalt. Doch die Pubertät kommt ihm in die Quere und er flieht davor ein wirklicher Mann zu werden.

Hin zu kommt auch noch das Dreiecksverhältnis mit seiner Mitschülerin und seiner Sandkastenfreundin. Dann verliebt sich noch sein bester Freund in sein weibliches Ich und auch Yoshinori bemerkt, dass er es ebenfalls liebt. Wie geht man also damit um, wenn man in sich selbst verliebt ist und seinem weiblichen Ich näher kommen will? Wirklich sehr kompliziert und manchmal sehr verwirrend. Der gesamte Manga ist eigentlich eher pessimistisch angehaucht, die Leichtigkeit fehlt und das hinterlässt ein mulmiges Gefühl beim Lesen. Alle Figuren wirken zwiespältig und widersprüchlich, so richtig Sympathie kommt für keine Figur auf, aber das alles macht sie auch glaubwürdiger. Jedenfalls finde ich es schon mal interessant, dass ausnahmsweise ein Junge zum Mädchen wird, meist haben wir doch eher das Gegenteil. Und dann ist es nicht nur einfach Spielerei, sondern wird eine ernste Sache, die zum psychischen Dilemma wird.


Ein anderes Beispiel für sexuelle Identität in Manga haben wir bei „Himegoto - juukyuusai no seifuku“. Die Protagonisten sind ein burschikoses Mädchen, was von klein auf sich jungenhaft angezogen und verhalten hat, aber sich danach sehnt sein weibliches Ich zu entfalten und ein Junge, der in seiner Freizeit die Klamotten seines Schwarms anzieht und genauso wie sie aussieht, um ihr näher zu kommen. Dabei ist er eigentlich heterosexuell, schläft mit verschiedenen Frauen, findet aber Gefallen an weiblicher Kleidung. Der Manga ist schon an sich sehr sexuell geladen und birgt mehrere problematische Themen, auf die ich noch zu sprechen komme. Jedenfalls fand ich aber diese Konstellation der beiden Hauptfiguren, die aus verschiedenen Gründen männlich oder weiblich verhalten, interessant.

Des Weiteren freundet sich der Junge mit dem Mädchen an, möchte aber nur wirklich eine Freundschaft zwischen Freundinnen haben, sprich, er unternimmt verkleidet als Mädchen etwas mit der Protagonistin, die aber eigentlich in ihn verliebt ist. Und dann wäre noch das dritte Mädchen, was der Schwarm des Jungen ist und in die männliche Seite der Protagonistin verliebt ist. Ganz schön verwirrend, wenn ihr mich fragt, aber durchaus ein interessanter Manga, der sich mit den tiefen Gelüsten und Abgründen der menschlichen Psyche befasst. Bestimmt nicht für jeden etwas, so viel sei gesagt. Was ich daran so spannend finde ist auch hier die Widersprüchlichkeit der Figuren zwischen dem, was sie tun und dem was sie eigentlich wollen. Schein und Sein verschwimmen hier deutlich und vor allem die sexuellen Begierden sind sehr komplex dargestellt.

Bezüglich sexueller Identität fällt mir auf, dass es sehr wenige Beispiele für Transgender gibt. Dieses Phänomen beschreibt Personen, die obwohl sie weibliche oder männliche Merkmale aufweisen, sich mit deren sexueller Identität nicht vereinbaren können. Sie empfinden sich nicht als Männer, obwohl sie biologisch eindeutig Männer sind, sondern fühlen sich mehr wie Frauen. Und darum handelt zum Teil auch der Manga „Bokura no Hentai“, bei dem sich drei Jungen aus verschiedenen Gründen als Mädchen verkleiden. Der eine hat es getan, weil er die verstorbene Schwester für die Mutter ersetzt. Der andere zieht sich wie ein Mädchen an, weil sein früherer Geliebter es so wollte und er ihm gefallen will. Und der dritte im Bunde möchte einfach nur ein Mädchen sein und im Verlauf der Handlung wird er das auch offiziell, was zu Komplikationen zwischen den Figuren führt.

Ich weiß nicht ob ihr das auch so seht, aber ich finde das Thema schon ziemlich spannend. Schade ist es, dass es in Manga, in Anime noch seltener angesprochen und behandelt wird. Es ist eben noch immer ein ziemliches Tabu-Thema, was komisch ist. Denn andere Tabus wie Inzest oder Vergewaltigung werden viel öfter angesprochen als dieses, obwohl sie nicht weniger problematisch sind. Spielt da vielleicht der Faktor Sexualität mit rein, in dem Sinne die körperliche? Vergewaltigung, das muss man sagen, wird gerne in solchen erotischen Manga und besonders in Hentai integriert und Inzest sowieso. Bruder- und Schwesterkomplex scheint ebenfalls populär zu sein, auch wenn das nicht unbedingt Inzest beinhalten muss. Ich denke mal, dass dann andere Themen, die sich aber mehr mit der inneren Sexualität befassen, weniger aufgearbeitet werden, weil sie scheinbar weniger reizvoll für die Umsetzung wären und generell noch etwas komplizierter sind.


Gleichgeschlechtliche Liebe


Wo wir schon mal bei der Sexualität wären, darf natürlich dieses Thema auf keinen Fall fehlen: Homosexualität. Es kann nicht abgestritten werden, dass es einfach total beliebt ist, was man schon daran sieht, dass es feste Genresbezeichnungen wie Boys Love, Girls Love, Shonen Ai, Shoujo Ai und Yaoi und Yuri dafür gibt. Besonders Boys Love wird in Deutschland sehr gerne gelesen und ich muss wahrscheinlich nicht erklären, worum es geht oder? Die Namen sprechen für sich. Jedenfalls frage ich mich, weswegen diese so gerne konsumiert werden. Besonders Boys Love ist bei Frauen beliebt, während Girls Love scheinbar nicht mithalten kann. Überhaupt warum liest man als Frau Geschichten, in denen sich Männer lieben? Dazu gibt es bestimmt sehr viele Meinungen und ich will auch nur meine eigenen Gedanken dazu äußern.

Zum einen nehme ich an, dass es einfach schon mal ästhetisch schöner aussieht, als wenn Frau und Mann sich lieben. Besonders Boys Love hat wie ich finde die hübscheren Männer und Jungs und wenn man zwei nackte Männer sieht, ist das schon mal ein Augenschmaus. Für einige denke ich mal, ist diese gleichgeschlechtliche Liebe auch einfach reiner, als zwischen Männlein und Weiblein. Vielleicht ist da auch weniger die Eifersucht oder der Neid auf eine Protagonistin da, die in BL einfach nicht vorhanden ist. Dort haben wir zwei Männer, man muss auf keinen eifersüchtig oder neidisch sein. Ich habe zwar nicht viele Manga dieses Genre gelesen, aber finde, dass der Sex sehr viel rabiater aussieht als beim heterosexuellen Pendant. Vielleicht bilde ich mir das auch ein, korrigiert mich wenn ihr das anders seht. Und dann wäre der Aspekt des eigentlich Verbotenen dabei, weil es ja gesellschaftlich immer noch etwas verpönt ist. Den heterosexuellen Sex kennt man ja eigentlich, doch der homosexuelle ist da doch exotischer oder besonderer. Mir fällt aber auf, dass weniger auf gesellschaftliche Normen oder was die Gesellschaft davon hält, geachtet wird. Ich habe vielleicht auch zu wenig Manga dieser Sorte gelesen, um das zu beurteilen, aber kann es sein, dass die gesellschaftliche Problematik etwas außen vor steht?


Nun zu der anderen Frage: Warum ist Boys beliebter als Girls Love oder warum lesen mehr Frauen das erstere und weniger das zweitere? Bei Girls Love fehlt einfach denke ich mal das eindeutig Körperliche. Ich will nicht sagen, dass Sex zwischen Frauen weniger gut ist oder so, aber es hat vielleicht nicht die wirkliche Anziehung? Es ist schwer in Worte zu fassen. Wobei ich weiß, dass viele Männer es gerne haben, wenn sie zwei Lesben miteinander herum machen sehen. Die Denkweise ist da ähnlich wie bei Boys Love. Zwei hübsche Frauen, kein Mann, keine Gefahr und doppelte Schönheit, wenn ihr versteht, was ich meine.

Enjokosei

Zurück zum Manga „Himegoto juukyuusai no seifuku“. Hier finden wir im Bezug zur Sexualität noch etwas anderes, nämlich die Gelegenheitsprostitution, die besonders in Japan öfter praktiziert wird als in anderen Ländern. Was versteht man denn unter „Enjokosei“. Schulmädchen wollen sich gerne mal Designersachen leisten, aber das Taschengeld reicht nicht aus. Was also tun? Am besten auf der Straße einige Männer anbetteln, mit ihnen ausgehen oder vielleicht mit ihnen schlafen, um das Taschengeld aufzubessern. Das wäre salopp formuliert die Gelegenheitsprostitution. Wenn man eben nicht genug Geld hat, geht man kurz anschaffen, dauert nicht lange, ist auch keine harte Arbeit und man kriegt viel mehr Geld, als wenn man Jobben würde. Klingt doch nicht schlecht oder?

Inwiefern das moralisch gut ist, ist eine andere Frage. Jedenfalls finden wir diese Art der Prostitution in nicht so vielen Manga. Spontan fällt mir eigentlich nur „Himegoto“ ein, bei dem das eine Mädchen, scheinbar sehr unschuldig und liebenswürdig nach außen hin, sich heimlich als Schülerin (obwohl sie Studentin ist) ausgibt und mit alten Männern schläft. Nicht mal aus reiner Geldgier, sondern weil sie das Bedürfnis hat, diese zu demütigen oder ein gewisses Machtgefühl zu genießen.

Legitimes Töten von Menschen – Death Note, Darwin´s Game, Battle Royale


Dass Gewalt besonders in Shonen-Manga wie auch Anime gezeigt wird, ist ja nichts Neues und darüber muss man nicht diskutieren. Aber diskutabel finde ich doch solche Survival-Geschichten, in denen es um Leben oder Tod geht. Das Töten wird legitim aus verschiedenen Gründen und führt gerne mal zu moralischen Debatten. Ein Ausnahmebeispiel wäre „Death Note“ , in dem ein Schüler ein Buch findet, mit dem er Menschen töten kann. Er tötet zwar nicht wahllos Leute, sondern nur Kriminelle, was ja nicht so schlimm ist oder? Das könnte man sich fragen. Ich hatte in einer Review mich dazu schon ausführlich geäußert und will dazu nur sagen, dass das Töten in Manga und Anime eigentlich als gesellschaftliches Tabu gerne mal verarbeitet wird und teilweise kreative wie auch absurde Formen annimmt.

Death Note finde ich noch am interessantesten, gerade weil man hier wirklich sehr viel über Moral diskutieren kann. Dann gibt es aber noch Survival-Manga wie „Battle Royale“ oder „Darwin´s Game“, die da eine andere Richtung einschlagen. Bei ersteren sind die Schüler gezwungen sich gegenseitig zu töten, sondern sterben sie so oder so. Nur einer kann überleben so viel steht fest. Klar kommt man ins Dilemma, weil man ja überleben will. Ist man bereit einen anderen Menschen zu töten, um sein Leben zu beschützen?

Dann haben wir noch solche Geschichten, wie „Darwin´s Game“ in denen das Töten dann doch eher zu einem Spiel wird, weil die Figuren ja nicht töten muss. Aber sie tun es dennoch, weil sie dadurch viel Geld gewinnen. Da kann man sich auch fragen, wie weit Menschen gehen würden, um eben zu Reichtum zu gelangen. Im Manga werden ja verschiedene Gründe gegeben, weswegen die Leute andere umbringen. Meist doch nur, weil sie Schulden haben oder sich etwas bestimmtes leisten wollen.

Es wird deutlich, dass es eigentlich nicht so viele Manga oder Anime gibt, bei denen die Figuren aus Spaß unschuldige Menschen töten. Man kann also sagen, dass Manga und Anime da schon aufpassen, dass sie da nicht zu moralisch verwerflich werden. Ausnahmen sind Beispiele, in denen Serienkiller oder einfach Bösewichte Menschen umbringen, aber das haben wir ja auch in anderen Medien. Jedenfalls gibt es aber in den erwähnten Beispielen immer handfeste Gründe, weswegen das Töten legitim wird. Ist es dadurch moralisch korrekt? Nicht unbedingt, aber interessant darüber zu sprechen.

Warum sind aber solche Survival-Sachen so interessant? Ich denke mal, da muss man nicht viel nachdenken. Es bringt einfach unglaublich viel Nervenkitzel mit hinein und das Moralische wird eigentlich gar nicht diskutiert. Es geht dem Leser oder Zuschauer nur darum möglichst spannende Duelle oder Kämpfe zu erleben, viel Gewalt zu sehen, mit den Figuren mitzufiebern, zu trauern, wenn es um Verluste geht. Es geht also nur um reine Unterhaltung und ist deswegen so reizvoll, weil es auch fernab der Realität ist.

Lehrer-Schüler-Verhältnis


Kommen wir zu dem letzten Thema dieses Artikels, das sehr gerne in Shoujos erzählt wird. In doch recht vielen Manga verliebt sich die Heldin ausgerechnet in ihren hübschen, jungen Lehrer und ist im Zwiespalt. Einerseits darf sie sich ihn nicht lieben, weil er eben Lehrer ist und eine Beziehung deswegen nicht gestattet ist. Andererseits sieht sie ihn aber auch jeden Tag und dann ist der Lehrer auch noch einer, der gerne mit anderen flirtet und falsche Hoffnungen weckt. Ganz problematisch wird es dann, wenn sich beide näher kommen. Und es ist doch immer vorhersehbar, weil der Lehrer eben nicht dem Mädchen die kalte Schulter zeigt, sondern immer interessiert ist. Zwar kommt immer eine Stelle, an der einer von beiden nicht weiter will, meist der Lehrer, weil er eben seinen Job nicht verlieren will. Aber er lässt eben Annäherungsversuche zu und ist dadurch sehr unzuverlässig.

Aber darum geht es ja auch nicht in solchen Manga oder Anime. Es geht um das Prickeln der verbotenen Liebe, die man geheim halten muss. Die Gefahr, aufgedeckt zu werden ist eben schon sehr reizvoll. Man will ja auch heraus finden, wie das Paar es am Ende schafft, das Problem zu lösen. Am Ende ist es dann doch so, dass sie entweder mit der Beziehung im Geheimen weiter machen oder er eben die Schule verlässt oder sie dann ihren Abschluss macht und die Beziehung legal wird. Insofern enden solche Beziehungen eigentlich fast immer gut, was ja schon etwas weit von der Realität weg ist. Warum sind solche Geschichten so spannend und werden immer wieder gebracht? Aus den genannten Gründen und vielleicht liegt darin auch die Sehnsucht jedes Mädchens verborgen einen älteren Geliebten zu haben, der so viel reifer und erfahrener ist als Gleichaltrige. Beispiele für Manga wären "Daytime Shooting Star" oder "Chocolate Cosmos".


Fazit
Abschließend möchte ich zum Thema soziale Tabus in Manga und Anime nur sagen, dass es sehr interessant war, einfach mal etablierte Themen aus kritischer Sichtweise zu untersuchen und zu diskutieren. Dadurch gewinnt man einfach eine ganz andere Sichtweise auf Aspekte, die eigentlich selbstverständlich in den beiden Medien sind. Es ist auch mal interessant zu überlegen, warum solche eigentlich tabuisierten Sachverhalte immer wieder Eingang in Manga und Anime finden. Ich hoffe, es hat euch ebenfalls gefallen meine Texte dazu zu lesen und ich freue mich, wenn ihr auch bei diesem Teil jede Menge Anregungen, Tipps, Verbesserungsvorschläge und Meinungen vorbringt. :)



4 Kommentare:

  1. Hey :-)
    Vielen Dank für diesen tollen Beitrag, war sehr interessant zu lesen.

    Ganz liebe Grüße
    Lisa ♥

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ich freue mich, dass dir der Text gefallen hat. :)

      Löschen
  2. Hey,
    erst mal, wow ... Was für ein Artikel! :o
    Hat mir sehr gut gefallen und war ziemlich interessant.
    Wenn man mal darüber nachdenkt, kommen solche Themen oft vor, auch wenn man es im ersten Moment nicht ganz so mitbekommt. Man überlegt halt auch nicht wirklich, während man einen Anime guckt oder einen Manga liest, wieso solche Themen aufgegriffen werden. Man ignoriert es meistens, aber ich denke mal das ist die falsche Einstellung und Mangas so wie Animes sollen zum Denken anregen.

    Auf jeden Fall ein schöner Artikel!

    LG
    Shukon

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dankeschön für den lieben Kommentar. :) Ich bin froh, dass dir das Lesen des Textes Freude bereitet hat. Ich hoffe, du bist jetzt um einige Erkenntnisse reicher. ;)
      Das ist wahr! Deswegen wollte ich mal auf diese Aspekte hinweisen, wer weiß, vielleicht erinnerst du dich dann das nächste Mal beim Schauen/Lesen an die Dinge, die ich besprochen habe und siehst sie in einem anderen Licht.

      Löschen