Donnerstag, 6. April 2017

"Unübersetzbare" Wörter im Japanischen


Jede Sprache besitzt Wörter, die man so ohne weiteres nur schwer oder gar nicht in andere Sprachen übersetzen kann. Das macht sie einzigartig. Was man in der einen Sprache mit nur einem Wort ausdrückt, braucht in anderen Sprachen teilweise Sätze für die Erklärung.

Für mich als Studentin der Germanistik, die sich auch für andere Kulturen und Sprachen ist es sehr interessant sich mit solchen Wörtern auseinander zusetzen. 

Wie lassen sich diese Wörter erklären? Es liegt auf der Hand. Jede Kultur ist anders. So gibt es in einigen Sprachen viele Wörter für ein und diesselbe - wie in den Inuit-Sprachen, die verschiedene Bezeichnungen für Schnee haben. Einfach weil dieser sie ständig umgibt und dementsprechend auch sehr wichtig ist. 
Die Sprache gibt immer auch unser Verständnis von unserer Welt sowie kulturelle Vorstellungen wider. Wenn es also in Japan bestimmte Wörter für Phänomene und Dinge gibt, aber nicht in anderen Ländern, verrät uns das einiges über die japanische Kultur und welche Dinge sie als wichtig und besonders erachtet. Sich mit der Sprache eines fremden Landes zu beschäftigen kann unglaublich bereichernd sein, um auch dessen Kultur besser zu verstehen. 

Denn gerade solche "unübersetzbare" Wörter sind es, die uns zum Nachdenken anregen und uns dazu nötigen, Erklärungen zu finden, was uns nicht selten an unsere sprachlichen Grenzen bringt.

Es gibt eigentlich an sich keine wirklichen "unübersetzbaren" Wörter, jedes Wort ist mehr oder weniger wortwörtlich oder sinngemäß übersetzbar. Und hier liegt der Unterschied. Was mit unübersetzbaren Wörtern gemeint ist, sind solche, die sich meist nur schwer erklären oder nicht in einem Wort übersetzen lassen. Doch man kann Wörter immer irgendwie erklären und übersetzen, manchmal aber eben sehr umständlich. 

Im Folgenden findet ihre Liste von schwer übersetzbaren japanischen Worten.


Ukiyo
Das Wort gefällt mir insofern, dass es genau die Einstellung widerspiegelt, nach der ich mich sehen. Das Leben im Hier und Jetzt leben, den Augenblick genießen, und die Sorgen hinter sich zu lassen.

Otsukaresama

Dieses Wort wird meist im Arbeitsalltag verwendet und ist auch recht umständlich zu übersetzen. "tsukare" meint "erschöpft sein" und "o...sama" ist eine höfliche Anredeform. So taucht das Wort vor allem in zwei Situationen auf:
1. Wenn ein Mitarbeiter den Arbeitsplatz verlässt
2. Wenn jemand einen in irgendeiner Weise geholfen hat.
Dabei sollte man mit dem Anderen gleich gestellt oder höher gestellt sein. Es wäre ratsam es nicht zum Vorgesetzten zu sagen, weil es dann so wirke, als wäre man ihm überlegen. Inzwischen wird es so oft verwendet, dass diese Phrase zu einer wahren Floskel geworden ist.

Tsundoku


“Ein neues Buch nicht zu lesen, nachdem man es gekauft hat, und es einfach auf den Stapel anderer ungelesener, einsamer Bücher zu legen.“
Viele von euch kennen das bestimmt: Man findet ein neues Buch, kauft es und liest es aber im Endeffekt nicht. Nachdem man es gekauft hat, landet es einfach auf dem Stapel anderer ungelesener Bücher. Und wer weiß, ob man überhaupt dazu kommen, diesen jemals abzuarbeiten?! Im Manga-Bereich nennen wir das für gewöhnlich "der Stapel der Schande", der ins Unermessliche wächst. Man ist motiviert viel zu lesen, aber die Zeit fehlt einfach oder das Interesse ist einfach weg. Oder man kauft eben nur ein Buch oder etwas anderes, um es zu haben. ES gibt viele Gründe für dieses Phänomen.

Yugen

ist ein ästhetisches Prinzip und meint die Wertschätzung von Schönheit und Kunst in Japan. Es impliziert, dass die wahre Schönheit bereits existiert, ohne dass viel getan werden muss. ES reichen Andeutungen, wenige Worte oder Pinselstriche, es muss nichts gesagt oder gezeigt werden, sondern alles entsteht aus den Gedanken und Gefühlen.

Ikigai
Die freie Übersetzung wäre "das, wofür es sich zu leben lohnt" oder "das Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen". Besonders in der japanischen Kultur ist das Prinip sehr wichtig, in der die Selbstfindung durch Konformitätszwang doch stark beschränkt wird.

Majime
Mit diesem Wort wird eine Person als ernsthaft, vernünftig und zuverlässig beschrieben.
Ich kann mich sehr gut mit diesem Wort identifizieren, denn bereits zu Schulzeiten war ich bei Gruppenarbeiten immer diejenige, die besonders fleissig war und auch mal mehr gemacht hat als die anderen. Ob das nun gut oder schlecht ist, sei mal dahingestellt. Besonders in Japan ist dies natürlich eine tolle Eigenschaft, um möglichst produktiv zu sein und Fleiß wird dort sowieso sehr gern gesehen.

Yoisho
Es hat eigentlich keine echte Bedeutung, wird aber dann gesagt, wenn Japaner nach einem harten Arbeitstag sich auf ihr Sofa schmeißen und entspricht einem tiefen Seufzen.

Komorebi 


Takane no hana

wörtlich übersetzt meint dies "weit entfernte Blume" und beschreibt die Sehnsucht nach einer Person oder eines Objektes, die man nicht erreichen kann.

Koi no yokan
ist vergleichbar mit der Liebe auf den ersten Blick. Es unterscheidet sich aber insofern von der Liebe auf den ersten Blick, dass das Gefühl von Liebe existiert, sondern nur Wissen besteht, dass es zu einer zukünftigen Liebe kommen wird.

Uchiiwai
Hinter diesem Wort steckt ein wirkliches Konzept. "Uchi" bedeutet "innen" und "iwai" "feiern". Japan ist als eine Schenk-Kultur bekannt. Zu jeder erdenklichen Situation oder Gelegenheit wird Bargeld verschenkt, ob nun zu Feiern Festen oder Hochzeiten.  Meist verbindet sich die Gratulation mit dem "Uchiiwaii", was so viel bedeutet wie etwa die Hälfte wiedergeben. Erhält man nun also 100,000 Yen, sollte die Hälfte dann gespart werden und bei der nächsten Gelegenheit auch zurückgegeben werden. Das ist Teil der guten Sitte.

Hikkikomori
Zu dem Wort hatte ich bereits ausführlich geschrieben. Der Begriff beschreibt eien Person, die sich von der Außenwelt abschottet und für eine längere Zeit in den eigenen vier Wänden bleibt.

Shinrin Yoku 


Ist eine Form des Waldbadens, die in Japan ihren Ursprung hat. Übersetzt bedeutet der Begriff "Baden in der Waldluft" und ist inzwischen auch fester Bestandteil der Gesundheitsvorsorge in Form der Wald-Therapie.

Ozappa
Dieses Wort beschreibt einen Persönlichkeitstypen, den man als detail-uninteressiert charakterisieren würde. Das lässt sich sowohl im positiven als auch negativen Sinne verstehen.

Ishin denshin
Sinngemäß übersetztz bedeutet es "durch das Herz das Herz vermitteln" und stammt aus dem Zen-Buddhismus und meint, dass die Weisheit Buddhas durch das Herz wiedergegeben wird. Das Prinzip ist als Tugend aufzufassen und besonders ältere Ehepaare praktizieren es: sich eben auch ohne Worte verständigen können. Man kann das Herz des anderen lesen.

Itai Dôshin
Man kann dies als "auf einer Wellenlänge sein" und "sich gegenseitig super gut verstehen" und "verschiedene Körper, ein Geist" erklären. Dabei ist es im japanischen Kontext noch wesentlich bedeutsamer, da es nicht nur auf zwei Einzelpersonen zu übertragen ist, sondern auf eine Gruppe oder Gemeinschaft, womit also der Gruppenzusammenhalt betont wird.

Koibito kibun
Damit wird die Verliebtheit zwischen einem frischen Paar verstanden. Gerade die Neuheit ist eben das großartige Gefühl, das gegenseitige spannende Kennenlernen und die Geschichten, die man sich zu erzählen hat. Eben die Schmetterlinge im Bauch.

Wasuremono

Eine Sache oder ein Ding, was man unterwegs oder Zuhause vergessen hat.

Bimyou

Wortwörtlich meint das Wort "subtil", aber meint indirekt, dass etwas seltsam ist und man es vermeiden sollte.

Bakku-shan 


Irusu
Das Wort referiert auf die Situation, in der man Zuhause das Licht angelassen hat, aber vergessen hat, es auszumachen, bevor man ausgeht. So sind also die Lichter an, obwohl niemand daheim ist. Im eigentlichen Sinne wird der Begriff als eien Art Ausrede verwendet, damit die Leute nicht schlecht von dir denken, dass du nichts mit ihnen zutun haben willst.

Kuidaore


Der Ausdruck stammt aus Osaka, wo die Leute sehr viel Geld ins Essen investierten, woraus wohl auch der Umstand erwächst, dass die Stadt für ihre Küche populär geworden ist.  Kuidaore ist ein Hinweis auf die aktuelle Finanzlage und den Grund dafür.


Nito-onna
Damit ist eine Frau gemeint, die so karrierebewusst ist, dass sie nicht mal die Zeit hat ihre Blusen zu bügeln und daher nur in gestrickten Oberteilen zu sehen ist. Ich nehme an, dass es weniger ein Kompliment, sondern ironsich zu verstehen ist zumindest in der Arbeitswelt gehören saubere und geglättete Blusen und Hemden zum Alltag, während Stricksachen doch meist eher einen unordentlichen Eindruck machen oder etwas großmütterlich wirkt? Das ist wohl Geschmackssache.

natsukashii – Ach, was war das schön…
Das Wort wird sehr oft verwendet. Es bedeutet "das habe ich schon lange nicht mehr gehört/gerochen/gegessen und jetzt erfahre ich es nach so langer Zeit mal wieder". Die Betonung liegt auf dem letzten Teil:  denn das Wort wird nur im positiven Sinne gebraucht. So hört man beispielsweise ein Lied aus Kinderzeiten. Das Gefühl, was man danach spürt, nennt man dann "natsukashii". Hier erkennt man wiederum die Verbundenheit der japanischen Kultur zu Erinnerungen und dem Vergänglichen.

Gyakugire
"Gyaku" meint verkehrt herum und "gire", von "kireru" ableitend meint ausrasten. Das Wort schildet eine Situation,bei der jemand verbal angegriffen oder kritisiert wird und dieser dann eben Widerworte findet.  "Gyakugire" entspricht einer Art Ablenkung, bei der man versucht sich zu rechtfertigen.
 
Shibui
Das Wort bezeichnet etwas Altes, was aber dennoch Coolheit ausstrahlt.
Im eigentlichen Sinne bezieht sich der Ausdruck auf den Geschmack und meint "anregend bitter", kann aber auch auf verschiedene Dinge, die man als Erwachsener cool findet bezogen werden. Dazu zählen Vintage-Sachen und Old School Hip Hop.

Wabi-sabi

Diese Wörter sind an sich keine, sondern spiegeln Konzepte wider. Sie verweisen auf das Nichtperfekte, das Vergehen von Dingen und der Einsamkeit des Menschen. Anders als in anderen Kulturen, in denen Kunst perfekt sein muss, ist dies in der japanischen Ästhetik nicht der Fall. Hier orientiert man sich an eine naturbezogene Auffassung, die eben das Unvollkommene anstrebt.

honne/tatemae
Diese beiden Wörter sind sehr wichtig in der japanischen Gesellschaft, denn sie umfassen das, was jemand sagt, weil es der Norm entspricht und was jemand im Geheimen darüber denkt.  "Honne" entspricht der ehrlichen Meinung und "Tatemae" die meist nicht so ehrliche Meinung oder die eben von der Gesellschaft erwartet wird. Das Prinzipi ist nicht originell japanisch. Wir kennen das ja auch asu Deutschland, wenn wir Notlügen verwenden, um die Gefühle unserer Mitmenschen nicht zu verletzten. Doch in Japan wird dieses Prinzip grundsätzlich verinnerlicht und immer wieder praktiziert. Besonders im Berufsleben ist es entscheidend. Wer nämlich gute Geschäfte machen will, sollte beide voneinander unterscheiden können.

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