Sonntag, 27. Dezember 2015

Neujahrsfest in Japan

 Die Weihnachtsfeiertage sind inzwischen vergangen, doch das nächste Highlight steht schon vor der Tür: Silvester! Während wir in Deutschland eher mit Freunden große Partys schmeißen, viel Alkohol konsumieren ud mit Raketen herum schießen, wird in Japan Silvester eher ruhig und mit der Familie gefeiert. Silvester ist dort nicht mal so wichtig wie hier, sondern eher die ersten Feiertage im neuen Jahr. Doch wie genau sieht der Jahreswechsel in Japan aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich mein heutiger Beitrag.


Es gehört zu den wichtigsten traditionellen Feiertagen des ganzen Jahres. Ursprünglich wurde das Neujahrsfest nach dem lunisolaren Kalender also Anfang Frühling gefeiert. Doch seit 1973 orientiert sich Japan nach dem Gregorianischen Kalender wodurch der Neujahrstag auf den 1. Januar fällt.

Omisoka (Der Jahreswechsel)

Damit man die bösen Geister verjagen kann und der über das Jahr gesammelt Schmutz verschwindet und man diesen nicht in das neue Jahr mit nimmt, wird am Silvestertag in Japan ein ordentlichen Hausputz durchgeführt. Ist man damit fertig, werden die Häuser und Wohnungen festlich geschmückt z.B. mit Blütenschmuck oder Dekorationen aus Kiefern.

An Silvesterabend wird in den buddhistischen Tempelanlagen ein Glockenspiel ertönt, welches genau 108 Schläge beinhaltet. Der Sinn dahinter: alle Lasten und Sünden des vergangenen Jahres auszumerzen um einen frischen Start ins neue Jahr zu gewähren! Darum besuchen auch viele Japaner den Tempel, um dort zu beten, damit sie die schlechten Dinge aus dem letzten Jahr hinter sich lassen können. Dieser Besuch wird auch "Oharai" bezeichnet.

Was steckt hinter den 108 Glockenschlägen?

Das Silvesterglocken wird auch "Joya no kane" genannt und da es sich um 108 Schläge handelt, dauerten diese auch bis zum Jahreswechsel an. Hinter der Zahl 108 verbirgt sich die Vorstellung, dass man 108 Leidenschaften, die man im alten Jahr angesammelt hat, verschwinden lassen kann. Dadurch soll der Geist des Menschen gereinigt werden und der Übergang zum neuen Jahr nicht von Lasten und Sünden behaftet sein. Am ersten Tag des neuen Jahres geht die gesamte Familie noch einmal in einen Tempel, wo für das Glück im neuen Jahr gebetet wird.


Shogatsu (Neujahr)

Die freien Tage um Neujahr sind eine Zeit, in der man den Göttern für ihren Schutz bei der Ernte dankt sowie auch die Seelen der Vorfahren willkommen heißt. Als Brauch dient das Aufstellen von kadomatsu (Gestecke aus Pinienzweigen und Bambus) und das Anbringen von shimekzari (Dekorationen aus Reisstroh), die die Götter und Seelen empfangen. Zu Neujahr wird diesen Anerkennung und Respekt gezollt und es wird um eine gute Ernte im neuen Jahr gebeten. Aus diesem Grund gehört o-shogatsu für die Japaner zu den wichtigsten Festen im Jahr. Zu dieser Zeit werden oftmals neue Pläne und Entscheidungen für das kommende Jahr beschlossen.


Hatsumode (Erster Schrein- bzw. Tempelbesuch im neuen Jahr)

Während der Feiertage Anfang des neuen Jahres besuchen Familien und Freunde zusammen einen Schrein oder Tempel. Bei Shinto-Schreinen werden traditionell Schreine aufgesucht, von denen man glaubt, dass sie in einer glücksbringenden Richtung zum Haus der Besucher stehen. Diese Besuche dienen dazu, eine reiche Ernte sowie Sicherheit der Familie zu erbeten.

Neben dem Schreinbesuch gibt es aber noch weitere erste Dinge, die man im neuen Jahr machen sollte:
Der "erste Sonnenaufgang" (Hatsuhi no de) des Jahres wird am liebsten in einem schönen ländlichen Ort wie einem Berg oder an Gewässern bestaunt. Es gibt sogar spezielle Webseiten, die einen über die besten Aussichtspunkte informieren und Uhrzeit des Sonnenaufgangs.

Der "erste Traum" (Hatsuyume) des Jahres, soll Hinweise auf das Glück im Neuen Jahr geben. Ein perfekter Traum ist es, wenn man erst den Berg Fuji, dann einen Falken und eine Aubergine sieht. Eine wirkliche Erklärung gibt es dafür nicht.

Der "Erste-Verkauf" (Hatsuri) des Jahres gilt als moderne Neujahrstradition in Japan. Zum 1. oder 2. Januar findet in den Läden japanischer Winterschlussverkauf statt. Besonders für ältere Kinder eine gute Möglichkeit ihr Otoshidama einzusetzen. Man kann aber auch einen Fukubukoro (Glücksbeutel)erwerben, bei dem man Produkte hat, die normalerweise das doppelte kosten.


Traditionelle japanische Gerichte zu Neujahr

Zum Neujahrsfest werden traditionell bestimmte Gerichte verzehrt, die man Osechi bezeichnet. Darunter fallen u.a. die Miso-Suppe mit Mochi (Reiskuchen) und Gemüse (Zoni-Suppe), Thunfisch eingerollt in süßen gekochten Seetang (Kombu, kobumaki), gelierte Fischpaste (kamaboko), pürierte Süßkartoffel mit Edelkastanie (kurikinton) und gesüßte schwarze Bohnen (kuromame).

Ein Großteil der Gerichte schmecken süß oder sauer, da sie eine lange Haltbarkeit erreichen. Denn als diese Gerichte entstanden worden sind, machten die meisten Läden über Neujahr für eine Woche zu und Kühlschränke gab es zu der Zeit noch nicht.

Osechi kann verschiedene Formen haben, so werden einige Speisen auch mal an verschiedenen Orten am Neujahrstag nicht gegessen oder dürfen gar nicht verzehrt werden. Heutzutage essen die Japaner Sashimi und Sushi, aber auch Pizza, frittiertes Hühnchen und Eiscreme. Um aber dem überforderten Magen Entspannung zu geben, wird am 7. oder 15. Tag des Jahres Nanakusa gayu (Sieben-Gemüse-Reissuppe) verspeist.


Die Gerichte, die man unter Osechi zählt, besitzen auch ihre spezielle Bedeutung:

Daidai, die japanische Bitterorange, bedeutet "Von Generation zu Generation" und steht als Symbol für den Kindeswunsch im Neujahr.
Kamaboko folgt der Tradition, dass man rote und weiße Kamaboko-Scheiben verwendet und diese abwechselnd in einem typischen Muster anordnet. Die Form und Farbe assoziiert man mit der aufgehenden Sonne, die eine festliche Bedeutung inne hat.
Kuro-mame sind schwarze Sojabohnen. Das Wort Mame meint "Gesundheit". Dieses Gericht wird verzehrt, da man sich für das neue Jahr Gesundheit wünscht.
An Silvesterabend hat man auch gerne Soba serviert bekommen. Die dünnen Buchweizen Nudeln sollen für Gesundheit und Energie im neuen Jahr stehen. Wer sie bis Mitternacht nicht verspeist hatte, der müsste im kommenden Jahr mit Geldsorgen geplagt werden.


Mochi

Zur Edo-Zeit boten große Läden und reiche Familien einen kleinen Beutel mit Mochi und einer Mandarine an, damit Glück verbreitet wurde.
Noch heute ist es Brauch zum Neujahrstag Mochi herzustellen und Anfang Januar zu essen.
Aus Mochi wird auch die Neujahrsdekoration Kagami-Mochi zubereitet. Sie umfasst zwei runde Mochi, eine Daidai (Bitterorange) und andere Dekorationen.

Neujahrskarten

Anders als in Deutschland verschickt man sich in Japan zum Neujahrstag Postkarten (nengajo) und zwar am liebsten Verwandten und Freunden, so wie es in Europa auch üblich wäre das zu Weihnachten zu tun. Eigentlich dienten sie dazu, den Freunden und Verwandten, die weiter weg wohnten, mitzuteilen, dass man noch lebt. Heute ist es ein Muss, Freunden und Personen, denen man Respekt erweisen muss, Neujahrskarten zu schreiben. Menschen, die höhere Positionen einnehmen, erhalten dadurch jährlich hunderte von Karten. Im Dezember fragt man sich halb im Spaß und auch halb verzweifelt: "Wie weit bist Du mit deinen Neujahrskarten?" Man muss also recht früh damit anfangen, um rechtzeitig fertig zu sein.

Wenn jemand während des Jahres aus der Familie gestorben ist, werden üblicherweise keine Grußkarten ausgetauscht. Trifft dies zu, sendet man nur einfacher Postkarten, um Freunde und Verwandte zu informieren, dass man sich bezüglich eines Todesfalles eher zurücknimmt mit Glückwunschkarten und keine von anderen fordert.

Auf den Karten befinden sich meist die chinesischen Tierkreiszeichen des neuen Jahres. Für dieses Jahr durfte das Schaf als Motiv her halten.


Nengajo kann man in Papiergeschäften als vorgedruckte Karten mit bereits vorhandenen Briefmarken ergattern. Die meisten umfassen neben dem Symboltier des Jahres auch formelle Grüße, wie den Neujahrsgruß „akemashite omedeto gozaimasu“ oder nur in Kurzform „akemashite“, der "Glückwunsch für den Anbruch [des neuen Jahres]" bedeutet. Außerdem kann auch Platz für persönliche Grüße oder Nachrichten vorhanden sein.

Manche verwenden aber auch unbedruckte Karten und schreiben oder gestalten ihre Karte selbst.
Entsprechende Gummistempel mit Grußformeln und dem Tierkreisteichen kann man in Kaufhäusern kaufen. Businessleute und Firmen genießen den besonderen Service von Druckereien, die bereits eine Vielfalt an vorgedruckten Karten mit knappen Botschaften bereit halten, sodass man eigentlich nur noch die betreffende Adresse ergänzen muss. Auch wenn die elektronische Post mittlerweile sehr gut etabliert ist, kann sie niemals einen Ersatz für die traditionellen Nengajo darstellen.

Doch werden tatsächlich viele Neujahrspostkarten per Computer gefertigt. So kann man mithilfe von zahlreichen Softwares Karten herstellen und drucken und auch das Fernsehen hilft den älteren Menschen die Technik hand zuhaben.

Die Karten werden dann genau am 1. Januar von der Post geliefert, wenn sie auch mit dem Zusatz "Neujahrskarte" beschriftet sind und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt im Dezember in ein Extrafach hinterlegt sind. Man kann sich bei der Fülle an Postkarten vorstellen, dass Ende Dezember und Anfang Januar die größte Arbeit im Jahr für die Japanische Post ansteht. Das geht so weit, dass man auch jedes Jahr viele Studenten als Aushilfskräfte einsetzt.

Otoshidama

Zu Neujahrs gehört es auch dazu, den Kindern Taschengeld zu geben. Dies wird als Toshidama oder Otoshidama bezeichnet und stammt ursprünglich aus China. Das Geld wird in kleinen, dekorierten Umschlägen (pochibukuro) verpackt und verschenkt. Wie viel ein Kind an Gel bekommt, hängt vom Alter ab und wenn es mehrere Kinder gibt, erhalten diese auch alle die gleiche Summe, damit Gerechtigkeit herrscht.



Traditionelle Spiele

Es wird nicht nur fleißig gegessen und Karten geschrieben, auch der Spaß kommt nicht zu kurz.
Früher waren Drachensteigen und Kreiselspiele (Koma „Würfelkreisel“) bei den Jungs beliebt und für die Mädchen gab es eine Form des Federballs namens hanetsuki. Im Haus wurde sehr oft das Kartenspiel uta karuta praktiziert, bei denen die Spieler sehr schnell Gedichte aus der Sammlung Hyakunin isshu ("hundert Gedichte von hundert Dichtern") erraten mussten, sowie das sugoroku, ein Spiel das Backgammon ähnelt. Doch heutzutage wird viel eher auf moderne Unterhaltungsmöglichkeiten gesetzt wie verschiedene Spielekonsolen.

Der "rote-weiße Gesangswettbewerb" - Kohaku Uta Gassen

Für viele Japaner beginnt die Einstimmung auf das Neujahrsfest mit einem seit über 60 Jahren andauernden Fernsehritual.
Gegen halb acht wird der "rot-weiße Gesangswettbewerb" ausgestrahlt, ein Wettkampf von zwei Teams (Rot und Weiß), bestehend aus den populärsten Sängerinnen und Sängern, die gegeneinander antreten. Das rote Team besteht aus weiblichen, das weiße aus männlichen Sängern. Das Ergebnis steht kurz vor Mitternacht fest und durch die Beurteilung von Jury und Zuschauern. Lange Zeit gehörte diese Show zu den beliebtesten des Jahres und wird auch heute noch gerne geschaut, wie "Dinner for one" in Deutschland.


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