Sonntag, 12. Oktober 2014

Rückblick: Akihabara Shojo







Inhalt:

Als der Student Taiga einen Nebenjob bei einer Firma übernimmt, verliebt er sich hals über Kopf auf den ersten Blick in die bildschöne Yuiko. Wie es der Zufall will, schafft er es, ihr die Liebe zu gestehen und die beiden werden ein Paar. Ein Traum wird für Taiga wahr. Doch damit beginnt der eigentliche Leidensweg unseres Protagonisten, der niemals geahnt hätte, worauf er sich eingelassen hat. Denn Yuiko hat ein wohlbehütetes Geheimnis, was nun in dem ganzem Beziehungsalltag mehr als deutlich zum Vorschein kommt: Sie ist eine waschechte Fujoshi, ein weiblicher Otaku, dessen größte Leidenschaft alles ist, was mit BL (Boys Love) zutun hat. Hinzu kommt, dass Yuiko eine wirklich blühende Fantasie hat und in ihrer Vorstellungskraft auch in der Realität alle möglichen Pairings zusammen stellt, auch wenn dies von den betreffenden Personen nicht gewollt ist. Kein Wunder, wenn sie da auch nicht vor ihrem eigenen Freund halt macht und ihn zum Opfer ihrer nicht ganz so unschuldigen Tagträumereien werden lässt...

Das wäre im groben und ganzen die Ausgangssituation und natürlich auch der Plot des 5-bändigen Mangas. Ich muss zugeben, dass mich dieser vom ersten Augenblick an sehr neugierig gemacht hat, allein schon, weil es doch eher ein Setting ist, was weniger häufig im Manga-Bereich verwendet wird. Daher schon mal ein großer Pluspunkt bezüglich der Grundidee. Wie sieht es nun aber mit der Umsetzung des Plots aus? Schafft der Manga es, die großen Erwartungen, die ich gehegt habe, auch zu erfüllen? Ich kann es zum Großteil bejahren, muss jedoch aber auch einige kleine Abstriche machen, was ich euch im Folgenden genauer erläutern möchte. Zunächst einmal sollte man von vornherein sich bewusst sein, worauf der Manga abzielt und was man von dem Manga erwarten sollte. Entgegen der Vorstellung, dass der Manga eine normale Liebesbeziehung mit allerlei Klischees behandelt, schlägt der Manga nämlich eine ganz andere Richtung ein.

Man könnte ihn am besten in die Kategorie "RomCom" (RomanceComedy) einorden, aber auch das funktioniert nicht vollends. Der Manga konzentriert sich eindeutig mehr auf Comedy, die Romantik ist eigentlich nur am Anfang gegeben, als die beiden sich kennen lernen. Auch hier hat mich der Manga überrascht, denn wir erfahren alles, was passiert, aus Sicht des Heldens, der naiver nicht sein könnte. Wenn er kein Kerl wäre, hätte ich ihn glatt von der Persönlichkeit für ein Mädchen gehalten, denn immer wieder zeigt er sich in dem Manga doch als der eher passivere Part und ist irgendwie ein wenig verweichlicht. Doch dazu später mehr.

Wie gesagt der Anfang dürfte nur insofern erfrischend sein, weil wir das Ganze aus Sicht eines Jungens erfahren, jedoch ist die Art und Weise, wie die beiden sich kennen lernen nun wirklich nicht absolut was Neues. Doch das was danach kommt, ist echt eine Nummer für sich. Die Traumfrau aller Männer entpuppt sich als ein verruchtes BL-Fangirl und gibt sich, nachdem die beiden zueinander gefunden haben, absolut keine Blöße mehr was ihr Lieblingshobby betrifft. Sie ist danach wie ausgewechselt, nicht mehr die erwachsene und vernünftige Yuiko, sondern eher das Gegenteil, eine recht kindische, verrückte und sehr naive Yuiko, die sich nicht mehr ihrem Alter entsprechend verhält. Und gerade das mochte ich so sehr an der Heldin, nämlich, dass sie zum einen eine Art Doppelleben führt, andererseits mich sehr an mich selbst erinnert hat. Denn ich bin selbst jemand, der nach außen eher naja sagen wir mal vernünftig wirke, aber wenn es um meine Hobbys geht, bin ich wie Yuiko total ausgewechselt. Dazu kommt, dass die Heldin überhaupt nicht stereotyp wirkt, sondern sehr individuell ist und vor allem auch echt glaubwürdig rüber kommt. Je nach Situation kann sie ganz anders sein: Mal ist sie zuckersüß, umschmeichelt ihren Liebsten, dann kann sie total dickköpfig sein, richtig rum streiten, dann wieder total egoistisch, manchmal ist sie dann weniger ernst, sondern einfach nur blöde und dann ist sie wiederum total furchteinflößend dominant, dass man sich lieber davor in Acht nehmen sollte, ihr Widerstand zu leisten. Ich könnte ewig weiter machen mit dem Aufzählen ihrer Facetten, aber wie ihr merkt, ist sie eine der wenigen Mangafiguren, die wirklich immer wieder anders sein können. Irgendwie kann man sie auch schlecht einschätzen. Außerdem ist sie wirklich in vierlei Hinsicht eine starke, selbstbewusste Frau, die nicht abhängig von irgendwas schon gar nicht von ihrem Freund ist, der ja sogar jünger ist als sie und das fand ich echt toll.

Ich muss dazu sagen, dass der Manga kein Shojo-Manga ist allein schon, weil die Protagonisten bereits etwas älter sind und das Ganze ja nicht in der Schule angesiedelt ist. Besser passt die Genre-Bezeichnung Josei und das führt mich zum nächsten Punkt, nämlich der Beziehung zwischen Yuiko und Taiga. Die beiden gehen gar nicht so zimperlich miteinander um und erröten nicht bei jeder Kleinigkeit (außer Taiga) sondern sind wirklich ein stinknormales Liebespaar, wobei ganz normal sind die beiden nicht. Eigentlich kann man die beiden nicht als ein Paar ansehen, vielleicht kommt mit Yuiko wie eine Mobberin vor, die ihren Taiga sehr gerne seelisch quält. Wie gesagt, die Romantik kommt immer wieder zu kurz, weil die Comedy besonders hervor stechen soll. Aber trotzdem merkt man eine gewisse Vertrautheit zwischen den beiden und sie agieren bezüglich der Liebkosungen wirklich sehr natürlich miteinander, so wie es erwachsene Menschen auch tun sollten. Alles wirkte so zwanglos und normal, dass man glauben konnte, dass das Paar aus unserem Alltag entsprungen ist.

Aber andererseits wirkte es auf mich irgendwie auch, als wären sie die aller besten Freunde, gerade weil die Liebkosungen gering ausfielen und die Stichelleien dominierten. Was die Romantik betrifft, war mir von Anfang an klar, dass die nicht ausgereift sein würde, aber, dass sie selbst gegen Ende nicht weiter entfaltet wurde, fand ich jammerschade. Ich hätte mir wenigstens gegen Ende mehr Liebkosungen oder sogar Küsschen gewünscht, aber während der gesamten Handlung über wurde uns nur ein einiges Mal eine Kussszene gezeigt, was doch echt enttäuschend war. Aber wie gesagt, je nachdem, was man erwartet, erhält man das was man will oder eben auch nicht. Das hängt dann immer von der jeweiligen Person ab, die das liest. Trotzdem ist es fies, den Leser so auf die falsche Spur zu lenken, indem man am Anfang die beiden so süß zusammen bringt und dann nichts weiter an der Liebesbeziehung macht. Da wären mir paar Mangabände lieber gewesen, aber ein wenig Entwicklung sollte schon mal drin sein. So kam es mir teilweise vor, als ob man die Beziehung nur als notwendiges Mittel brauchte, damit der Plot überhaupt funktionierte.

Was ich wiederum positiv an der Beziehungsproblematik in dem Manga fand, dass nicht nur die Beziehung zwischen Taiga und Yuiko thematisiert wurde, sondern auch die Beziehungen eines anderen Pärchens, bei dem die Frau ebenfalls ein BL-Fan ist und sogar selbst Doujinishis erstellt. Durch die verschiedenen Pärchen-Konstellationen konnten entsprechend auch verschiedene Probleme entfaltet werden, was ganz interessant war, weil ich sowas zuvor nicht so oft in anderen Manga gelesen haben. Unter anderem ging es natürlich darum, dass man eben ein Doppelleben hat und das vor seinem Partner geheim hält, wo ich mir aber denke, dass es irgendwie unrealistisch ist, da man in der Beziehung eigentlich Vertrauen und Offenheit zeigen sollte und man den anderen so akzeptieren sollte wie er ist. Da kam also die Diskrepanz zwischen Fiktion und Realität rüber, aber ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, dass es allzu unrealistiscch ist, denn sicherlich hat jeder mal das eine oder andere Geheimnis, was man seinem Partner lieber nicht anvertrauen will.

Auch die Akzeptanz von schrägen Hobbys wurde in dem Manga behandelt, was man am besten an Yuiko und Taiga sehen konnte. Und tatsächlich kommt es aufgrunddessen auch mal zu einem heftigen Streit zwischen den beiden, den ich nicht hab kommen sehen. Endlich streitet sich also auch mal ein Pärchen in einem Manga! Doch das waren auch schon die etwas ernsteren Aspekte in dem Manga, dafür nahm die Komik einen Großteil des Manga für sich ein. Was war nun also besonders lustig in dem Manga? Erst einmal schon allein die Konstellation BL-Fan und nicht BL-Fan in Form eines Liebespaares war herrlich lustig. Da ergaben sich wirklich witzige Interaktionen und Szenen, die man sonst nicht so oft zu sehen bekommt. Wie lustig ist es denn, wenn die eigene Freundin sich vorstellt wie ihr Partner mit seinem besten Freund rum macht und dann drüber spekuliert, wer von den beiden Uke oder Seme ist? Oder wenn überhaupt die Freundin ihren Freund mit allen möglichen Männchen in ihrer Fantasie zusammen bringt. Oder wenn der Freund von seiner Freundin zum Otome-Road geschleppt wird und er der einzige Typ dort ist? Oder wenn die eigene Freundin mit ihren anderen BL-Freundinnen über Boys Love und Pairing rumspinnt und man selbst sich nur denkt, dass man möglichst schnell nach Hause flüchten möchte. Oder stellt euch vor, eurer Freund schreibt extra für euch einen BL-Roman, obwohl er total hetero ist, wie lustig ist das denn?

Das sind nur einige der witzigen Szenen in dem Manga, es gibt natürlich noch mehr und die Beschreibung allein ist natürlich nicht halb so witzig, als wenn man es mit Bildern unterlegt. Der Witz steckt also zum einen natürlich in den widersprüchlichen Vorstellungen, Geschmäckern und Meinungen der Figuren und auch in dem Widerspruch zwischen Fiktion und Realität. Nicht zuletzt schafft der Manga eine so lustig-unterhaltsame Atmosphäre, indem die Figuren glaubwürdig, sympathisch, normal und doch verrückt rüber kommen und amüsant miteinander interagieren. Es sind die Dialoge, die Gespräche und Monologe sowie Gedanken der Figuren, die wirklich extrem realistisch und dazu kurz und prägnant auf den Punkt gebracht sind, dass man sich das Schmunzeln nicht verkneipfen kann. Klar bin ich an keiner Stelle wirklich vor Lachen in Tränen ausgebrochen, aber es gab viele Stelle in dem Manga, die mir ein wohliges Gefühl und herzliche Lacher und Schmunzler eingeflösst haben. Als Manga/Animefan dürfte man sich erst recht an allem erfreuen, da viele Otakuinsider und auch natürlich BL-Anspielungen mit drin stecken und man darüber besonders doll lachen kann. Man fühlt sich in dem Manga einfach als Otaku heimisch und kann sich auch an dem parodistischen Unterton, in dem Manga amüsieren. Es ist die gesunde Mischung zwischen Alltagsgeplänkel und Alltagswahnsinn, den dieser Manga da fabriziert und der lässt einen den Manga förmlich verschlingen. Außerdem sind auch die Nebenfiguren sehr sympathisch und ebenfalls glaubwürdig.
 Was ich dann jedoch eher negativ ansehe ist, dass zwar Yuiko eine authentische Figur ist, dafür ihr Gegenpart Taiga etwas zu blass, zu langweilig und zu passiv war. Das war sicherlich notwendig, damit Yuiko alles mögliche mit ihm anstellen konnte, aber manchmal hätte ich mir etwas mehr Widerstand seitens Taiga gewünscht oder einfach eine kleine Charakterentwicklung. Dafür war dann wohl kein Platz und Comedy lässt es sowieso nicht zu. Außerdem konnte ich mir nicht erschließen, weswegen am Ende im letzten Band noch zwei vollkommen neue männliche Figuren dazu kamen, die keinerlei Einfluss auf das Hauptgeschehen hatten. Fungierten die nur als Gag oder wie oder was? Die waren wirklich total überflüssig, zwar lustig, aber nicht relevant. Manchmal hat man es mit der Comedy etwas übertrieben und ich fand, dass man Yuiko etwas mehr in ihre Schränken hätte weisen müssen, aber das ist nur meine Meinung.


 
Zeichenstil:

Am Zeichenstil kann ich absolut nicht meckern, der war in meinen Augen wunderschön und ich fand dass alle Figuren extrem gut aussahen und deren Persönlichkeit gut durch ihr Aussehen widergespiegelt worden sind. Ich mochte besonders das Design der Jungs, die sahen zwar recht dünn aus, dafür aber doch ziemlich männlich, als ob die Mangaka selbst auch BL-Manga zeichnet (vielleicht stimmt das ja auch?). Jedenfalls waren die ein echter Augenschmaus, was das Lesen natürlich noch einmal schöner gemacht hat. Toll fand ich im übrigen auch die Mimik und Gestik der Figuren und ihr werdet euch wundern, wie gut es die Mangaka schafft, alle möglichen Emotionen durch Mimik und Gestik zu vermitteln. Die Gesichter sind einzigartig und total lustig gezeichnet. Sehr süß fand ich auch die Chibis.



Fazit:
Ein sehr lustiger Manga über ein nicht ganz so normales Pärchen, welches sich in Otakukram und BL-Sachen verstrickt, dafür dann aber in Liebessachen nicht sehr weit voran kommt. Wer seine Prioritäten aber anders setzen kann und mehr auf Comedy und Manga/BL steht, dürfte großen Spaß an dem Manga haben.

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