Der
erste Eindruck ist der, der auch wirklich hängen bleibt und zählt.
Das trifft auch auf Animecharaktere zu. Ein wichtiges Merkmal dieser
ist nämlich, dass sie total ausgefallene Frisuren besitzen. Doch das
allein macht ihre Exotik nicht aus. Von rot, über blau bis grün und
Pink findet sich für jeden Geschmack etwas. Wusstest ihr aber, dass
die Farben auch tatsächlich nicht nur zur Unterscheidung und Exotik
dienen, sondern eine tiefere Bedeutung besitzen?
Doch
damit nicht genug. Ich habe mich auch schon immer gefragt, ob das
Aussehen der Charaktere etwas über deren Herkunft sagt. Das
standardmäßige Design lautet ja: schlank, dünn, großer Kopf,
große Augen, kleine Nasen und abwechslungsreiche Haarfarben. Nicht
unbedingt das, was man von Figuren erwartet, die aus Japan, einem
Land in dem die meisten doch eher kleinere Augen und schwarze Haare
haben, stammen. Sind die Figuren nicht eher europäisch bzw. westlich
angehaucht? Mit diesen zwei Punkten möchte ich mich heute befassen.
Im
Internet findet man tausende von Erklärungen zu den Haarfarben mit
entsprechenden Beispielen. Doch inwiefern treffen diese auch wirklich
zu? Und was sagt uns das über die heutigen Animecharaktere, die
nicht mehr ganz so ausgefallene Haarfarben besitzen?
Schwarz
Schwarze
Haare sind eher ein Zeichen für ernste, ruhige also
„durchschnittliche“ Charaktere. Das kann auch darin liegen, dass
die meisten Japaner eben schwarzhaarig sind, sodass auch diese
Haarfarbe eher für normale Figuren verwendet wird. Jedoch ist es
nicht unüblich, dass gerade solche Figuren dann auch Protagonisten
werden. Schwarz wirkt aber auch oftmals mysteriös, weswegen diese
Figuren auch als unnahbar und ernst charakterisiert werden.
Beispiel:
Nana (Nana), Son Goku, Kamui (X)
Blond
Blonde
Charaktere zeichnen sich durch Stärke und Mut aus. Sie übernehmen
ebenfalls oftmals die Hauptrollen. Sie sind unschuldig, süß, rein,
loyal und aufrichtig. Blond wird aber auch mit Arroganz verbunden. Da
die Farbe unter Japanern nie vorkommt, wird diese auch als etwas
Exotisches betrachtet. Daher wird die blonde Haarfarbe gerne auch für
Ausländer und Europäer verwendet.
Beispiele:
Bunny (Sailor Moon), Maron (Jeanne die Kamikaze Diebin)
Rosa
Charaktere
mit dier Farbe gelten als verfüherisch, naiv und sehr feminin. Sie
sind einfühlsam, emotional und hilfsbereit. Sie stehen für
harmloses und kindliches Verhalten. Im Kontrast dazu herrscht aber
auch die Vorstellung, dass gerade solche Figuren voller Kraft und
starkem Willen sind und einen großen Gerechtigkeitssinn haben.
Beispiele:
Momo aus (Wedding Peach), Chibi-Usa (Sailor Moon)
Rot/Orange
Rothaarige
Figuren sind so temperamentvoll wie das Feuer. Rot steht wie das
Feuer auch für Vitalität. Sie wirken sehr stark, emotional und
abenteuerlustig. Darüber hinaus können sie auch stur, zickig,
aggressiv sein. ES gibt weniger rothaarige männliche Figuren, dafür
mehr rothaarige weibliche, die sich durch burschikoses und brutales
Verhalten auszeichnen.
Beispiel:
Anne Shirley (Anne mit den roten Haaren), Ranma (Ranma 1/2)
Grün
Grüne
Haare präsentieren Loyalität, Einzelgängertum und starken Willen.
Diese Figuren sind eher ruhig und natürlich, wecken Vertrauen. Grün
steht auch meist für übersinnlich begabte Wesen, wie Außerirdische.
Grün findet man unter all den Farben mit am seltensten und so gut
wie gar nicht bei Protagonisten. Die Farbe ist mehr für Figuren im
Hintergrund reserviert. Grünhaarige Figuren zeichnen sich durch starke Hilfsbereitschaft aus.
Beispiel:
Zorro (One Piece), Hinagiku (Wedding Peach)
Blau
Blauhaarige
Figuren sind eher zurückhaltend, unnahbar und kühl. Dennoch sind
sie sehr loyal, können vornehm und elegant wirken. Blau steht
andererseits in Japan auch für Lebensfreude und Erfolg. Grün wie
Blau sind zwei Farben, die mit der Natur in Verbindung stehen.
Beispiel:
Rei (NGE), Amy (Sailor Moon)
Violett
Diese
Farbe wird vor allem bei vornehmen Figuren aus gutem Hause verwendet.
Sie sind recht zurückhaltend. Diese Farbe wird auch gerne für
reifere Frauen verwendet, die dadurch verfüherisch wirken. Violett
strahlt ebenfalls eine mysteriöse Aura aus und deutet auf
geheimnisvolle Kräfte der Figuren hin.
Beispiele:
Saeko (Highschool of the Dead), Misato Katsuragi (NGE), Shampoo
(Ranma 1/2)
Braun
Braunhaarige
Figuren sind meist eher in Nebenrollen zu finden, wie die
schwarzhaarigen gelten sie als normal, haben ruhige, passive
Persönlichkeiten. Sie sind oft gute Hausfrauen und naturverbunden.
Männliche Figuren dagegen gelten eher als Feiglinge.
Beispiel:
Makoto (Sailor Moon), sämtliche Harem-Mains
Weiß
Weißhaarige
Figuren sind meist übernatürlicher Art, Bösewichte oder göttliche
Wesen. Da Weiß eben etwas Besonderes ist, wird diese auch bei
besonderen Figuren verwendet. Weiß wird auch bei älteren Figuren
verwendet, um deren Weisheit zu unterstreichen. Bei jüngeren Figuren
dagegen meint die Farbe etwas anderes. Weiß wird als Verlust von
Farbe und somit Charakter gewertet, wodurch diese Figuren unnatürlich
wirken.
Beispiele:
Zero (Vampire Knight), Inuyasha
Keine
Haare
Auch
das ist wichtig, wenn man den Charakter anhand des Aussehen
beschreiben will. Haarlosihkeit steht in Japan mit buddhistischen
Mönchen in Verbindung und drückt ähnlich wie weiße Haare Weisheit
aus. Darüber hinaus symbolisiert die Glatze auch Disziplin und
innere Stärke.
Beispiel:
Kuririn „Dragon Ball“
Zu
den Haarfarben lässt sich abschließend sagen, dass viele
Animefiguren tatsächlich ausgehend von ihren Haarfarben diesen
Charaktereigenschaften entsprechen. Dabei gibt es aber auch
Überschneidungen und manche Farb-Charakter-Kombinationen passen sich
so recht, doch größtenteils haut es schon hin. Aus all den
Farb-Charaktertypen lassen sich grundsätzliche folgen Stereotype
ableiten:
a)
die normalen unscheinbaren
b)
die Unnahbaren, kühlen, ruhigen
c)
die lebendigen, emotionalen
d)
die mysteriösen, übernatürlichbegabten
e)
die fröhlichen, naiven, kindlichen Figuren
Wir
sehen hier also schon ein ziemlich breites Spektrum an verschiedenen
Charaktertypen und erkennen daran auch, dass es eben nicht nur die
typischen „japanischen“ Charaktereigenschaften sind, die die
Charaktere auszeichnen. Wäre das auch Indiz für eine Vielfalt und
Akzeptanz verschiedener Temperamente? Schließlich sind ja nicht nur
positive Charaktereigenschaften vertreten, sondern auch solche, die
ein soziales Miteinander stören könnten wie man an den rothaarigen
Figuren sieht. Außerdem haben wir auch den Aspekt der Fremde und des
Anderssein in Form der mysteriösen Figuren. Ich finde es schon sehr
interessant, was man anhand der Farben schon alles ablesen kann.
Dabei lassen sich universelle Farbassoziationen ausmachen wie man
anhand von weiß, rot und blau sehr gut erkennen lässt. Während bei
Weiß allgemeingültig doch eher für ältere Generationen steht und
daher auch mit Weisheit verbunden ist, stehen rot und blau häufig
mit den Elementen Feuer und Wasser in Verbindung. Feuer wird als
stürmisch, gewalttätig, aber auch lebendig charakterisiert, während
Wasser eher ein Ruhepol ist, durch Kälte aber auch Unnahbarkeit
geprägt ist. Rosa ist auch in unseren Breiten eher eine kindliche
Farbe, die vor allem eher für Mädchen verwendet wird. Rosa steht
sogar für mich überhaupt für Niedlichkeit schlechthin. Auch Blond
ist eine Haarfarbe, die man im westlichen Raum eher mit Dämlichkeit
assoziiert, andererseits ist blond auch recht beliebt.
Was
mir noch bezüglich der Frisuren und Haarfarben aufgefallen ist, dass
sich in den letzten Jahren diese doch recht normalisiert haben, wenn
ich das mal so sagen darf. Noch vor der 2000-Wende gab es meiner
Ansicht nach viel mehr Figuren mit unterschiedlichen und sehr krassen
Haarfarben. Auch die Frisuren wirkten sehr viel extremer und
aufwendiger als sie es heute sind. Mir fällt das besonders bei Anime
auf, die doch mehr realitätsbezogen sind, da dominieren vor allem
normale Farben wie blond, braun und schwarz. In Anime, die
fantastischer oder auch einfach komischer sind, gibt es eine wilde
Kombinationen aus Farben. Die Farbauswahl hat also nicht nur mit den
Charakteren zutun, sondern auch mit dem entsprechenden Setting und
Thematik des einzelnen Anime zutun.
Westliches
versus japanisches Aussehen?
Doch
nun zu meiner zweiten Frage: Sind Animefiguren eher „japanisch“
oder „westlich“ angehaucht? Die Frage dürfte euch sicherlich
überraschen, denn beim Schauen macht man sich darüber eigentlich
keine wirklichen Gedanken. Dass die Figuren eben nicht japanisch
aussehen und dann auch noch total absurde Frisuren und Haarfarben
besitzen, nehmen wir für selbstverständlich. Das gehört eigentlich
zu den Konventionen von Anime. Ich bin da auch nicht jemand, der das
kritisiert, weil ich mir bewusst bin, dass die Figuren keine Menschen
darstellen sollen, sondern eben Figuren sind, das ist der große
Unterschied. Während Menschen wirklich komplexe Persönlichkeiten
besitzen, die unverwechselbar sind, stellen Animefiguren eher Typen
und Stereotype dar. Kein Wunder also, dass man diese auch schon
anhand ihrer Haarfarben charakterlich wie äußerlich bestimmten
Typen zuordnen kann. Doch wie sieht das nun mit der Herkunft aus?
In
der Manga- und Animeforschung gibt es zwei verschiedene Sichtweisen
auf diese Problematik. Die erste Sichtweise sieht in dem überhaupt
nicht japanisch wirkenden Aussehen einen klaren Hinweis, dass die
Figuren eher westlich-europäisch geprägt sind. Dafür sprechen auch
einige Argumente. Zunächst einmal entsprechen sie nicht dem normalen
Aussehen von Japanern, schwarze Haare findet man nicht so oft, braune
Augen auch nicht unbedingt, stattdessen überwiegt doch eine klare
Farbvielfalt bezüglich der Haare und Augen. Diese Farbvielfalt
könnte man auf symbolischer Ebene auch als eine kulturelle Vielfalt
interpretieren, obwohl die jeweiligen Farben jetzt nicht unbedingt
bestimmten Ländern entsprechen müssen. Was ich eher dahinter
erkennen kann, ist die Toleranz gegenüber verschiedenen
Temperamenten, wie man an den Bedeutungen der Haarfarben erkennen
kann. Das mag vielleicht etwas an den Haaren herbei gezogen sein,
aber ich denke mal, dass man gewissermaßen mit den Haaren auch eine
Art Ordnung schafft, sodass man leicht erkennen kann, was für eine
Art Charaktertyp die Figuren darstellen sollen. Da wäre ich wieder
bei dem Gedanken, dass in Japan strikte Ordnung herrschen muss, wie
auch aus der Differenzierung der verschiedenen Genres (z.B. Shojo,
Shonen etc.) erkennbar wird.
Die
Haarfarbenvielfalt ist für mich und auch für die Forschung ein
indiz für ein westliches Bild, da eben in Europa und Amerika die
Haarfarben unterschiedlicher ausfallen können. Das wird bei den
Animecharakteren natürlich stark übertrieben, weil wir
normalerweise keine so krassen Farben wie Pink oder Lila in der
Realität haben. Vielleicht ist es auch ein indirektes Streben
danach, sich von anderen abzugrenzen und durch das Aussehen schon
allein seinen Charakter zur Schau zu stellen.
Viele
junge Japaner wollen sich äußerlich vor allem eben durch gefärbte
Haare von der Masse unterscheiden. So werden aber doch eher
vorwiegend blonde oder braune Farbtöne verwendet, die also noch im
„normalen“ Bereich liegen. Man fällt zwar auf, aber auch nicht
zu sehr, sodass es schon gefährlich abstoßend wird. Auch, dass die
Japaner eher zu solchen Farben greifen ist für mich ein Beweis, dass
sie sich am westlichen Aussehen orientieren, bei dem eben Blond und
Braun eher als Haarfarben dominieren und weniger Schwarz.
Man
könnte demnach also auch die verschiedenen Haarfarben der Charaktere
so verstehen, dass darin eben der Wunsch besteht, sich deutlicher von
anderen abzugrenzen bzw. seine Individualität zu entwickeln. Aber
das ist nur meine eigene These, die gerne diskutiert werden darf.
Ein
weiteres Argument, dass Animecharaktere westlich aussehen besteht
darin, dass sie extrem große Augen besitzen, die dann ebenfalls eine
breite Palette an Farben zulässt. Auch das ist etwas, was man bei
Japanern eher weniger sieht. Die meisten haben doch eher
mandelförmige kleine Augen, die die meisten aber nicht gut finden.
Große Augen scheinen vor allem unter jungen Mädchen und Frauen ein
Schönheitsideal zu sein, weswegen sie auch durch Schminke,
Wimperntusche oder Circle Lenses versuchen die Augen größer wirken
zu lassen. Das kann tatsächlich ziemlich paradox wirken, wenn man
sich einige Purikura Bilder ansieht. Bei diesen kann man so gut wie
alles bearbeiten, selbst die Augen können größer dargestellt
werden als sie sind. Auf der anderen Seite haben wir Europäer, die
im Vergleich zu Asiaten doch meist eher größere Augen besitzen und
ebenfalls wie schon bei den Haaren verschiedene Farben enthalten.
Hier also noch eine weitere gewagte These: Augen sind ja bekanntlich
das Fenster zur Seele und wenn man der Farbenlehre der Anime und
Manga folgt, so stellen besonders auch die Augenfarben der Figuren
den Charakter heraus. Jedenfalls sehen sich sehr viele Japaner nach
den großen, farbenprächtigen Augen der Europäer, was man auch
daran erkennt, dass die meisten Circle Lenses dann auch verschiedenen
Farbtöne besitzen. Die Japaner haben es anscheinend mit Farben.
Ein
drittes Argumente für die „Westlichkeits-These“ sehe ich darin,
dass viele Manga- und Animefiguren doch recht groß gewachsen sind.
Es gibt da so besondere Fälle wie die Figuren von Clamp, One Piece
oder auch Sailor Moon, in denen die Figuren schon fast übertrieben
schlank und groß dargestellt werden. Es kommt mir aber jetzt nicht
auf den Körperumfang an, sondern die Körpergröße, wie ihr euch
denken könnt. Es ist bestimmt statistisch bewiesen, dass die
meisten Japaner und Japanerinnen nicht unbedingt zu den Ländern
gehören, die die größten Menschen besitzen, im Gegenteil, die
meisten sind doch eher kleiner gewachsen. Dagegen sind die Europäer
doch eindeutig im Vergleich wesentlich größer, selbst der
Durchschnitt. Was kann man daraus jetzt nun bezogen auf die
Animecharaktere ableiten? Dass hier ebenfalls ein Schönheitsideal
vorliegt? Anime und Manga sind Fiktionen, enthalten aber auch viele
Wertvorstellungen wie Sehnsüchte der Macher wie auch Fans, deswegen
vermute ich mal, dass man sich insgeheim schon danach sehnt, größer
zu sein, weil Größe auch gleichermaßen mit Stärke und Kraft zutun
hat. Klingt das für euch plausibel? Es sind nur Vermutungen, über
die man gerne diskutieren kann.
Ein
weiteres Schönheitsideal, was nicht unbedingt mit westlichen
Aussehen zutun hat, aber mir ebensfalls einfällt ist die Hautfarbe.
Die meisten Figuren zeichnen sich durch eine helle oder zumindest
mitteldunkle Hautfarbe aus. Meist dominiert aber doch eher die
typische „weiße“ Hautfarbe. Schwarze oder braune Figuren findet
man dagegen wesentlich seltener. Wie ist das zu erklären? Viele
Japaner wünschen sich eine helle Haut und viele besitzen sie auch.
Um diese zu behalten, tun sie alles Mögliche, sie meiden die
Mittagssonne, gehen nur in voller Kleidungsmontur nach draußen oder
verwenden sogar Bleich-Mittel für die Haut, was natürlich nicht
gerade gesund ist. In Japan gilt es als schön, wenn man eine weiße
Haut besitzt. Hier haben wir wieder die Farbbedeutung: Weiß steht
auch universell für Unschuld, ist absolut positiv. Darüber hinaus
kennen wir das auch aus der europäischen Vergangenheit, in der der
Adel eine vornehme Blässe besaß, während die Arbeiter und Bauern
den ganzen Tag in der prallen Sonne schuften mussten und dafür dann
auch sehr braun geworden sind.
Wenn
man diese Aspekte nun betrachtet, könnte man tatsächlich auf den
Gedanken kommen, dass Animecharaktere nach westlichem Vorbild
gestaltet sind. Aber es gibt auch noch die andere Sichtweise, die
dies bestreitet. Hier ist der Grundgedanke, dass Animecharaktere
weder asiatisch/japanisch noch westlich/europäisch angehaucht sind.
Sie sind jenseits dieser zwei Pole zu finden. Sie stellen
Multkulturalität dar oder besser gesagt, sie lassen sich keiner
wirklichen Nationalität oder Kultur zuordnen. Da gibt es auch einige
Forscher, die meinen, die Charaktere wären absolut nicht japanisch.
Dem widerspricht doch aber eindeutig, dass sie japanische Namen
besitzen, japanischer Herkunft sind und sogar die japanische Sprache
beherrschen. Den japanischen Hintergrund sieht man schon eindeutig,
das kann man nicht bestreiten. Doch was das Aussehen betrifft, würde
ich dem sogar zutreffen.
Gerade,
weil die Figuren sowohl Aspekte japanischer Kultur wie aber auch
westlicher Nationalität haben, sind sie eher als ein „Mischmasch“
zu sehen. Die ausgefallenen Farben stehen für mich ebenfalls für
ihre kulturelle Unabhängigkeit, denn diese Farben sind keine
existierenden natürlichen Haarfarben und somit sind auch die
Charaktere nicht unbedingt bestimmten Nationalitäten zuzuordnen.
Sowieso sind die Figuren natürlich nicht echt, sondern eben nur
Fiktionen. Einige Forscher dieser Sichtweise gehen soweit zu sagen,
dass die Japaner eigentlich Menschen sind, die in der Fiktion
versuchen ihrer nationalen Identität zu entkommen und dadurch eben
auf solche Figuren zurückgreifen, denen man ihre Nationalität nicht
ansieht. Aber dem widerspreche ich, weil eben doch genug Merkmale
vorhanden sind, die diese dann doch eher in Richtung Japan bringen.
Abgesehen
vom Verhalten und der eigentlichen Herkunft zeichnen sich
Animefiguren doch eher durch kleine Nasen aus, was meiner Ansicht
nach dem westlichen Aussehen widerspricht. Es gibt ja genug Ausländer
in Anime und die werden niemals mit weichen Gesichtszügen gezeigt,
sondern mehr mit kantigen Gesichtern und großen Nasen. An diesen
spiegelt sich die Vorstellung eines typischen Europäers in
japanischen Augen wider. In Bezug auf die „Westlichkeits“-These
wäre das ein wichtiger Hinweis, denn wir haben eine klare Trennung
von japanischen Figuren und europäischen Figuren, wenn man sich
deren Aussehen und auch Sprache ansieht. Insofern kann man also
zumindest in dem Zusammenhang nicht von einer kulturellen und
nationalen Unabhängig der Charaktere sprechen. Oder nehmen wir den
Manga „Hetalia“, indem die Figuren eindeutig bestimmten Ländern
zugeordnet sind und diese repräsentieren, aber das wäre schon eine
große Ausnahme.
Jedenfalls halte ich diese Sichtweise, dass
Animecharaktere überhaupt jenseits von Kultur und Nation sind, für
nicht so plausibel. Für mich ist es so, dass die Animefiguren
eindeutig japanischer Herkunft sind, jedoch eben keine typischen
„Japaner“ darstellen, denn sie vereinen Japanisches mit
westlichem Aussehen mit dem sie sich selbst mehr Individualität
verschaffen wollen. Darüber hinaus sehe ich das als Protest gegen
den Konformitätszwang in Japan, bei dem sich jeder vorbildlich und
einheitlich benehmen soll, nicht aus der Masse hervorstechen darf.
Die Animefiguren widersprechen diesem Ideal dermaßen, da jede Figur
mit ihrer typischen Farbe wieder einen ganz anderen Charaktertypus
darstellt und damit auch anecken kann. Ich sehe ihre
Charakterkonzeption in Verbindung mit den Farben als Befreiung von
gesellschaftlichen Zwängen an. Was meint ihr dazu?
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