Hierzulande
wird deutlich zwischen Manga und Comics unterschieden, was durch
inhaltliche und äußerliche Aspekte untermauert werden kann.
Andererseits ergeben sich doch viele Gemeinsamkeiten zu Comics,
besonders wenn man sich die Darstellung und Erzählweise anschaut.
Eine andere Sichtweise wäre, dass Manga zwar Parallelen zu Comics
enthalten, aber doch grundsätzlich anders auf zu fassen sind. Sie
sollten eher als eine eigene Erzählform verstanden werden. Welche
Auffassung ist nun die passendste und wo sind tatsächlich
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Comics zu finden? Diesen Fragen
widmet sich mein heutiger Beitrag.
Durchforstet
man das Internet wird man auf Foren und anderen Plattformen bezüglich
der Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Comics, mit verschiedenen
Ansichten konfrontiert. Einige Beispiele sollen mal genannt werden:
Manga
gelten als besondere japanische Form eines Comics. Beim Lesen von
Manga wandert das Auge schneller, während Comics sehr geometrisch
aufgebaut sind. Denn hier solle der Ansatz eines Manga eher dem des
Storyboards ähneln. Ein andere sagt, es gibt eigentlich keinen
Unterschied, außer dass Manga einfach nur der japanische Begriff für
Manga ist und Manga und Comic das gleiche meinen.
Dann
wiederum sollen Manga aber in Japan eine viel größere Rolle spielen
als Comics. Sie sollen als wesentlicher Bestandteil der Kultur
aufgefasst werden. Eine ganz banaler Unterschied liegt in der
Leserichtung. Während man Comics von vorne nach hinten und von links
nach rechts liest, ist es bei Manga genau umgekehrt.
Im
Grunde genommen kann man die genannten Aussagen so stehen lassen,
muss sie jedoch entsprechend der Aspekte, die sie ansprechen, ordnen.
Definitionen
Das
Wort „Comic“ stammt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie
„humoristisch“. Nach neuer Auffassung ist ein Comic eine
Erzählung in wenigstens zwei stehenden Bildern. Damit ist Comic also
ein Oberbegriff für Comic Trip, Bildgeschichte, aber auch Manga. Der
Begriff ist aber von dem illustrierten Text zu unterscheiden. Der
Comic ist eine literarisch-künstlerische Erzählform, bei der die
Erzählung vorwiegend über das Bild transportiert wird. Obwohl das
Bild dem Text übergeordnet ist, ist der Comic als eine Form der
Literatur zu begreifen, denn anders als bei der bildenden Kunst dient
die grafische Seite nie als Selbstzweck, sondern ist Träger der
Handlung.
Der
Begriff „Manga“ bedeutet übersetzt „ungezügeltes Bild“ ist
eigentlich nur die japanische Bezeichnung für Comics. Außerhalb von
Japan werden aber meist nur Comics, die aus Japan stammen, damit
gemeint.
Wenn
man also diese beiden Begriffe miteinander vergleicht, fällt auf,
dass man durchaus Comic als einen Obergriff und Manga als spezielle
Unterkategorie beschreiben könnte, zumal aus japanischer Sicht
generell alle Comics als Manga bezeichnet werden. Diese Perspektive
erklärt womöglich auch die Vermutung, dass es sich bei Manga
eigentlich nur um Comics handelt, zumindest machen die Japaner
scheinbar keine so klare Differenzierung wie es westliche Rezipienten
tun würden.
Wesen
von Comics und Manga
1.
Optik
Sofort
fällt bezüglich der optischen Gestaltung auf, dass Comics in der
Regel aufwendig koloriert werden, während Manga meist in
schwarz-weißen Seiten gehalten werden.
Es gibt weiterhin typische Stilelemente von Manga, die sie eindeutig von den meisten „westlichen“ Comics unterscheiden:
Es gibt weiterhin typische Stilelemente von Manga, die sie eindeutig von den meisten „westlichen“ Comics unterscheiden:
Zum
einen wäre das doch recht europäische Aussehen der Figuren in
Manga. Man sieht es beispielsweise durch die verschiedenen
Haarfarben, die großen ebenso farblich variablen gezeichneten Augen.
Das
Kindchenschema ist eigentlich DAS optische Merkmal von Manga
schlechthin. Die Figuren werden absichtlich sehr niedlich und jünger
dargestellt als sie sind. Das Kindchenschema ist eigentlich in nahezu
allen Genres des Manga zu finden, außer bei recht anspruchsvollen,
alternativen Manga besonders für ein erwachsenes Publikum, wo das
realistische Figurendesign dominiert.
Der
Gesichtsaufbau ist ebenso auffällig und Teil des Kindchenschemas.
Die Augen sind in Manga das wichtigste, was zur Vermittlung von
Gefühlen beiträgt. Darum sind sie auch besonders ausdrucksstark und
detailliert gestaltet. Die Nase hat dagegen kaum eine Bedeutung und
wird eher klein gezeichnet. Auch der Mund ist meist klein, kann aber
durch emotionale Reaktionen durchaus sehr groß und übertrieben
dargestellt werden.
Um
Emotionen und Gesichtsausdrücke zu betonen, die zur Verniedlichung
und auch parodistischen Verstärkung, werden die Figuren in
Extremform gezeichnet, was als „Super Deformed“ bezeichnet wird.
Anatomische Korrektheit ist hier nebensächlich, nur die wichtigsten
Körperteile werden betont. Besonders in komischen Situationen kommt
diese Form zur Anwendung. Der Begriff „Chibi“ meint die
Darstellung eines Charakters in kindlicher und gedrungener Form. Hier
wird das Kindchenschema aufs Äußerste getrieben.
Sowohl
in Comics als auch in Manga werden bestimmte Stilemente für die
Darstellung von Gefühlen verwendet. Hier mal einige Beispiele:
Charakteristisch
für Manga sind bspw. Schweißtropfen für Verlegenheit und Stress.
Ein Kreuz auf der Stirn deutet Blutgefäße durch Wut und Ärger an.
Eine Schleimblase aus der Nase verbildlicht, dass eine Figur gerade
schläft. Nasenbluten symbolisiert sexuelle Erregung und Begierde,
die Steigerung wären Blutfontänen. Spiralaugen stehen für die
Erschöpfung oder Bewusstlosigkeit.
Manga
sind durch schnelle, dafür auch meist weichere Zeichenstriche
gekennzeichnet. Die Figuren werden zwar nicht so detailliert wie in
Comics gezeichnet, dafür verfügen sie über eine Bandbreite an
vielfältigen Gesichtsausdrücken. Durchaus kann man die Gesichtszüge
und emotionalen Reaktionen von Figuren aus Manga als zu übertrieben
auffassen, dafür hinterlassen sie aber auch mehr Eindruck. Daran
erkennt man wie wichtig es in Manga ist, Emotionalität zu
transportieren, damit auch den Leser mehr in das Gelesene
einzubinden. Interessant beim Bildaufbau ist auch, dass bei
Hintergründen „Speed Lines“ verwendet werden, um eine hohe
Geschwindigkeit oder starke Gefühle zu zeigen. Sie sind in Manga
häufiger anzutreffen als in Comics. Besonders hier sieht man die
Anleihe an eine Kamera, an der etwas schnell vorbei zieht. Dadurch
wird eine größere Dynamik erzeugt.
Demgegenüber
erscheint der Comics sorgfältiger gezeichnet. Dadurch wirken die
Figuren oft statischer und das Lesen benötigt deswegen mehr Zeit.
Hier drücken die Figuren Emotionen eher durch Gestiken aus und die
Linienführung ist stärker betont. Soundwörter stehen im
Vordergrund und die Hintergründe sind detailliert geschmückt,
während man bei Manga je nach Genre doch eher mit blasseren
Hintergründen rechnen kann. Auffällig ist hier besonders bei
Shoujo-Manga die Verwendung von typischen Hintergründen, die eher
die jeweilige Atmosphäre unterstreichen sollen (bspw. romantisch,
verträumt, melancholisch, düster etc.) Soundwörter verbinden sich
mit den Bildern und sind daher eher unauffällig.
Hinsichtlich
der Text- und Bildgestaltung dominieren in Manga Bilder und
beschreibende Situationen. Westliche Comics dagegen sind wesentlich
textlastiger und beschreiben Szenen und Zusammenhänge vermehrt durch
Worte als durch Bilder.
2.
Inhalt
Handlung
und Figuren
Im
Manga ist auffällig, dass dieser nicht nur Geschichten erzählt,
sondern den Fokus auf die Interaktionen und
Persönlichkeitsentwicklung der Figuren Raum und Zeit lässt. Dagegen
wird im Comic der Haupthandlung eindeutig verfolgt, ohne sich Zeit zu
lassen auf andere Dinge einzugehen. Daraus folgt auch, dass der
Umfang von Comics hauptsächlich geringer gehalten ist als bei Manga.
Nun
glaube ich aber, dass Comics durch ihre Textlastigkeit durchaus das
Potenzial haben anspruchsvollere Geschichten zu erzählen als Manga.
Ich weiß, dass es auch recht komplexe Manga gibt, die ebenfalls viel
Text vorweisen, aber deren Komplexität eben durch die bildliche
Gestaltung noch mal komprimiert wird.
Mir
fällt außerdem auf, dass besonders bei Manga die Beziehung zur
Ursprungskultur sehr prägend ist. In Manga wird der Bezug zur
japanischen Kultur immer deutlich, sei es durch die Figuren selbst,
ihre Verhaltensweisen, aber eben auch durch das Setting und andere
Elemente wie bspw. Feste, Traditionen etc. Natürlich gibt es auf der
ganzen Welt auch Comics, die sicherlich auch Bezüge zu ihren
Ursprungsländern aufweisen. Aber ich bin der Ansicht, dass es in
keiner Comic-Gattung so auffällig ist, wie bei den Manga.
Themen
und Zielgruppen
Eigentlich
müsste man vermuten, dass Comics eher an Kinder und Jugendliche
gerichtet sind, aber das ist ein Irrtum, genauso, dass sich Comics
nur mit Superhelden befasst. Comics sind eigenständige Medien, die
nicht an bestimmte Genres oder Zielgruppen gebunden sind. Das gleiche
trifft auch auf Manga zu, bei der für jede Altersgruppe etwas dabei
ist. Ich möchte aber mal behaupten, dass die Bandbreite an Genres
bei Manga schon umfangreicher ist, zumal wir auch auf sehr spezielle
Genres treffen, die sich auf die sexuelle Orientierung festlegen
(Boys Love, Girls Love) oder sich auf Altersgruppen fokussieren
(Shojo, Shonen, Seinen, Josei etc.) und ganz besondere Settings
vorweisen (Mecha, Slice-of-Life, Harem/Ecchi) etc.
Wo
stellen sich nun aber die Gemeinsamkeiten von Manga und westlichen
Comics heraus?
Beide
sind an Filmtechniken angelehnt und werden auch in Form von Filmen
oder Animes in andere Medien übertragen. Beide zielen darauf ab,
Geschichten durch Bilder in Verbindung mit Worten zu erzählen,
wodurch der visuelle Aspekt natürlich sehr wichtig wird.
So
bestehen sowohl Comics als auch Manga aus Panels, um Augenblicke
statisch darzustellen, aber auch Abläufe in der Zeit erkenntlich zu
machen. Sie verbinden damit beide nicht nur Elemente aus dem Film,
sondern auch der Fotografie, der Kunst, Theater sowie Literatur.
Beides sind also plurimediale Medien, die also verschiedene Techniken
aus anderen Medien übernehmen.
Beide
arbeiten auch mit Sprechblasen, die die Kommunikation und Interaktion
zwischen Figuren verdeutlichen. Gleichfalls kommen Gedanken wie
Gefühle durch gestalterische Elemente zum Vorschein. Andererseits
werden auch immer mal in Kästchen erzählerische Elemente zur
Einleitung oder Überleitung verwendet. Bei beiden Medien ist das
Zusammenspiel von Bild und Text sehr wichtig, wobei ersteres
vordergründig ist. Jedoch bedarf es auch den Text, um Zusammenhänge
und den Inhalt wirklich vollkommen nachzuvollziehen. Manga und Comic
greifen auch auf bildliche Symbole zurück wie Gesichter, deren Mimik
eindeutig Gefühle ausdrücken. Piktogramme also bspw. Tropfen,
Blitze, Sternchen, Rauchspiralen etc. werden ebenfalls genutzt.
Beide
richten sich primär an den Unterhaltungswert, was ihre Funktion
kennzeichnet. Selten dienen Comics und Manga anderen Zwecken wie
bspw. der Bildung.
Eine
weitere Gemeinsamkeit liegt in der Rezeption der beiden. Sowohl bei
Comics wie auch Manga gilt das Vorurteil, dass beide nur für Kinder
gedacht sind. Beschäftigt man sich jedoch mehr mit diesen beiden
Medien, wird man eines Besseren belehrt.
Nun
zur Ausgangsfrage: Sind Manga eigentlich nur Comics? Ich würde
es generell nicht eindeutig bejahen oder verneinen. Einerseits sind
Manga durchaus EINE besondere
Form von Comics, aber sie sind nicht mit Comics gleich zu setzen. Sie
stellen zwar ein eigenständiges Medium dar, aber haben starke Bezüge
zum Comic selbst. Sie sind speziell aufgrund der besonderen
Stilelemente und der Erzählweise sowie der speziellen Genres. Doch
vom Muster her versuchen sie genauso wie Comics durch Verschmelzung
von Text und Bild Geschichten zu erzählen.
Mich
würde interessieren, was ihr von der Thematik haltet.
Sind
Manga generell eigentlich nur Comics? Oder kann man das so nicht
sagen? Was versteht ihr unter Manga und Comic? Seid ihr mit den
genannten Unterschieden und Gemeinsamkeiten einverstanden? Hättet
ihr noch Ergänzungen, die euch einfallen? Und welches Medium
bevorzugt ihr? Wo seht ihr die positiven oder negativen Aspekte der
beiden Medien?
Kann
man das überhaupt verallgemeinern? Schließlich gibt es sowohl bei
Comics wie Manga eine Vielfalt an Richtungen, die einen Vergleich
nahezu unmöglich machen. Und wie sieht es mit deutschen Manga aus,
die teilweise scheinbar zwischen Comics und Manga stehen. Wo hört
ein Comic auf und wann wird etwas zu einem Manga?
Verbesserungsvorschläge
und Ergänzungen sind sehr erwünscht! Ich würde mich sehr über
eine rege Diskussion freuen. :)
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