Die
Familie Cuthberts bestehend aus dem Geschwisterpaar Marilla und
Matthew betreiben ihre eigene Farm auf Green Gables. Da beide nicht
mehr die Jüngsten sind, entscheiden sie sich einen Waisenjungen
aufzunehmen, der ihnen bei der Farmarbeit behilflich sein soll.
Gesagt, getan, sie beauftragen jemanden, der ihnen einen Waisenjungen
überbringen soll. Doch wie groß doch die Verwunderung als
stattdessen ein kleines, bleiches, dürres Mädchen erscheint, was
sogar noch rote Haare und Sommersprossen besitzt! Nicht nur das: das
Mädchen wehrt sich vehement dagegen Green Gables zu verlassen, zu
sehr hat sie von ihrem eigenem Zuhause geträumt. Voller Mitleid
beschließen die beiden das arme Mädchen aufzunehmen, ohne ahnen zu
können, was noch Großartiges auf sie zukommen wird...
Meine
Meinung:
Story
und Figuren
Zugegeben
die Story braucht zu Beginn etwas um überhaupt mal in Fahrt zu
kommen. Doch ich fand es anfangs gar nicht so schlimm, dass die
ersten drei bis vier Episoden sich nur um die Ankunft von Anne auf
Green Gables drehten. Ich fand es erzählerisch sogar richtig
gelungen, denn ich konnte es kaum abwarten, zu erfahren, was nun die
Cuthberts mit Anne tun. Die beiden befinden sich nämlich wirklich in
einem wahrhaftigen Zwiespalt: einerseits können sie kein Mädchen
gebrauchen, das körperlich einfach keine harte Arbeit auf einer Farm
leisten kann. Andererseits fühlen sich beide sehr zu dem
merkwürdigen und doch warmherzigen Mädchen hingezogen, was bei
beiden schon echt eine Besonderheit ist. Matthew ist beispielsweise
ein sehr ruhiger Mensch, der aus unerfindlichen Gründen eine
Abneigung gegenüber dem anderen Geschlecht entwickelt hat. Er kann
mit Frauen und Mädchen nichts anfangen und es ist ihm einfach
unangenehm mit ihnen zu tun zu haben. Und dann kommt ausgerechnet so
jemand wie Anne, die das komplette Gegenteil zu ihm darstellt: sehr
offen, fantasievoll, hyperaktiv, selbstbewusst und dann noch auch
noch ein Plappermaul. Möchte man meinen, dass Matthew das gar nicht
ausstehen kann, doch er fühlt sich vom ersten Moment an mit ihr
allein wohl und möchte sie gar nicht hergeben. Bei Marilla ist es
ähnlich, sie ist wirklich sehr streng und zeigt kaum Emotionen, bei
ihr siegt immer die Vernunft und obwohl ihr die Art von Anne auf den
Geist geht mit ihren ganzen Träumen und Fantasien, übt sie auf
Marilla eine große Anziehungskraft. Auch sie kann sich bald gegen
den Zauber dieses rothaarigen Mädchens nicht wehren und beschließt
ja dann sie zu sich zu nehmen.
Wie
gesagt werden vor allem die ersten Episoden sehr in die Länge
gezogen, aber ich fand es passend, weil es eben eine wichtige Stelle
war und so bedeutsam für das weitere Schicksal von Anne. Ihr müsst
wissen, dass sie ja ein Waisenmädchen ist, und bisher noch nie so
etwas wie eine richtige Familie hatte. Sie wurde immer nur weiter
gereicht, empfand sich als unwillkommen und nun hatte sie endlich ein
eigenes Zuhause gefunden. Sehr groß ist dementsprechend ihre Freude
zumal sich der Anime viel Zeit lässt die Beziehung zwischen der
Natur auf Green Gables und Anne zu vertiefen. Von Anfang an ist das
Mädchen nämlich total fasziniert von der Umgebung, verliebt sich
förmlich in die Landschaft und hat ihr Herz verloren. Umso mehr
schmerzt es sie, als sie realisiert, dass sie das alles sehr bald
aufgeben muss. Ich musste wirklich mit ihr mitfühlen, war ebenfalls
wie Marilla und Matthew hin und her gerissen, bei allen dreien merkte
man, wie emotional aufwühlend für sie die Situation war. Mag sein,
dass die Reaktion von Anne anfangs etwas zu dramatisch übertrieben
dargestellt wurde, aber alles weitere fand ich doch recht
realitätsnah gemacht und das war es, was mich von Anfang an an
diesem Anime erstaunt hatte. Wir kennen es aus vielen Anime, in denen
Reaktionen und Verhaltensweisen einfach nur absurd unglaubwürdig
wirken. Doch bei Anne war das selten mal der Fall. Besonders am
Anfang konnte ich alles absolut nachvollziehen, mich in die Figuren
hinein fühlen, zumal der Erzähler da ebenfalls gut geholfen hat.
Sehr
schön fand ich wie die die ersten Episoden auch mit der vorherigen
Lebensgeschichte von Anne verknüpft wurde. Es wurde ausreichend
Hintergrundwissen über ihren Werdegang und ihr Leiden vermittelt,
sodass ich mich automatisch noch mehr zu der Heldin hingezogen
fühlte. Man versetzte sich einerseits in ihre Rolle, als ein
Waisenmädchen, was von niemanden gewollt wurde. Aber auch in die
Lage von Marilla, die das alles mit anhören musste und sich
miserabel und schuldig fühlte, da sie dem Mädchen nur noch mehr
Leid zufügen würde. Das hat man auch nicht häufig, dass man zwei
doch gegensätzliche Situationen parallel nachempfinden kann.
Eine
Folge, die mich extrem überrascht, aber auch belustigt hatte war
die, als Anne auf Rachel Lynde trifft und man dadurch noch tiefer in
ihr Herzen eindringen konnte. In der Folge ging es primär darum,
dass Anne unter niedrigem Selbstwertgefühl leidet und wahnsinnig
verletzt wird, sobald jemand ihr offen ins Gesicht sagt, dass sie
doch ein seltsames Äußeres hat. Die Episode fand ich daher so
überzeugend, weil uns mal wirklich eine exzentrische Figur gezeigt
wurde. Anne ist keien die ihre Gefühle herunter schlucken kann, nein
sie lässt sich von ihren Emotionen leiten und denkt auch nicht
darüber nach, wie sie auf andere wirkt und welche Folgen ihr Handeln
mit sich bringen wird. Explosionsartig rastet sie förmlich aus und
verliert sich in Beleidigungen und schluchzenden Wutanfällen. Das
habe ich soweit ich weiß, noch nie zuvor gesehen zumindest in Anime
nicht und fand ich einfach nur herrlich menschlich. Daran sieht man,
dass Figuren in Anime durchaus auch negative Seiten haben können und
dennoch dadurch im positiven Sinne menschlicher wahrgenommen werden.
Schön fand ich aber, dass bereits da auch ein Zeichen von Reife
angedeutet wurde, weil Anne dann ihren Stolz herunter schluckt und
sich bei der Frau entschuldigt. Weil es sich eben gehört und sie
eben auch Reue empfunden hat.
Ein
wichtiges Thema in dem Anime ist die Freundschaft. Anne hatte zuvor
nie wirklich eine Freundin gehabt. Ihre Einsamkeit ging sogar soweit,
dass sie sich ihre beste Freundin vorstellte und so tat als gäbe es
sie wirklich. Manche würden mit dem Kopf schütteln, doch ich fand
es verständlich, zumal ich das selbst als Kind ebenfalls mal getan
habe. Wie der Zufall will freundet sie sich mit Diana Berry an, der
Nachbarstochter, die ebenfalls ohne Freundin ist, zumindest hat sie
in der Nähe niemanden mit dem sie spielen kann. Ich fand es
erstaunlich wie leicht Kinder sich doch anfreunden können, nur weil
sie eben allein sind. Aber besser zu zweit als allein. Etwas seltsam
fand ich es, dass Diana gar nicht von Anne abgeschreckt war, obwohl
sie selbst doch so normal und nett wirkte. Aber vielleicht ziehen
sich Gegensätze ja an.
Ihr Freundschaftsbund wurde im übrigen sehr
feierlich zelebriert und hatte schon einen echt kitschigen Touch.
Durchweg wird ihre Beziehung als eine schicksalshafte und besondere
dargestellt, die von nichts und niemandem zerstört werden kann. Eine
Freundschaft nach der sich jeder sehnt, die total idealisiert wurde,
aber nicht immer perfekt war. Ich erinnere mich nämlich daran, dass
ihre Beziehung immer wieder auf die Probe gestellt wurde. Sei es,
weil Anne einfach nur stur war oder Diana ihr Verhalten nicht
nachvollziehen konnte oder weil die Eifersucht zwischen ihnen lag. Es
gab immer wieder Hürden zu überwinden, das weiß ich noch sehr gut,
die beide glücklicherweise bewältigt haben. Man kann von beiden
echt sagen, dass sie Busenfreundinnen und füreinander gemacht sind.
Den
Großteil der Episoden kann man wirklich als Slice-of-Life
bezeichnen, wobei die Episoden nicht wirklich zusammenhangslos
wirken, sondern manche Episoden tatsächlich auch einen tieferen Sinn
haben, weil sie sehr wichtig für die Entwicklung von Anne sind. So
gibt es viele Episoden, die einfach nur unterhaltsam und witzig sind
und uns die Fehler der Protagonistin vor Augen halten. So vergisst
Anne mal den Pudding zuzumachen und entdeckt am nächsten Morgen eine
tote Maus darin. Oder sie mischt aus Versehen, weil sie erkältet ist
Hustensaft in einen Kuchen, der dann auch noch von den Gästen
verspeist wird. Dann wieder aus Versehen füllt sie ihre beste
Freundin Diana ab, weil sie den Alkohol mit Fruchtsaft verwechselt
hat. Das an sich war schon witzig, unerwartet war dann die Folge
dessen, die wieder ernste Töne in die Geschichte brachten. Weil sie
ja ihre Haare nicht ausstehen kann, erwirbt sie sich Haarfärbemittel
ohne zu wissen, wie ihre Haare dadurch am Ende aussehen.
Ein weiteres
Beispiel von ernsthaft aber auch lustigen Episoden wäre die, in der
sie mit ihren Freundinnen ein Drama nachspielt und sich beinahe in
Gefahr bringt. Die meisten ihrer Missgeschicke sind relativ harmlos,
doch teilweise sind sie so waghalsig, dass sie sogar ihr eigenes
Leben auf den Spiel setzt. Der Anime ist voll von solchen
Missgeschicken und Fehlern, dass man sie gar nicht zählen kann. Das
Gute ist aber, dass Anne niemals einen Fehler zwei Mal macht, wodurch
die ganzen Missgeschicke also durchaus nicht nur Unterhaltungswert
haben, sondern auch belehrend auf sie und den Zuschauer sind. All die
Dinge, die sie nicht so gut tut, sind nicht einfach ohne Grund da,
sie bereut sie und lernt auch wirklich aus ihnen.
Eine
Sache, die meist eher am Rande ablief, aber lustig war, war die
Beziehung zwischen ihr und Gilbert Blythe, dem gut aussehenden Jungen
in ihrer Schule, der gerne andere auf die Schippe nimmt. Ich fand die
Beziehung daher interessant, weil es nicht das typische „Mädchen
trifft auf Junge“-Gedöns war, sondern ihre Beziehung von Anfang an
unter einem schlechten Stern stand und von da an auch immer von
Rivalität und Abneigung geprägt war. Das beginnt damit, dass er sie
mal aus Spaß „Karotte“ nennt und an ihren Haaren zieht. Wie ihr
euch vorstellen könnt, ein folgenschwerer Fehler, weil sie es hasst,
wenn andere sie mit ihrem Aussehen aufziehen. Seitdem kann sie ihn
nur hassen und dieser Hass währt tatsächlich sehr lange. Doch wie
Anne entwickeln sich auch ihre Gefühle weiter und mit der Zeit
vergeht der Groll.
Tatsächlich bereut sie es, dass sie ihm nie
offiziell verziehen hat. Selbst als sie keine Abneigung ihm gegenüber
empfindet, bleibt sie auf Distanz und rivialisiert mit ihm. Immer
unterstellt sie ihm Böses, obwohl er oft genug beteuert, dass es ihm
leid tut und er sich mit ihr anfreunden will. Daran erkennt man wie
stur Anne ist und wie viel Wert sie auf ihr Äußeres legt und eben
auch sehr nachtragend sein kann. Ich bin nur froh, dass sie sich in
der Hinsicht glücklicherweise verändert. Für alle Fangirls ist das
Ende umso schöner, da die alte Rivalität endlich aufgegeben wird
und die beiden sich endlich annähern. Darüber habe ich mich
wirklich sehr gefreut, weil ich fand, dass die beiden echt gut
zueinander passten. Manchmal nervte es mich aber extrem, dass Anne
einfach nicht verzeihen konnte und sich an einer Kleinigkeit so lange
aufhängen konnte. Das war schon frustrierend anzusehen.
Eine
sehr wichtige Thematik war die Erziehung von Anne selbst und die
Beziehung zwischen ihr und Marilla. Ihr könnt euch vorstellen, dass
die beiden Tag und Nacht sind und daher immer wieder aneinander
geraten. Das erkennt man ja bereits daran, dass Anne nun wirklich
kein braves Mädchen ist, sondern immer wieder aneckt und auch
Dummheiten begeht. Das bringt Marilla teilweise echt um den Verstand,
was ich vollkommen nachvollziehen kann. Anne ist einfach ein wahrer
Wildfang und viel Bildung durfte sie nie genießen, weil sie ja keine
wirkliche Familie hatte und eher in ärmlichen Verhältnissen
aufwuchs. Dementsprechend hat Marilla sehr viel Arbeit mit ihr. Für
Marilla ist es zusätzlich eine Herausforderung, da sie gar keine
Ahnung von Kindererziehung hat und immer wieder vor die Frage
gestellt wird: ist das richtig, was ich da tue oder falsch? Da sie
Matthew aus allem raus halten will, muss sie diese Frage für sich
selbst beantworten.
Ich finde, dass die Konflikte zwischen den beiden
immer sehr realitätsnah und auch emotional inszeniert wurden. An
keiner Stelle wurde übertrieben, alles wirkte so echt und vor allem
auch vertraut, wenn man sich an seine eigene Kindheit erinnerte. Man
übernahm sowohl die Perspektive von Marilla, als auch die von Anne,
konnte beide Seiten irgendwie verstehen und war dementsprechend
ebenfalls zwiegespalten. Marilla, die ja sonst immer so vernünftig
und streng wirkt, zeigte sich in solchen Situationen immer sehr
unsicher und konnte sich nicht entscheiden, ob sie dem Mädchen
einfach vergeben oder es bestrafen sollte. Ganz schwierig war es wenn
es um die Findung der Wahrheit ging. Konnte sie Anne vertrauen oder
sollte sie sie lieber zu einem Geständnis bringen? Soll sie ihr
erlauben irgendwohin zu gehen oder lieber nicht? Soll sie ihr
verbieten, etwas zu tun, als eine Art Bestrafung? Was ist überhaupt
eine gerechte und angemessene Bestrafung? Das sind so Sachen, die
immer wieder in der Erziehung aufgeworfen werden. Doch allein schon
Anne´s Persönlichkeit ist ein Problem für sich. Sie hängt ständig
mit ihren Gedanken in den Wolken, hört nicht richtig zu, wird
dadurch unaufmerksam und macht noch mehr Fehler. Marilla ist ja eine,
die komplett auf dem Boden der Tatsachen ist und versucht alles, um
sie zur Vernunft zu bringen, leider ohne großen Erfolg. Man kann
daran sicherlich auch sehr gut die Normen und Werte der damaligen
Gesellschaft und Kultur erkennen und auch heute noch sind diese
gewissermaßen gültig. Anne ist eben das typische Kind, was nicht
erwachsen werden will, während Marilla eben die Stimme der Vernunft
ist und sie eben an die Konventionen und Regeln der Gesellschaft
anpassen will. Doch Anne lässt das nicht zu, sie lebt in ihrer
eigenen Welt.
Besonders
fand ich ebenfalls auch die Art der Erzählweise, denn anders als in
heutigen Anime haben wir eine Erzählerstimme, die verschiedene
Funktionen übernimmt. Sie fasst Dinge zusammen, verortet etwas oder
beschreibt Figuren. Sehr schön fand ich deren Einsatz immer dann,
wenn es emotional wurde. Die Figuren verwendeten keine Monologe,
zumindest selten, meist wurde der Erzähler eingesetzt, wenn es darum
ging in die Gefühlswelt der Figuren einen Einblick zu bekommen, was
ich schon nett fand.
Was
ich am tollsten an dem Anime fand, war der Übergang von der Kind zur
Jugend und dem früheren Erwachsenendasein von Anne. Ich muss sagen,
dass mir die Veränderung teilweise etwas zu abrupt kam, zumal der
Erzähler nur ganz kurz beschrieb, was aus Anne geworden ist und
weswegen das war. Ich hätte mir gewünscht, dass man das über
mehrere Episoden langsam ausweiten lässt. Aber ich fand es
erstaunlich, dass aus dem ungezogenen kratzbürstigen, fantasireichen
Mädchen mal eine so elegante und vor allem höfliche und
gewissenhafte junge Frau wird. Und vor allem als Kind hat sie sich
nur ihren Träumereien hingeben und mit Beginn des College wird sie
total ehrgeizig und zielstrebig und lässt ihr altes Ich hinter sich.
Ich fand es einerseits irgendwie schön, dass Anne nicht mehr ganz so
exzentrisch war wie früher, sondern richtig vornehm und vor allem
empathisch wurde, sie entwickelte ein Gespür für die Umwelt, lebte
nicht mehr nur in ihrer eigenen Welt und sorgte sich mehr um andere.
Anfangs drehte sich alles nur um sie und dann rückt der Fokus gegen
Ende mehr auf ihre Mitmenschen.
Andererseits vermisste ich ähnlich
wie Marilla die alte Anne, die so besonders war und durch ihre
Verrücktheit alle zum Lachen brachte. Aus dem sonst so wilden
Mädchen wird eine wirklich sehr elegante, wohl erzogene Frau, das
wird im Anime öfter erwähnt. Das ist schade, weil Anne als Kind
noch so besonders war und so menschlich durch ihre Macken und Fehler.
Die „neue“ Anne dagegen wirkt auf mich teilweise schon ideal und
perfekt, ohne große Schwächen. Ich weiß nicht, was der Anime oder
die Romanvorlage uns damit vermitteln will. Dass selbst aus solchen
hoffnungsvollen Fällen mal tolle Menschen werden? Das wäre durchaus
denkbar und optmistisch, weil Anne sich ja wirklich von ganzen unten
ohne jegliche Bildung und sozialen Hintergrund hocharbeitet und
Spitzenleistungen erbringt und dadurch eine sehr tolle Zukunft vor
sich hat. Wenn man bedenkt, wie sehr sie anfangs noch im Rückstand
ist und sich dann immer mehr bessert ist es erstaunlich. Man kann
ihre Story als eine coming-of-age- oder Bildungsgeschichte
interpretieren.
Eine
andere Botschaft dahinter könnte aber auch weniger angenehm sein,
nämlich dass sich selbst ein so besonderes Mädchen irgendwann mal
der Gesellschaft beugen und vernünftig werden muss? Denn mal
ehrlich am Ende ist sie nicht mehr wiederzuerkennen und das Besondere
ist leider auch abhanden gekommen. Sie mag zwar angenehm und nett
wirken, aber vielleicht auch etwas langweilig, so ganz ohne Ecken und
Kanten. Selbst Marilla, die es früher nicht ausstehen konnte, wenn
sie fantasierte und große Worte verwendete, vermisst die alte Anne.
Jedenfalls
können wir Anne von der Kindheit bis zur Jugend begleiten und mit
erleben, wie sie sich weiter entwickelt. Während in ihrer Kindheit
die vielen Dummheiten und Abenteuer im Mittelpunkt stehen, wird es
dann ab dem College richtig ernst. Man glaubt, man wäre in einem
kompeltt anderen Anime, weil sich einfach die Stimmung total
verändert. War die Kindheit noch voller Sorglosigkeit und lustigen
Zwischenfälle, wirkt das College-Leben so ernst, monoton und
teilweise sehr melancholisch. Der Stimmungswechsel ist nicht zu
übersehen. Anne lernt nur noch und bringt ihre Gesundheit damit in
Gefahr. Die neue Lebensphase bringt viele Probleme mit sich: Anne und
ihre Adoptiveltern leiden sehr unter der Trennung. Anne begibt sich
in die Leistungsgesellschaft, vergleicht sich mit anderen und wird
mit Zukunftsängsten konfrontiert. Sie muss sich entscheiden, welchen
Weg sie zukünftig gehen soll.
Ehrlich gesagt fand ich diesen Teil
des Anime einerseits gut aufgrund ihrer Veränderung, der Umbrüche
und vor allem weil das Ende mich so getroffen hat. Andererseits muss
ich daran kritisieren, dass das Tempo einfach total unpassend war. Da
ich aber nebenbei auch die Originalvorlage also den Roman gelesen
habe, verstehe ich auch warum es so war. Denn auch im Roman wurde
diese Phase wirklich total komisch zusammen gefasst und reduziert.
Teilweise nimmt sich der Anime sogar mehr Zeit für bestimmte Dinge
als der Roman selbst! Um es euch mal zu verdeutlichen: In der einen
Episode kommt Anne ans College und in der nächsten ist sie schon am
Ende und lernt für die Prüfungen. Als ob das nicht etwas zu schnell
geht... Man kann es dem Anime also nicht vorwerfen, er hat sich eben
sehr nah an der Vorlage gehalten. Ein Pluspunkt finde ich, wobei sich
da die Meinungen ja teilen, eine gute Adaption muss ja nicht
unbedingt immer haar genau wie das Original sein oder?
Zum
Schluss möchte ich mich dem Ende des Anime widmen, der für mich ein
ganz besonderes war. In den letzten Episoden passieren so viele
Unglücksfälle, dass man es schon fast als konstruiert ansehen
könnte. Aber so ist das Leben. Anne ist auf dem Höhepunkt ihrer
Entwicklung und schaut optimistisch in die Zukunft. Doch auf der
anderen Seite sind Matthew und Marilla, die mit vielen Problemen zu
kämpfen haben u.a. auch das Alter, körperliche Schwächen und
finanzielle Sorgen. Es kommt Schlag auf Schlag und man ist selbst als
Zuschauer richtig mitgerissen von dem, was da alles passiert. Diese
letzten Episoden lehren uns, dass im Leben nichts sicher ist außer
der Wandel. Darüber hinaus sieht sich Anne auch der schweren
Entscheidung konfrontiert, ob sie nun ihre Karriere weiterverfolgen
oder sich für die Familie entscheiden will. Es ist wirklich sehr
schwer und ich möchte nicht in ihrer Haut stecken. Der Anime endet
für mich zufriedenstellend und ich würde mir eine Fortsetzung mehr
denn je wünschen.
Optik
und Musik
Von
einem Anime aus den 1970er Jahren darf man natürlich nichts zu
Großes erwarten, aber ich finde die Animationen und auch den
Zeichenstil nicht ganz so schlimm. Man gewöhnt sich daran und ich
finde vor allem den Zeichenstil besonders. Er hat seinen Charme, man
erkennt, dass Ghibli seine Finger im Spiel haben. Die Figuren sind
für mich nicht typisch anime-like gezeichnet, sie gehen mehr in die
realistische Richtung, was sehr gut zum Setting passt. Die
Gesichtszüge und Gestik sind sehr fein und niemals übertrieben,
wodurch eben der Realismus des Anime untersrichen wird. Musikalisch
muss ich sagen, erinnere ich mich immer wieder an bestimmte Stücke,
die bewusst angepasst an die Situationen gewählt wurden. Sie haben
auf jeden Fall großen Wiedererkennungswert. Das Opening ist nicht so
mein Fall gewesen, hat aber schon gut gepasst.
Fazit
Mir
hat der Anime wirklich großen Spaß bereitet und ich habe ihn auch
in einem Rutsch geschaut. Für mich war er wirklich etwas ganz
besonderes, schon allein weil er auf einem Roman basierte und im
europäischen Raum spielte. Mir sind die Figuren einfach sehr ans
Herz gewachsen, mit ihren Ecken und Kanten. Die Episoden waren immer
unterhaltsam, manchmal sehr aufregend, teilweise auch recht tragisch.
Der Zeichenstil und auch die Musik haben gepasst und verleihen dem
Anime einen besonderen Charme. Ich fand es auch toll, dass der Anime
fast ohne Klischees auskam und vor allem sehr realitätsnah wirkte,
was für mich eine willkommene Abwechslung war.
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