Zunächst
einmal folgt eine kurze Beschreibung beider Genres.
Shonen
bedeutet zu Deutsch „Junge“ oder „Jugendlicher“ und umfasst
eine Kategorie von Manga und Anime, die sich mehr an ein junges bzw.
jugendliches männliche Publikum richtet. Das Gegenstück stellt
demnach „Shojo“ eher für junge Mädchen dar. Wir haben es hier
primär mit einer demographischen Kategorie zutun, was bedeutet, dass
eine bestimmte Altersgruppe angepeilt wird. Darüber hinaus auch ein
bestimmtes Geschlecht. Shonen sollen also heranwachsende Jungen im
Alter von 9 bis 18 Jahren ansprechen. Doch die Realität zeigt, dass
darüber hinaus Leser verschiedener Altersgruppen und auch nicht nur
männliche Rezipienten „Shonen“ konsumieren.
Magical
Girl ist ein Genre des Shojo Manga/Anime. Genau genommen kann man das
Magical Girl Genre als eine Abwandlung des amerikanischen
Superheldencomics bezeichnet, in dem im Gegensatz dazu ein
durchschnittliches Mädchen mit anderen Mitstreiterinnen die Welt vor
dem Bösen rettet. Wie der Name schon impliziert bedarf es dazu aber
magischer Kräfte, die aus dem normalen Mädchen ein Magical Girl
machen. Das Genre spricht vor allem junge Mädchen im Alter von 10
bis 14 Jahren an, wird aber genauso wie „Shonen“ auch von anderen
Lesergruppen konsumiert.
Typische
Elemente aus Shonen und Magical Girl im Vergleich
Themen
und Inhalte
Thematisch
orientieren sich Shonen besonders auf Elemente wie Action und
Abenteuer sowie Krieg und der Kampf gegen das Böse. Darum verwirrt
es, dass auch viele Werke nicht aufgrund der Zielgruppe (also Jungen)
der Kategorie Shonen zugeordnet werden, sondern weil ihr inhaltliche
Fokus auf Action liegt. Ich habe auch vor kurzer Zeit daran
festgehalten, dass man mit Shonen wirklich nur die Werke meint, in
denen es nur um das Kämpfen und den Konflikt Gut versus Böse geht,
aber Shonen umfasst eindeutig mehr und bietet eine große inhaltliche
Vielfalt: Neben alltäglichen Komödien, Liebesgeschichten, wie
romantischen Komödien, lassen sich auch Kriminalgeschichten wie auch
Storys um bestimmte Hobbys (u.a. Sport) hier verzeichnen. Allen
gemeinsam ist jedoch das Motiv der Rivalität zwischen dem
Protagonisten und anderen Figuren. Das Action-Genre zeigt außerdem
viele Facetten, wenn es in verschiedene Settings eingebaut wird. So
finden wir Action nicht nur in Fantasy sondern auch in
Science-Fiction. Problematisch ist die Darstellung von Kriegen und
Schlachten in einigen Vertreten, die nicht selten glorifizierend
wirken.
Die
Kategorie Magical Girls zeichnet sich dadurch aus, dass die Figuren
durch Zufall oder durch Absicht mysteriöse, mit magischen Kräften
verbundene Gegenstände erhalten, die ihnen besondere Fähigkeiten
verleihen. Das erklärt also auch den Titel dieses Genre, Magie ist
hier also das Zauberwort. Durch Aneignung dieser besonderen Kräfte
sind sie eigentlich dazu verdammt fortan gegen böse Mächte zu
kämpfen und die Welt zu retten. Meist haben sie auch einen
übernatürlichen Gehilfen zur Seite, der ihnen Ratschläge gibt oder
einfach als Sidekick dient. Die thematische Vielfalt ist hier eher
weniger gegeben, was aber damit zutun hat, dass Magical Girl
sozusagen ein Untergenre des Shojo darstellt und allein schon durch
„Magical“ natürlich eine spezielle Ausrichtung besitzt. Action
spielt weniger eine Rolle, bzw. wird anders konzipiert als in Shonen.
Eindeutig findet man aber bei diesen Werken das große Thema Magie
und Fantasie.
Aufbau
der Handlung
Die
Heldenreise stellt im Genre Shonen ein wichtiges Thema dar. Zu Beginn
wird uns zugleich der Protagonist vorgestellt, der ein Problem oder
eine wichtige Aufgabe zu bewältigen hat, dafür seinem Zuhause den
Rücken kehren muss und sich auf eine große Reise begibt. Bevor er
jedoch sein großes Ziel erreichen kann, begegnet er unzähligen
Freunden wie Feinden, erlebt viele Abenteuer und Hindernisse. Im
Shonen wird sehr stark die Weiterentwicklung des Helden thematisiert,
nimmt eigentlich den Großteil der Handlung ein. Es ist ein
fortwährender Prozess, in dem sich der Held befindet, mit sich
selbst ringt, über sich hinaus wachsen muss, Herausforderungen
besteht, immer stärker wird, aber auch wichtige Erkenntnisse fürs
Leben gewinnt. Anfangs fängt die Hauptfigur als ein Niemand seine
Reise an, entwickelt sich immer weiter bis er schließlich zu einem
wahren Helden heranwächst. Bei vielen längeren Serien (One Piece,
Dragon Ball, Naruto etc.) wird dieses Muster fast in die
Unendlichkeit gezogen, man versucht immer wieder Spannung hinein zu
bringen, indem man neue Herausforderungen und Probleme schafft. Das
klappt ganz gut, denn es finden sich immer wieder neue und mächtigere
Gegner, die es zu besiegen gilt. Die äußere wie auch innere
Entwicklung werden bei Shonen stark verknüpft. Das meint, dass jeder
Sieg über einen mächtigen Gegner gleichzeitig auch zum inneren
Wachstum des Helden beiträgt.
Der
Ausgangspunkt bei Magical Girl Geschichten ist ein ganz anderer: Sie
suchen nicht aktiv nach Aufgaben oder legen keine Ziele fest. Sie
sind ja durch Zufall erst an die magischen Kräfte gekommen,
teilweise wurden sie auch vom Schicksal auserwählt. Insofern haben
sie gar keine andere Wahl, als gegen Bösewichte zu kämpfen. Mag es
anfangs so sein, dass sie es eher unfreiwillig tun, gewinnen sie
später die Einsicht, dass sie Verantwortung tragen müssen und gehen
freiwillig auf Konfrontationskurs. Im Shonen steht nicht immer die
Rettung der Welt im Mittelpunkt, es sind meist doch eher individuelle
Sehnsüchte und Ziele, die sich die Helden erfüllen wollen. Doch
beim weiblichen Pendant steht der Welt bereits von Beginn an großes
Unheil bevor. Es geht also um das große Ganze und nicht um
persönliche Belange der Figuren. Hier sieht man die Parallele zu den
amerikanischen Superheldengeschichten.
Inhaltlich
konzentrieren sich die typischen Geschichten des Magical Girl Genre
um die Bewältigung des normalen Alltags dieser Mädchen. Es wird
erzählt, wie sie trotz ihrer übernatürlichen Kräfte ein normales
Leben führen bzw. wie sie aber dennoch immer wieder in
Schwierigkeiten geraten. Allein schon die Aneignung dieser
Fähigkeiten ist ein Problem an sich, doch hinzukommt, dass sie das
auch alles geheim halten müssen. Ähnlich wie auch in Shonen
entwickeln sich die Hauptfiguren während ihrer Abenteuer und Kämpfe
weiter. Anders als in Shonen werden sie nicht unbedingt physisch
stärker, eher gelangen sie durch intensive Emotionen zu größeren
magischen Kräften, was aber vergleichbar wäre. Das emotionale
Wachstum wird aber auch hier behandelt. Daneben geht nicht nur im die
Vertiefung von Freundschaften, sondern auch die Erfüllung der großen
Liebe, die in Shonen so gut wie nie thematisiert wird. Freundschaft
wird bei letzterem viel höher gestellt, bei Magical Girls eher die
Liebe. Zu erklären ist das natürlich anhand der
Zielgruppenorientierung, denn Shojo richten sich ja primär an
Mädchen, die sich ja für Liebe interessieren (sollen).
Es
gibt so gut wie keinen Shonen Manga/Anime, in dem es nicht ein Happy
End gibt, insofern teilt sich dieses Genre auch eine Gemeinsamkeit
mit dem typischen Märchen. Dies trifft ebenfalls auch auf Magical
Girl Werke zu.
Setting
Im
Magical Girl Genre führen die Mädchen im Gegensatz zu den Shonen
Helden eine Art Doppelleben, pendeln immer wieder zwischen normalem
Alltag und magischer Welt. In Shonen dagegen werden besondere Kräfte
ähnlich wie im Märchen nicht hinterfragt, sie sind Teil des
Settings. Wir haben es hier also mit verschiedenen Erzählwelten zu
tun. Die typischen Shonen mit Schwerpunkt Action verfügen immer über
fantastische Welten, während Magical Girls immer eine Vermischung
der realen mit der fantastischen Welt vorzeigen. Daher ist auch der
normale Schulalltag ein wichtiger Bestandteil.
Hauptfiguren
Der
Protagonist zeichnet sich durch ein spezielles Aussehen aus, so lässt
er sich leicht von anderen Figuren unterscheiden. Meist sind die
Persönlichkeiten der Helden widersprüchlicher Natur und sie
verfügen über besondere Fähigkeiten. Weiterhin stellt sich in
vielen Werken die Hauptfigur als ein Außenseiter heraus, der im Zuge
seiner Entwicklung über sich selbst hinauswächst und sich einen
Platz in der Gesellschaft erarbeitet.
Im
Genre Magical Girl steht meist eine gewöhnliche Schülerin im
Vordergrund, das durch viele Fehler gekennzeichnet ist. Am Beispiel
von Bunny Tsukino aus „Sailor Moon“ lässt sich das gut
verdeutlichen. Sie ist sehr zerstreut, neugierig und naiv und
unglücklich in der Liebe. Darüber hinaus hat sie mit den üblichen
Problemen einer Jugendlichen im Alltag zu kämpfen.
Man
erkennt also einen deutlichen Unterschied zwischen den Protagonisten.
In Shonen sind es also besondere Figuren, die darüber hinaus von den
restlichen durch ihren Außenseiter-Status abgegrenzt werden, während
die Magical Girls eher normale Mädchen sind, die keine Probleme
haben sich zu integrieren. Doch beiden ist gemeinsam, dass sie doch
irgendwie etwas Besonderes an sich haben. Bei beiden ist dies
Ausgangspunkt für viele Konflikte mit ihren Mitmenschen und ihrer
Umgebung.
Emotionen
und Handlungen
Während
im Shojo Emotionen eine wichtige Rolle spielen, sticht das bei diesem
Genre nicht so sehr heraus, eher sind solche Geschichten von einem
schnellen Erzähltempo durch viel Action geprägt. Das bedeutet
jedoch nicht, dass Gefühle komplett ausgeblendet werden, im
Gegenteil: in wichtigen Situationen, in denen es beispielsweise um
Leben oder Tod geht, reflektieren die Figuren, sind emotional
überwältigt und schöpfen daraus wieder neue Kraft um den Kampf zu
gewinnen. Diese emotionalen Höhepunkte haben beide Genre gemeinsam.
Fähigkeiten
Eine
grundsätzliche Differenz ist die Art von Fähigkeiten: in Shonen
gibt es eine große Bandbreite an verschiedenen, teils sehr absurden
Kräften, hier sind keine Grenzen gesetzt. Darüber hinaus besteht
eine enge Verbindung zwischen den Kräften und den Körpern der
Figuren. Im Magical Girl Genre dagegen haben wir ausschließlich
magische Kräfte und keine direkte Verbindung zwischen Magie und
Heldinnen. Besonders ist hier, dass die Mädchen ihre Kräfte durch
Zufall erhalten und dann auch meist in Form von feminin typischen
Gegenständen wie Broschen, Lippenstiften und Ähnlichem. Das zeigt
nochmal die starke Zielgruppenorientierung: in Shonen wird der Körper
als besonders stark und maskulin dargestellt, in der Sparte Magical
Girl dagegen ist der Fokus auf materielle Konsumgüter, die typisch
weiblich sind, tragend.
Ein
typisches Element in Magical Girl Geschichten ist, dass sie diese
Kräfte von Anfang an besitzen, aber keinerlei Anstalten machen, sich
bewusst damit auseinander zu setzen. Im Gegensatz zu den Shonen
Helden trainieren sie ihre Kräfte nicht bewusst, sondern setzen sie
immer nur in Ausnahmesituationen, also im Kampf gegen unerwartete
Angriffe des Bösen ein. Sie schließen sich auch in Teams zusammen
und lernen dann gemeinsam wie sie mit vereinten Kräften gewinnen
können. Obwohl die Mädchen unabhängig erscheinen, gibt es hin und
wieder Situationen, in denen sie hilflos sind und dann von
mysteriösen, übersinnlich begabten Jungs und Männer gerettet
werden, in die sie sich auch verlieben.
Woher
die Kräfte der Magical Girls stammen, bleibt eigentlich so gut wie
immer unklar, nur in einigen Ausnahmefällen (wie z.B. Card Captor
Sakura) werden die Ursprünge erklärt. Die Kräfte sind anders als
beim Genre Shonen sehr eng mit Emotionen verbunden. Zwar kann es
durchaus sein, dass im Shonen Genre starke Emotionen ebenfalls
verstärkend auf Kräfte wirken können. Doch bei Magical Girl Werken
können die Mädchen selbst kaum Einfluss auf ihre Zauberkräfte
haben, sondern werden stets von Emotionen geleitet. Dennoch muss man
bei beiden Genre feststellen, dass sehr häufig „deus ex
machina“-Momente greifen, in denen die Figuren durch Zauberhand
unglaublich stark werden und im letzten Moment doch noch gewinnen
können, obwohl es für sie auswegslos erschien.
Die
Kämpfe
Die
Einstellung zu Kämpfen ist bei Magical Girl Werken grundsätzlich
eine andere. Während in Shonen Kampf und Krieg praktisch
heroisierend dargestellt wird, sind die Mädchen doch eher
friedlicher Natur und kämpfen wirklich nur, wenn es sein muss. Die
Kämpfe selbst gestalten sich auch optisch ganz anders. Während es
in Shonen doch eher physische Kämpfe sind, die auch Blut wie
Gewaltszenen und Verstümmelungen nicht ausschließen, ist bei
Magical Girl das ästhetische Prinzip dominant. Das meint, dass
Verletzungen wenn möglich nur leicht ausfallen bzw. nicht wirklich
gezeigt werden. Sie kämpfen ja auch nicht wirklich mit ihrem Körper,
sondern eben mit ihren besonderen Fähigkeiten, die jedoch keinen
ganz so offensichtlichen Schaden zufügen. Der weibliche Körper wird
idealisiert und muss auf jeden Fall geschützt werden. Das
unterstützt auch die These, dass es verpönt ist sich als Mädchen
körperlich mit anderen zu vermessen und Verletzungen davon zu
tragen. Der Körper ist heilig und darf demnach nicht verschmutzt
werden.
Üblich
sind auch in Bezug auf das Doppelleben der Magical Girls die
Verwandlungsszenen, die regelrechte Riten darstellen. Hier findet
sich also der außergewöhnliche Wechsel von der „normalen“
Gestalt in die übernatürliche Form und zeigt, dass beide eng
voneinander getrennt werden. Daraus ergibt sich auch ein
Wechselspiel verschiedener Identitäten. Das magische Ich kann
gänzlich ein anderes sein als das Alltags-Ich der Heldinnen. Diese
fehlen im Shonen komplett, denn da sind die besonderen Kräfte eng
mit den Figuren verbunden.
Bösewichte
Gemeinsam
ist beiden, dass die Bösewichte nach den typischen Zielen streben:
Sie wollen stärker und mächtiger werden und die Welt beherrschen.
Dazu bedienen sie sich verschiedener Methoden und fordern damit die
Protagonisten heraus.
Botschaften
und Werte
Wichtige
Werte, die durch Shonen transportiert und behandelt werden sind
Freundschaft, Ausdauer, Sieg, Zusammenarbeit,
Persönlichkeitsentwicklung, Kämpfe, Mut, also typische Themen, die
vor allem Jungs und junge Männer angehen.
In
Magical Girl Anime wie Manga werden gänzlich andere Werte
herausgestellt, die auch zur Zielgruppe passen: Die Mädchen kämpfen
für bestimmte Ideale, wie Liebe, Frieden Hoffnung wie auch
Schönheit. Freundschaft scheint aber auch hier sehr wichtig zu sein.
Zeichenstil
Äußerlich
zeichnet sich die Optik der „Kampfshonen“ durch einen kantigen
fast schon schmutzigen Stil aus. Die Figuren haben meist eher kleine
Augen, es dominieren eher grobe und raue Linien. Im Vergleich zum
Genre Shojo liegt der Fokus mehr auf Handlungen, Nahaufnahmen von
Gesichtern finden sich äußerst selten.
Da
das Genre Magical Girl zu Shojo zählt, ist auch hier der Zeichenstil
deutlich von Shonen zu unterscheiden. Es dominieren schöne Mädchen
und schöne Jungen, große Augen, starke Emotionen, Handlungen sind
nicht ganz so dominierend wie die inneren Einblicke in die
Gefühlswelt der Figuren. Ganz im Gegensatz zu Shonen ist der
Zeichenstil von einer Weichheit und ästhetischen Angemessenheit
geprägt, weiche und saubere Linienführung dominiert, es finden sich
die typischen Arrangements der Hintergründe wider.
Fazit
Auf
den ersten Blick dominieren die Unterschiede zwischen Shonen und
Magical Girl, doch schaut man sich die inhaltlichen Aspekte,
besonders die Entwicklung der Figuren an, zeigt sich, dass beide im
Kern doch auf das Gleiche verweisen: Der Kampf des Guten gegen das
Böse und die Entwicklung der Hauptfiguren sind zwei sehr wichtige
gemeinsame Plotpunkte. In der Analyse haben sich natürlich sehr
viele Differenzen aufgetan und es ist interessant zu sehen, wie das
Kämpfen auf männliche und weibliche Art mit
Geschlechtervorstellungen einher gehen. Wie man sieht kann man die
beiden Genres durchaus miteinander vergleichen, da sie schon ähnliche
inhaltliche und strukturelle Gemeinsamkeiten aufweisen und doch sind
sie sehr verschieden.
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