Lange
haben wir auf ein neues Werk von Makoto Shinkai gewartet und ich
konnte es kaum abwarten, es endlich mal zu sehen. Und dann ist es
nicht mal eines der gewöhnlichen Slice-of-Life-Werke, die wir von
Shinkai kennen, sondern ein sonderbarer Mix aus Legende und
Supernatural-Elementen gepaart mit einer Liebesstory. Was ich von
diesem mit am meisten gehypten Anime des Jahres halte, erfahrt ihr in
dieser Review.
Plot
Die
Geschichte dreht sich um zwei junge Highschool-Schüler, die durch
ein mysteriöses Phänomen miteinander in Berührung kommen. Mitsuha
lebt von klein auf in einem kleinen Dorf, das sie total anödet. Hier
gibt es kaum etwas zu erleben, weswegen sie sich nichts lieber
wünscht, als endlich dieses Kaff hinter sich zu lassen und in das
aufregende Großstadtleben einzutauchen. Dann hätten wir als zweiten
Protagonisten Taki, ein Junge, der mitten in Tokyo bei seinem
alleinerziehenden Vater lebt und nebenbei in einem italienischen
Restaurant jobbt. Seine große Leidenschaft ist das Zeichnen. Mitsuha
träumt eines Tages davon, im Körper eines Jungen aufzuwachen und
seinen Alltag zu bewältigen. Und auch Taki findet sich eines Tages
in einem weiblichen Körper. Beide wissen nicht, was es damit auf
sich hat, müssen damit aber erst einmal lernen klar zu kommen...
Meine
Meinung
Wie
in der Einleitung bereits geschrieben, fand ich es ungewöhnlich eine
Geschichte von Shinkai zu sehen, in der wir so viele übernatürliche
Phänomen wieder finden. Das beginnt ja bereits mit dem Hauptmotiv
dem Körpertausch. Ein sehr beliebtes Motiv, was sich durch viele
Manga und Anime hindurch zieht. Wir haben so so etwas als fleißige
japanische Popkulturliebhaber also schon vielfach gesehen und ich
fragte mich, wie Shinkai nun daraus sein eigenes Ding machte. Anfangs
verlief die Geschichte noch nach gängigem Schema. Wobei ich sagen
muss, dass ich doch etwas verwirrt gewesen war, weil wir zunächst
Mitsuha sehen, aber ich nicht sicher war, ob es die „echte“ war,
oder doch schon Taki im Mädchenkörper. Im Laufe der Handlung wurde
diese Verwirrung aber beseitigt. Es ist sicherlich nicht neu, dass
wir mit dieser Ausgangssituation konfrontiert werden: Mädchen sowie
Junge erwachen im Körper des anderen. Doch die Art und Weise, wie
dies erzählerisch und technisch dargestellt wurde, war äußerst
erfrischend und amüsant gemacht.
Der
Anime lässt sich anfangs noch etwas Zeit um beide Figuren und deren
Alltagsleben darzustellen, was ich ganz gut finde, da wir dadurch die
Figuren natürlich besser kennenlernen und Zeit haben, uns in sie
einzufühlen. Nach dieser Einleitung, folgen mehrere ausschnittartige
Szenen, die uns zeigen, wie beide den Alltag des anderen erleben und
wie sie damit zurecht kommen bzw. wie sie eher scheitern. Das fällt
natürlich auch den Mitmenschen der beiden Hauptfiguren auf und hat
generell Einfluss auf ihre Lebenswelt. Da wird natürlich mit den
üblichen Geschlechterklischees gespielt, so beispielsweise, dass
Mitsuha normalerweise ganz brav und bescheiden ist, aber dann
plötzlich total widerspenstig und cool wird. Oder eben Taki, der
sowieso schon etwas femininer als andere Jungs ist, noch mehr
weibliche Züge erhält und damit auch langsam das Herz einer anderen
jungen Frau für sich gewinnt. Kurz und knapp: das Leben der beiden
wird durch diesen Körpertausch komplett auf den Kopf gestellt, was
uns die kurzen, temporeichen Szenen gut verdeutlichen. Das erhöhte
Tempo sorgt für mehr Spannung und bringt auch den Humor des Anime
gut zum Ausdruck. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass man sich bei
dem Teil des Films etwas mehr Spielraum genommen hätte, aber im
späteren Verlauf der Story verstand ich, weswegen man da etwas
raffen musste.
Der
Animefilm gliedert sich nämlich in zwei recht unterschiedlich
thematische Teile auf. Während der erste weniger originell, dafür
witzig und heiter rüber kommt, ist der zweite Teil wesentlich
ernster und auch dramatischer gezeichnet. Und das ist es, was mich an
dem Film so fasziniert hatte. Anfangs erzeugt der Film noch die
Erwartung, dass wir es mit einem typischen Anime zu tun haben, in dem
es nur um Körpertausch und den Witz dabei geht. Doch das Werk bricht
ab Mitte des Films mit dieser Erwartung und führt uns dann auf einen
ganz anderen Pfad, der ebenfalls nicht weniger mystisch oder
geheimnisvoll ist. Ich habe mich teilweise etwas überrumpelt
gefühlt, der Schock saß wirklich tief, denn ich habe diese eine
große Wendung, wie viele andere, nicht kommen sehen. Ich möchte aus
Spoiler-Gründen nicht wirklich darauf eingehen und bleibe deswegen
eher etwas oberflächlich.
Der
Übergang vom ersten zum zweiten Teil ist aber doch recht fließend
und wirkt nicht zu abrupt oder jetzt unlogisch. Es beginnt damit,
dass die Körpertausch-Aktionen nicht mehr auftreten und auch der
Kontakt zwischen Mitsuha und Taki plötzlich abnimmt. Man könnte
meinen, dass es für beide eine Erlösung ist und doch scheint es so,
als würde irgendwie etwas fehlen. Ich hatte vermutet, dass es
einfach daran lag, dass sich alles normalisiert hat und Mitsuha auch
keine Lust mehr hatte, aber klar, war die Ursache eine andere. Doch
Taki lässt es keine Ruhe, er ahnt etwas Ungutes und macht sich auf
den Weg zu Mitsuha und das, obwohl er nicht einmal weiß, wo sie
überhaupt wohnt. Doch dank seines tollen Gedächtnisses und seiner
Malkunst, findet er heraus, wo er hin muss. Und ab da wird man
förmlich eigentlich überschüttet mit Twists, dass man gar nicht
mehr hinterher kommt.
Der
größte Twist von allen, wirkte auf mich erst einmal total
unrealistisch und vor allem so unlogisch und mir erging es wie den
Figuren im Film, die sich das ebenfalls nicht erklären konnten. Um
nicht zu viel vorweg zu nehmen, will ich erwähnen, dass es um
Zeitreisen und auch um die Theorie der Mehrwelten geht, ebenfalls
nicht unbekannte Motive in Anime und Manga, doch in der Kombination
mit dem Körpertausch durchaus unverbraucht. Ich habe zwar schon
einige Anime, Manga und Games konsumiert, die das thematisierten,
aber komischerweise blickte ich hier bei dem Film überhaupt nicht
durch. Vielleicht war ich kognitiv einfach nicht so auf der Höhe,
aber ich musste mir im nach hinein noch einmal die Zusammenfassung
und einige Reviews durchlesen, um annähernd verstehen zu können,
was es damit auf sich hatte. Und selbst jetzt, wo ich die Review
schreibe, könnte ich euch nicht mal wirklich erklären, wie die
Zusammenhänge in dem Film genau sind.
Das
war etwas, was mich ein wenig an dem Film gewurmt hatte. Ich meine,
es kann auch sein, dass der Film nichts dafür kann, dass ich es
nicht verstanden habe, aber dennoch fließt das ja doch irgendwie in
die Bewertung des Films ein. Dann haben auch noch die Figuren ihre
Erinnerung verloren, wodurch meine Verwirrung noch größer wurde.
Ich fand es auf jeden Fall total verwirrend und leider hat es auch
ein wenig die Unterhaltung vermindert. Man muss tatsächlich etwas
mitdenken und auch etwas verstehen, damit man den Film vollkommen
genießen kann. Zumindest ist das meine Ansicht.
Jedenfalls
nimmt der zweite Teil deutlich dramatischere Züge an, was ich echt
nicht erwartet hätte. Das ist ein großer Pluspunkt, genauso auch
die ganzen Twists, die einen in ein Wechselbad der Gefühle werfen.
Der Film kommt ständig mit Wendungen, wodurch man sich nie sicher
sein kann, wohin die Reise gehen soll. Ich konnte mit den Figuren
mitfühlen, mit ihnen mitfiebern und habe ihre Höhen und Tiefen
durchlebt. Das sorgte auf jeden Fall für viel Abwechslung und
natürlich Nervenkitzel. Am Ende geht es tatsächlich über die
Alltagssorgen hinaus, um Leben oder Tod, sogar so weit, dass es nicht
nur Mitsuha und Taki betrifft, sondern sehr viel mehr Menschen. Aus
einer anfangs noch komischen, Supernatural Slice-of-Life-Story wird
plötzlich eine dramatische Rettungsaktion. Das klingt echt komisch,
aber wenn man das mal geschaut hat, haut es einen um. Insofern kann
ich verstehen, weswegen der Film für so viel Aufsehen gesorgt hat.
Es ist einfach die Art und Weise, wie die verschiedenen Genres neu
miteinander vermischt werden, die den Film so einzigartig erscheinen
lassen. Am Ende ist der Körpertausch auch gar nicht mehr so wichtig,
sondern, dass eher, dass die beiden zueinander finden.
Das
Ende ist für Shinkai´s Verhältnisse eigentlich ein totales
Happy-End. Viele wissen ja, dass er ein Meister in bittersüßen und
doch realitätsnahen Endings ist (siehe „5 cm per second“). Und
der Film führt einen wieder an der Nase herum, wenn das Ende
plötzlich total pessimistisch und traurig erscheint und dann auch
noch einem bestimmten anderen Ende eines Animefilms ähnelt. Wo ich
mir dann dachte: „Das kann es doch nicht gewesen sein!“
Tatsächlich hat sich der Macher dann wieder einen Wende erlaubt, die
dann bei mir für Zufriedenheit sorgte. Es ist vielleicht nicht das
perfekte Ende, aber das wäre wahrscheinlich auch zu kitschig. Ich
fand es dennoch total schön, wenn auch traurig schön, dass die
Erinnerung zwar verblasst ist, dennoch beide diese Unruhe in sich
spürten, dass etwas Wichtiges in ihrem Leben fehlt und sie sich
danach sehnen. Das ist alles aufgrund dieser Zeitsprünge und
verschiedenen parallelen Welten zustande gekommen, wie ich mir das
später zusammen gereimt hatte und erinnerte mich total an das Spiel
„Zero Escape“, in denen die Figuren auch zwischen Zeitpfaden
springen konnten, sich aber teilweise nicht mehr daran erinnerten.
Ich
finde zwar die Vermischung der verschiedenen Science-Fiction und
Supernatural-Elementen (Körpertausch, Zeitreisen, Parallelwelten)
durchaus gelungen gemacht und sehr spannend, vermisste aber irgendwie
eine Erklärung. Natürlich muss einem der Anime das nicht bieten,
klar man kann seine Fantasie einsetzen, was weiß ich. Wenigstens für
die Zeitreisen und Parallelwelten gab es so etwas wie einen Grund,
aber nicht für den Körpertausch an sich, der war wahrscheinlich vom
Zufall bestimmt.
Was
ich noch kritisieren muss, ist die Entwicklung der Beziehung zwischen
den beiden Hauptfiguren. Streng genommen lernen sich die beiden
wirklich erst sehr spät im Film kennen. Davor wachen sie zwar im
Körper des anderen auf, haben aber nicht direkt etwas miteinander zu
tun. Die persönliche Ebene kommt erst spät, wo ich mich frage, wie
die beiden so starke Gefühle zueinander entwickeln können, wenn sie
sich eigentlich nicht wirklich kennen. Klar es ist schon eine
unglaubliche Erfahrung im Körper eines anderen zu sein und man
könnte meinen, dass das die persönlichste Erfahrung ist, näher
kann man jemanden nicht kommen. Selbst wenn man jemanden sehr nahe
ist, wird man niemals in der Lage sein, genau nachzuempfinden, wie
der andere denkt und fühlt oder? Doch indem man in seinen Körper
kommt, erhält man ja sozusagen Zugang zu seinem Inneren und erfährt,
wie der andere sein Leben lebt. Man sieht die Welt durch die Augen
des anderen und die Mitmenschen spiegeln dann auch den anderen durch
ihre Meinungen über ihn wieder.
Ich hoffe, ihr versteht, was ich
meine. Zumal so ein Körpertausch nicht alle Tage passiert, und wenn
beide das gleichzeitig erleben, schweißt das schon zusammen. Sie
haben auch eigentlich schon Kontakt zueinander, indem sie sich
gegenseitig Notizen hinterlassen. Es ist keine direkte Kommunikation,
sondern eine asymmetrische, aber sie ist vorhanden. Dennoch ist es
etwas seltsam, dass die beiden so starke Gefühle zueinander
entwickeln. Ich fand die eine Szene mit Mitsuha deswegen auch so
verwirrend, weil sie plötzlich Zeichen von Eifersucht zeigte, wo ich
mir dachte, warum? Klar im nach hinein kann man sich das selbst
zusammen interpretieren, doch der Film widmet sich zu wenig eben
dieser emotionalen Ebene. Wir sehen zu viel vom Äußeren, was mit
den Figuren passiert, aber zu wenig von dem, was sie darüber richtig
fühlen und wie zueinander stehen. Dadurch wurde mir auch die
Entwicklung der Beziehung von Mitsuha und Taki nicht deutlich und
verständlich. Mag sein, dass man zwischen den Zeilen lesen muss,
aber etwas mehr Mühe hätte man sich da schon geben können.
Optik
und Musik
Optisch
ist der Werk von Makoto Shinkai natürlich wieder eine
Meisterleistung, das muss man einfach sagen. Die Art und Weise, wie
er die Landschaften malt und in Szene setzt ist ein wahrer
Augenschmaus. Sie sind voller Details, voller Schönheit, dass man
darin versinken können. Sie wirken auch erstaunlich realistisch, man
merkt, dass viel Liebe, Zeit und Arbeit investiert wurde.
Animationstechnisch war auch alles richtig gut. Das Charakterdesign
war ungewohnt für ein Werk von Shinkai, sah für mich ein bisschen
nach K-On aus, was aber nicht schlimm war. Ich mochte das niedliche
Aussehen der Figuren und fand es auch passend.
Tatsächlich
ist mir leider von der Musik nicht viel hängen geblieben und das
obwohl die Musik bei den Werken von Shinkai eigentlich besonders
schön ist. Das Einzige, was Eindruck bei mir hinterlassen hatte,
waren die Songs, die immer mal zwischendurch in Schlüsselszenen,
gespielt wurden. Ist ja auch verständlich, weil man die auch optisch
gekennzeichnet hatte. Dennoch fand ich diese sehr schön und auch
passend. Sonst ist aber musikalisch nichts negativ aufgefallen, die
Klangkulisse hat sich immer der Story und Atmosphäre angepasst und
sie unterstrichen. Die japanischen Synchronsprecher waren mal wieder
gut und besonders loben muss ich die Synchronsprecherin von Mitsuha,
die richtig auffiel und der Figur auch eine besondere Note verliehen
hat. Aber auch die restlichen Synchronsprecher wurden gut auf die
Figuren abgestimmt.
Fazit
Ich
hatte durchweg einen sehr großen Spaß mit diesem Film, der für
mich ein doch recht einzigartige Mischung aus verschiedenen Genres
darstellte. Eine Liebesgeschichte gepaart mit bekannten Motiven, aber
in einer erfrischenden Kombination und Darstellung machte für mich
den Reiz am Film aus. Besonders loben muss ich die Erzählweise und
vor allem auch wie mit den Erwartungen gespielt und viele Twists und
Wendungen eingebracht wurden. Kritisieren muss ich leider aber, dass
die Beziehung der Hauptfiguren und einige Stellen nicht ganz so
nachvollziehbar waren. Dennoch kann man den Film genießen, vor allem
mit dieser grandiosen Optik.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen