Donnerstag, 22. September 2016

Review: Kimi no Na wa

 Lange haben wir auf ein neues Werk von Makoto Shinkai gewartet und ich konnte es kaum abwarten, es endlich mal zu sehen. Und dann ist es nicht mal eines der gewöhnlichen Slice-of-Life-Werke, die wir von Shinkai kennen, sondern ein sonderbarer Mix aus Legende und Supernatural-Elementen gepaart mit einer Liebesstory. Was ich von diesem mit am meisten gehypten Anime des Jahres halte, erfahrt ihr in dieser Review.


Plot

Die Geschichte dreht sich um zwei junge Highschool-Schüler, die durch ein mysteriöses Phänomen miteinander in Berührung kommen. Mitsuha lebt von klein auf in einem kleinen Dorf, das sie total anödet. Hier gibt es kaum etwas zu erleben, weswegen sie sich nichts lieber wünscht, als endlich dieses Kaff hinter sich zu lassen und in das aufregende Großstadtleben einzutauchen. Dann hätten wir als zweiten Protagonisten Taki, ein Junge, der mitten in Tokyo bei seinem alleinerziehenden Vater lebt und nebenbei in einem italienischen Restaurant jobbt. Seine große Leidenschaft ist das Zeichnen. Mitsuha träumt eines Tages davon, im Körper eines Jungen aufzuwachen und seinen Alltag zu bewältigen. Und auch Taki findet sich eines Tages in einem weiblichen Körper. Beide wissen nicht, was es damit auf sich hat, müssen damit aber erst einmal lernen klar zu kommen...


Meine Meinung

Wie in der Einleitung bereits geschrieben, fand ich es ungewöhnlich eine Geschichte von Shinkai zu sehen, in der wir so viele übernatürliche Phänomen wieder finden. Das beginnt ja bereits mit dem Hauptmotiv dem Körpertausch. Ein sehr beliebtes Motiv, was sich durch viele Manga und Anime hindurch zieht. Wir haben so so etwas als fleißige japanische Popkulturliebhaber also schon vielfach gesehen und ich fragte mich, wie Shinkai nun daraus sein eigenes Ding machte. Anfangs verlief die Geschichte noch nach gängigem Schema. Wobei ich sagen muss, dass ich doch etwas verwirrt gewesen war, weil wir zunächst Mitsuha sehen, aber ich nicht sicher war, ob es die „echte“ war, oder doch schon Taki im Mädchenkörper. Im Laufe der Handlung wurde diese Verwirrung aber beseitigt. Es ist sicherlich nicht neu, dass wir mit dieser Ausgangssituation konfrontiert werden: Mädchen sowie Junge erwachen im Körper des anderen. Doch die Art und Weise, wie dies erzählerisch und technisch dargestellt wurde, war äußerst erfrischend und amüsant gemacht.


Der Anime lässt sich anfangs noch etwas Zeit um beide Figuren und deren Alltagsleben darzustellen, was ich ganz gut finde, da wir dadurch die Figuren natürlich besser kennenlernen und Zeit haben, uns in sie einzufühlen. Nach dieser Einleitung, folgen mehrere ausschnittartige Szenen, die uns zeigen, wie beide den Alltag des anderen erleben und wie sie damit zurecht kommen bzw. wie sie eher scheitern. Das fällt natürlich auch den Mitmenschen der beiden Hauptfiguren auf und hat generell Einfluss auf ihre Lebenswelt. Da wird natürlich mit den üblichen Geschlechterklischees gespielt, so beispielsweise, dass Mitsuha normalerweise ganz brav und bescheiden ist, aber dann plötzlich total widerspenstig und cool wird. Oder eben Taki, der sowieso schon etwas femininer als andere Jungs ist, noch mehr weibliche Züge erhält und damit auch langsam das Herz einer anderen jungen Frau für sich gewinnt. Kurz und knapp: das Leben der beiden wird durch diesen Körpertausch komplett auf den Kopf gestellt, was uns die kurzen, temporeichen Szenen gut verdeutlichen. Das erhöhte Tempo sorgt für mehr Spannung und bringt auch den Humor des Anime gut zum Ausdruck. Ich hätte mir zwar gewünscht, dass man sich bei dem Teil des Films etwas mehr Spielraum genommen hätte, aber im späteren Verlauf der Story verstand ich, weswegen man da etwas raffen musste.


Der Animefilm gliedert sich nämlich in zwei recht unterschiedlich thematische Teile auf. Während der erste weniger originell, dafür witzig und heiter rüber kommt, ist der zweite Teil wesentlich ernster und auch dramatischer gezeichnet. Und das ist es, was mich an dem Film so fasziniert hatte. Anfangs erzeugt der Film noch die Erwartung, dass wir es mit einem typischen Anime zu tun haben, in dem es nur um Körpertausch und den Witz dabei geht. Doch das Werk bricht ab Mitte des Films mit dieser Erwartung und führt uns dann auf einen ganz anderen Pfad, der ebenfalls nicht weniger mystisch oder geheimnisvoll ist. Ich habe mich teilweise etwas überrumpelt gefühlt, der Schock saß wirklich tief, denn ich habe diese eine große Wendung, wie viele andere, nicht kommen sehen. Ich möchte aus Spoiler-Gründen nicht wirklich darauf eingehen und bleibe deswegen eher etwas oberflächlich.


Der Übergang vom ersten zum zweiten Teil ist aber doch recht fließend und wirkt nicht zu abrupt oder jetzt unlogisch. Es beginnt damit, dass die Körpertausch-Aktionen nicht mehr auftreten und auch der Kontakt zwischen Mitsuha und Taki plötzlich abnimmt. Man könnte meinen, dass es für beide eine Erlösung ist und doch scheint es so, als würde irgendwie etwas fehlen. Ich hatte vermutet, dass es einfach daran lag, dass sich alles normalisiert hat und Mitsuha auch keine Lust mehr hatte, aber klar, war die Ursache eine andere. Doch Taki lässt es keine Ruhe, er ahnt etwas Ungutes und macht sich auf den Weg zu Mitsuha und das, obwohl er nicht einmal weiß, wo sie überhaupt wohnt. Doch dank seines tollen Gedächtnisses und seiner Malkunst, findet er heraus, wo er hin muss. Und ab da wird man förmlich eigentlich überschüttet mit Twists, dass man gar nicht mehr hinterher kommt.


Der größte Twist von allen, wirkte auf mich erst einmal total unrealistisch und vor allem so unlogisch und mir erging es wie den Figuren im Film, die sich das ebenfalls nicht erklären konnten. Um nicht zu viel vorweg zu nehmen, will ich erwähnen, dass es um Zeitreisen und auch um die Theorie der Mehrwelten geht, ebenfalls nicht unbekannte Motive in Anime und Manga, doch in der Kombination mit dem Körpertausch durchaus unverbraucht. Ich habe zwar schon einige Anime, Manga und Games konsumiert, die das thematisierten, aber komischerweise blickte ich hier bei dem Film überhaupt nicht durch. Vielleicht war ich kognitiv einfach nicht so auf der Höhe, aber ich musste mir im nach hinein noch einmal die Zusammenfassung und einige Reviews durchlesen, um annähernd verstehen zu können, was es damit auf sich hatte. Und selbst jetzt, wo ich die Review schreibe, könnte ich euch nicht mal wirklich erklären, wie die Zusammenhänge in dem Film genau sind.

Das war etwas, was mich ein wenig an dem Film gewurmt hatte. Ich meine, es kann auch sein, dass der Film nichts dafür kann, dass ich es nicht verstanden habe, aber dennoch fließt das ja doch irgendwie in die Bewertung des Films ein. Dann haben auch noch die Figuren ihre Erinnerung verloren, wodurch meine Verwirrung noch größer wurde. Ich fand es auf jeden Fall total verwirrend und leider hat es auch ein wenig die Unterhaltung vermindert. Man muss tatsächlich etwas mitdenken und auch etwas verstehen, damit man den Film vollkommen genießen kann. Zumindest ist das meine Ansicht.


Jedenfalls nimmt der zweite Teil deutlich dramatischere Züge an, was ich echt nicht erwartet hätte. Das ist ein großer Pluspunkt, genauso auch die ganzen Twists, die einen in ein Wechselbad der Gefühle werfen. Der Film kommt ständig mit Wendungen, wodurch man sich nie sicher sein kann, wohin die Reise gehen soll. Ich konnte mit den Figuren mitfühlen, mit ihnen mitfiebern und habe ihre Höhen und Tiefen durchlebt. Das sorgte auf jeden Fall für viel Abwechslung und natürlich Nervenkitzel. Am Ende geht es tatsächlich über die Alltagssorgen hinaus, um Leben oder Tod, sogar so weit, dass es nicht nur Mitsuha und Taki betrifft, sondern sehr viel mehr Menschen. Aus einer anfangs noch komischen, Supernatural Slice-of-Life-Story wird plötzlich eine dramatische Rettungsaktion. Das klingt echt komisch, aber wenn man das mal geschaut hat, haut es einen um. Insofern kann ich verstehen, weswegen der Film für so viel Aufsehen gesorgt hat. Es ist einfach die Art und Weise, wie die verschiedenen Genres neu miteinander vermischt werden, die den Film so einzigartig erscheinen lassen. Am Ende ist der Körpertausch auch gar nicht mehr so wichtig, sondern, dass eher, dass die beiden zueinander finden.


Das Ende ist für Shinkai´s Verhältnisse eigentlich ein totales Happy-End. Viele wissen ja, dass er ein Meister in bittersüßen und doch realitätsnahen Endings ist (siehe „5 cm per second“). Und der Film führt einen wieder an der Nase herum, wenn das Ende plötzlich total pessimistisch und traurig erscheint und dann auch noch einem bestimmten anderen Ende eines Animefilms ähnelt. Wo ich mir dann dachte: „Das kann es doch nicht gewesen sein!“ Tatsächlich hat sich der Macher dann wieder einen Wende erlaubt, die dann bei mir für Zufriedenheit sorgte. Es ist vielleicht nicht das perfekte Ende, aber das wäre wahrscheinlich auch zu kitschig. Ich fand es dennoch total schön, wenn auch traurig schön, dass die Erinnerung zwar verblasst ist, dennoch beide diese Unruhe in sich spürten, dass etwas Wichtiges in ihrem Leben fehlt und sie sich danach sehnen. Das ist alles aufgrund dieser Zeitsprünge und verschiedenen parallelen Welten zustande gekommen, wie ich mir das später zusammen gereimt hatte und erinnerte mich total an das Spiel „Zero Escape“, in denen die Figuren auch zwischen Zeitpfaden springen konnten, sich aber teilweise nicht mehr daran erinnerten.

Ich finde zwar die Vermischung der verschiedenen Science-Fiction und Supernatural-Elementen (Körpertausch, Zeitreisen, Parallelwelten) durchaus gelungen gemacht und sehr spannend, vermisste aber irgendwie eine Erklärung. Natürlich muss einem der Anime das nicht bieten, klar man kann seine Fantasie einsetzen, was weiß ich. Wenigstens für die Zeitreisen und Parallelwelten gab es so etwas wie einen Grund, aber nicht für den Körpertausch an sich, der war wahrscheinlich vom Zufall bestimmt.


Was ich noch kritisieren muss, ist die Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Hauptfiguren. Streng genommen lernen sich die beiden wirklich erst sehr spät im Film kennen. Davor wachen sie zwar im Körper des anderen auf, haben aber nicht direkt etwas miteinander zu tun. Die persönliche Ebene kommt erst spät, wo ich mich frage, wie die beiden so starke Gefühle zueinander entwickeln können, wenn sie sich eigentlich nicht wirklich kennen. Klar es ist schon eine unglaubliche Erfahrung im Körper eines anderen zu sein und man könnte meinen, dass das die persönlichste Erfahrung ist, näher kann man jemanden nicht kommen. Selbst wenn man jemanden sehr nahe ist, wird man niemals in der Lage sein, genau nachzuempfinden, wie der andere denkt und fühlt oder? Doch indem man in seinen Körper kommt, erhält man ja sozusagen Zugang zu seinem Inneren und erfährt, wie der andere sein Leben lebt. Man sieht die Welt durch die Augen des anderen und die Mitmenschen spiegeln dann auch den anderen durch ihre Meinungen über ihn wieder. 

Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine. Zumal so ein Körpertausch nicht alle Tage passiert, und wenn beide das gleichzeitig erleben, schweißt das schon zusammen. Sie haben auch eigentlich schon Kontakt zueinander, indem sie sich gegenseitig Notizen hinterlassen. Es ist keine direkte Kommunikation, sondern eine asymmetrische, aber sie ist vorhanden. Dennoch ist es etwas seltsam, dass die beiden so starke Gefühle zueinander entwickeln. Ich fand die eine Szene mit Mitsuha deswegen auch so verwirrend, weil sie plötzlich Zeichen von Eifersucht zeigte, wo ich mir dachte, warum? Klar im nach hinein kann man sich das selbst zusammen interpretieren, doch der Film widmet sich zu wenig eben dieser emotionalen Ebene. Wir sehen zu viel vom Äußeren, was mit den Figuren passiert, aber zu wenig von dem, was sie darüber richtig fühlen und wie zueinander stehen. Dadurch wurde mir auch die Entwicklung der Beziehung von Mitsuha und Taki nicht deutlich und verständlich. Mag sein, dass man zwischen den Zeilen lesen muss, aber etwas mehr Mühe hätte man sich da schon geben können.


Optik und Musik


Optisch ist der Werk von Makoto Shinkai natürlich wieder eine Meisterleistung, das muss man einfach sagen. Die Art und Weise, wie er die Landschaften malt und in Szene setzt ist ein wahrer Augenschmaus. Sie sind voller Details, voller Schönheit, dass man darin versinken können. Sie wirken auch erstaunlich realistisch, man merkt, dass viel Liebe, Zeit und Arbeit investiert wurde. Animationstechnisch war auch alles richtig gut. Das Charakterdesign war ungewohnt für ein Werk von Shinkai, sah für mich ein bisschen nach K-On aus, was aber nicht schlimm war. Ich mochte das niedliche Aussehen der Figuren und fand es auch passend.

Tatsächlich ist mir leider von der Musik nicht viel hängen geblieben und das obwohl die Musik bei den Werken von Shinkai eigentlich besonders schön ist. Das Einzige, was Eindruck bei mir hinterlassen hatte, waren die Songs, die immer mal zwischendurch in Schlüsselszenen, gespielt wurden. Ist ja auch verständlich, weil man die auch optisch gekennzeichnet hatte. Dennoch fand ich diese sehr schön und auch passend. Sonst ist aber musikalisch nichts negativ aufgefallen, die Klangkulisse hat sich immer der Story und Atmosphäre angepasst und sie unterstrichen. Die japanischen Synchronsprecher waren mal wieder gut und besonders loben muss ich die Synchronsprecherin von Mitsuha, die richtig auffiel und der Figur auch eine besondere Note verliehen hat. Aber auch die restlichen Synchronsprecher wurden gut auf die Figuren abgestimmt.


Fazit


Ich hatte durchweg einen sehr großen Spaß mit diesem Film, der für mich ein doch recht einzigartige Mischung aus verschiedenen Genres darstellte. Eine Liebesgeschichte gepaart mit bekannten Motiven, aber in einer erfrischenden Kombination und Darstellung machte für mich den Reiz am Film aus. Besonders loben muss ich die Erzählweise und vor allem auch wie mit den Erwartungen gespielt und viele Twists und Wendungen eingebracht wurden. Kritisieren muss ich leider aber, dass die Beziehung der Hauptfiguren und einige Stellen nicht ganz so nachvollziehbar waren. Dennoch kann man den Film genießen, vor allem mit dieser grandiosen Optik.

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