Samstag, 26. März 2016

Gelesen: Orange


 Inhalt:

Eines Tages entdeckt Naho Takamiya einen Brief, der von ihrem 10 Jahre älteren Ich aus der Zukunft stammt. Der Brief offenbart ihr ganz genau die Ereignisse des Tages inklusive des Umstandes, dass ein neuer Schüler namens Kakeru Naruse in ihre Klasse kommt.

Naho aus der Zukunft wiederholt immer wieder, mit welchen Schuldgefühlen sie zu kämpfen hat und möchte, dass ihr Vergangenheits-Ich alle Entscheidungen richtig macht, damit Kakeru gerettet werden kann. Denn es stellt sich heraus, dass Kakeru 10 Jahre später nicht mehr bei ihr sein wird...


Meine Meinung:

Ich habe den Manga schon viel früher einmal angefangen zu lesen, dann aber gestoppt, weil es erst hieß, dass er nicht fortgeführt wird bzw. es diesbezüglich Spekulationen gegeben hatte. Ich war darüber ziemlich traurig, weil ich den Manga von Anfang an sehr interessant und niedlich gefunden habe. Umso erfreulicher war es für mich dann, als ich dann erfuhr, dass der Manga doch weiter geht und nachdem er abgeschlossen war, habe ich ihn mir angenommen und bin echt froh darüber, ihn beendet zu haben.

Es mag auf den ersten Blick schon ungewöhnlich sein, dass ein Shoujo-Manga fantastische Elemente einbaut, aber ich finde, dass es durchaus mal eine Erfrischung ist, die vor allem auch recht gut mit der Problematik des Werkes verbunden wird. Denn wie ihr bereits aus dem Plot entnehmen könnt, ist dieser Manga ganz bestimmt keiner, den man mal so nebenbei lesen kann ohne emotional mitgenommen zu werden. Sicher, denkt ihr jetzt, bei jedem Shoujo wird auch mal gezwungenermaßen auf die Tränendrüse gedrückt, künstlich Dramatik erzeugt und das ist alles nichts neues und Spannendes. Dem möchte ich nicht widersprechen, finde aber, dass man das auf diesen Manga nicht unbedingt übertragen kann. Doch darauf komme ich im Laufe meiner Review zu sprechen.

Zeitreisen und Parallelwelten

Die Story wirft uns also direkt ins Geschehen und wir werden gleich mit dem großen Rätsel konfrontiert. Naho erhält einen geheimnisvollen Brief und der ist nicht von irgendwem, sondern von sich selbst 10 Jahre später. Man fragt sich, wie kann es sein, dass so etwas überhaupt möglich ist. Im Laufe der Handlung wird das ansatzweise erklärt, aber wer an so etwas nicht glaubt, der wird den Manga wahrscheinlich sehr unglaubwürdig empfinden. Aber mal ernsthaft, Manga und Anime spielen in ihren eigenen Universen mit eigenen Spielregeln und Gesetzen und Logik, da darf hat man auch schon absurdere Geschichten erlebt. Man muss sich eben vor Augen halten, dass das alles Fiktion ist, so hinnehmen und weiter lesen. Ich persönlich finde die Idee von Zeitreisen extrem anziehend und hoffe ja doch sehr, dass es irgendwie möglich wäre. Nebenbei möchte ich kurz einstreuen, dass es theoretisch schon möglich wäre in die Vergangenheit zu reisen, aber praktisch nicht. Wie das sein kann? Wenn ihr das wissen wollt, recherchiert am besten selbst. ;)

Um das sogenannte Zeitparadoxon zu umgehen, wird die Theorie der Mehrwelten eingebaut, was eigentlich nur bedeutet, dass es verschiedene parallele Welten gibt und Veränderungen in der Vergangenheit möglich sind, nicht das Zeit-Raum-Kontinuum gestört wird, weil jede Veränderung wiederum eine neue Parallelwelt eröffnet und alles so läuft wie gehabt. Auch dieses Konzept finde ich super spannend, habe es bisher in einigen Manga, Anime und Spielen in Erfahrung bringen können, aber doch seltener in Shoujo-Manga, was für mich eben das Packende an der Geschichte war.

Freundschaft


Aus diesen Umständen heraus wechselt die Story also immer wieder zwischen Vergangenheit und Zukunft, in denen wir stückchenweise in Erfahrung bringen, was eigentlich das Problem bei der Sache ist. Bevor ich es vergesse, es geht zwar primär um Naho und Kakeru, aber es betrifft sie nicht alleine, sondern eine Gruppe von Freunden, die zusammen versuchen Kakeru zu retten. Das ist bspw. Mal ebenso eine schöne Abwechslung, weil damit auch das Freundschaftsmotiv eingewoben wird, was meiner Ansicht nach bei diversen Genre-Vertretern sehr kurz kommt und in Shonen doch weitaus besser verarbeitet wird. Aber in diesem Manga hat man Freundschaft und Liebe fast gleichwertig nebeneinander stehen, was ich sehr schön fand.

Man wird bei den Szenen in der Zukunft emotional mitgerissen, kann sich mit den Figuren identifizieren und leidet dementsprechend auch mit ihnen. Ich fand die Dynamik der Gruppe sowohl in der Zukunft als auch in der Vergangenheit schön umgesetzt und das erinnerte mich auch an meine alte Schulzeit. Es war toll, wie gezeigt wurde, dass die Gruppe gemeinsam Spaß hatte, miteinander redete, aber eben auch trauerte und wie sich alle auch gegenseitig Halt gaben, fand ich sehr berührend. Der Zusammenhalt der Freunde sorgte immer wieder für herzerwärmende Momente, die ich noch gut in Erinnerung habe.

Freundschaft ist ein großer Aspekt in der Geschichte, der auf den zweiten wichtigen Schwerpunkt verweist. Wie ich schon angedeutet habe, ist dieser Shoujo-Manga nicht einer der üblichen Sorte, bei denen es um kleine Probleme im Alltag oder zwischen den Liebenden geht. Ein Grund , weswegen der Manga auch für etwas reifere Leser geeignet ist oder für solche, die sich nach etwas tiefgründigeren Geschichten sehnen. Das ist es tatsächlich, was mir ebenso in vielen Liebesgeschichten fehlt. Eine ECHTE Dramatik, mit ECHTEN Problemen, die einen aufwühlen! Und genau das, finde ich, hat mir der Manga gegeben. Natürlich gibt es auch viele lustige Szenen, die der reinen Unterhaltung dienen, über die man schmunzeln kann oder bei denen man dahin schmilzt. Immer wieder nimmt die Geschichte sehr ernste Töne an, was zu einer richtigen, ernst zu nehmenden Dramatik führt, die man selten in solchen Werken liest.

Große Probleme

SPOILER!


Kakeru ist nämlich kein gewöhnlicher Junge, wie es anfangs scheint. Er wirkt zu Beginn noch recht zurückhaltend, doch dank der Freunde von Naho, taut er sehr schnell auf und freundet sich mit der Gruppe an. Doch je länger die Freunde miteinander Zeit verbringen, desto deutlicher wird, dass Kakeru etwas zu verheimlichen hat. Zuhause scheint er Probleme zu haben... Es geht in dem Manga primär auch um den Verlust einer geliebten Person, der wichtigsten Bezugsperson nämlich der Mutter. Als ob das nicht schlimm genug wäre, ist Kakeru daraufhin nicht nur allein auf sich gestellt, sondern macht sich heftige Vorwürfe, weil er nicht für seine Mutter da gewesen ist, als sie ihn am meisten gebraucht hat. Und ab dieser Stelle wird es meiner Ansicht nach richtig düster und fast schon deprimierend. Es ist absolut nachvollziehbar wie Kakeru sich fühlt und sich daraufhin verhält. Es ist einfach nur menschlich und lässt ihn und auch die Geschichte authentisch wirken.

Kakeru macht sich eben schwere Vorwürfe indirekt für den Tod seiner Mutter verantwortlich zu sein und kann darauf hin einfach nicht mehr ein normales Leben führen. Egal was er tut, er wird von schweren Schuldgefühlen verfolgt, es macht ihn seelisch richtig kaputt und auch seine Freunde können ihm da nur schwer helfen, weil er einfach niemanden an sich heran lässt. Ich kenne das zu gut, dass man die eigenen Probleme und Gefühle herunter schluckt und gegenüber anderen so tut, als ginge es einem gut, obwohl dem so nicht ist. Alles, weil man glaubt, dass man es verdient hat oder man anderen keine Last sein möchte oder es sowieso niemand verstehen würde. All das kommt bei Kakeru zusammen. Das macht ihn mit der Zeit innerlich so fertig, dass er daran zweifelt, überhaupt am leben bleiben zu dürfen. Schließlich ist er ja verantwortlich für den Tod seiner Mutter, glaubt er zumindest... es fehlt ihm einfach an Kraft und an Sinn weiter zu leben und er fühlt sich schrecklich einsam und unverstanden..

Ich konnte mich wirklich sehr gut in ihn hinein versetzen, habe ich selbst ebenso eine solche Phase erlebt und fühlte ich mich umso mehr mit ihm verbunden. Das Ganze wird eben unverfälscht und tatsächlich realistisch geschildert, dass man Fiktion kaum von Realität unterscheiden kann. Damit spielt die Geschichte also auch mit der Todessehnsucht und dem Versuch sich selbst umzubringen. Es bleibt im Manga zunächst unklar, ob Kakeru es selbst getan hat oder alles ein Unfall gewesen ist. Das erfährt man erst nach und nach, je weiter man liest.

Damit wäre also der Kern der Handlung erzählt und auch der Ausgangspunkt der Geschichte. Wie schon in der Zusammenfassung erwähnt, weiß die Zukunfts-Naho, was mit Kakeru passiert und versucht nun über diese Briefe ihr Vergangenheits-Ich dazu zu bringen, dass Kakeru um am Leben bleibt. Nicht nur sie tut es, sondern auch alle anderen, was noch mal sehr schön die innige Freundschaft unterstützt. Sie alle leiden so sehr darunter, dass sie ihn verloren haben und würden alles dafür geben, damit er am Leben bleibt. Die Briefe enthalten Hinweise und auch Details über die jeweiligen wichtigen Ereignisse in der Vergangenheit, die in irgendeiner Weise das Schicksal des Helden beeinflussen. Nun liegt es also an der jungen Naho und ihren Freunden die Tipps umzusetzen. Doch zwischen Wissen und Handeln liegt eben ein großer Graben; die Theorie klingt immer einfacher als die Umsetzung und immer wieder kommen Dinge dazwischen, die das Vorhaben erschweren.

Schließlich sind Menschen ja keine Roboter, die auf Knopfdruck alles perfekt ausführen können. In vielen Situationen könnte man von menschlichem Versagen sprechen, wenn im Eifer des Gefechts Sprachlosigkeit herrscht, die falschen Worte ausgesprochen werden, Gefühle nicht kontrolliert werden oder man eben das Falsche tut oder unvorhersehbare Dinge geschehen. Immer wieder erkennen die Figuren, dass das Schicksal aus ihnen Händen gleitet und sie müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass das Schicksal manchmal nicht zu ändern ist. Darauf kommt es also im Manga vorwiegend an. Alles zielt darauf ab, dass Kakeru fester in die Gruppe eingebunden wird und das Gefühl bekommt, dass er nicht allein ist und es immer einen Sinn im Leben gibt. Natürlich ist es schwer, auf die Gefühle anderer Einfluss zu nehmen, aber die Freunde versuchen ihr Bestes um alles zum Positiven zu lenken.

Die Liebesgeschichte


Eingebunden wird der Rettungsversuch in die Annäherung von Naho und Kakeru. Von Anfang an weiß man, dass die beiden füreinander bestimmt sind, doch wie in Liebesgeschichten üblich bleibt es offen, wie sie sich bekommen. Außerdem werden dem zukünftigen Paar immer wieder Steine in den Weg gelegt, was das Ganze erschwert. Und hier bin ich tatsächlich im Zwiespalt bezüglich meiner so guten Meinung zum Manga. Bisher habe ich nichts auszusetzen gehabt und ich finde auch, dass die Beziehung zwischen den beiden Protagonisten sehr niedlich gestaltet ist. Was mich aber doch stört ist, dass in der Hinsicht einfach zu viele Klischees aufkommen, sodass vieles einfach vorsehbar wird. Trumpft der Manga mit dem Plot und der ernsten Thematik, schwächelt er jedoch bezüglich des Beziehungsverlaufs der beiden Figuren. 

Ich fand es zwar schön, wie die Beziehung umgesetzt wurde, die Chemie stimmt zwischen den beiden, sie passen gut zusammen und man hat immer wieder Momente, in denen man von der großen Liebe zu träumen beginnt. Aber so wirklich umhauen tut es einen nicht, weil doch vieles schon sehr oft genutzt worden ist. Da wäre die Freundin von Kakeru zu nennen, die später auch Naho terrorisiert. Oder die vielen Missverständnisse, weil man nicht das aussprechen konnte, was man wollte. Oder weil Naho einfach zu dämlich ist, zu kapieren, dass Kakeru in sie verliebt ist. Einfach zu viele Klischees, die einen auf Dauer schon stören. Da fehlt die Abwechslung, die zeitweise aber durch die anderen Aspekte wieder eingebracht wurde.

Was ich wiederum aber schön fand, war, dass der beste Freund von Kakeru Suwa, soweit ich mich noch erinnern kann, im Zwiespalt war. Denn in der Zukunft ist er mit Naho verheiratet und beide haben auch ein Kind. Einerseits möchte er diese Zukunft bewahren, will aber auf der anderen Seite seinen besten Freund nicht verlieren. Nun kann er das nur verhindern, indem er ihn mit seiner Geliebten zusammen bringt. Er steht also vor einer sehr harten Entscheidung, die man niemanden zumuten will. Ich fand seine Entscheidung ganz gut und nachvollziehbar, hatte aber schon sehr Mitleid mit ihm gehabt. Wie immer gewinnt aber eben der Protagonist das Herz der Heldin, das dürfte ein weiteres Klischee bestätigen.

Die Figuren



Was ich wiederum bemängeln muss sind die Figuren an sich, die doch sehr stereotyp sind. Sie sind alle so einfach gehalten, damit man sich leichter mit ihnen identifizieren und mit ihnen sympathisieren kann, was ja nur dem Manga zu Gute kommt. Doch ich finde, dass man bezüglich der Charakterentwicklung ebenso mehr in die Tiefe hätte gehen können, das hätte sich doch angeboten. Am besten fand ich noch Kakeru, der zwar anfangs auch noch sehr musterhaft wirkte (sportlich, gutaussehend, liebenswert), aber durch seine Hintergrundgeschichte eben doch mehr Facetten bekommen hat. Dagegen sehr blass wirkte meiner Ansicht nach Naho, die wirklich repräsentativ für eine Shoujo-Heldin steht. Sie ist naiv, zu liebenswert, schüchtern und kaum auffällig und dennoch hat Kakeru ein Auge auf sie geworfen. Sie wirkt an vielen Stellen sehr schwach, hat kaum Durchsetzungskraft und wirkt echt langweilig. Das einzig Positive ist eben ihr Engagement, da beweist sie wirklich Durchhaltewillen, aber das war es dann schon. Ansonsten wäre an ihr kaum etwas erwähnenswert.




Die anderen Figuren schneiden sogar noch schlechter ab. Ich mag die Gruppe um Naho schon, zumindest die Gruppe als Ganzes und ihre Dynamik und deren Freundschaft zueinander. Doch die einzelnen Figuren sind doch sehr simpel und haben kaum Wiedererkennungswert, sodass ich mich sogar nicht mal an die Namen erinnern kann. Wir haben z.B. noch Suwa, der Sportsfreund, kleiner Klassenclown, der sehr abenteuerlustig, aufgeschlossen und selbstbewusst ist. Er steckt immer voller Freude und steckt andere damit an. Man könnte ihn als treibende Kraft der Gruppe bezeichnen und tatsächlich ist er es, der die Situationen immer rettet, wenn Naho mal nicht mehr kann. Ihn habe ich noch am besten in Erinnerung und fand ihn auch sehr nett.

Dann haben wir noch ein Mädchen, dass ziemlich frech und mädchenhaft und eben auch voller Energie ist. Dem gegenüber steht ein eher zurückhaltender Junge, der intellektuell, etwas snobistisch und eigen wirkt. Dann hätten wir schlussendlich noch ein eher ruhiges, strenges Mädchen, was aber sehr grimmig schaut, aber eigentlich von Herzen gut ist. Alles Charaktere, die man schon mal gesehen hat und die keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Am meisten bin ich aber echt von der Protagonistin, bei der man doch am meisten Tiefe erwartet. Außerdem hätte ich mir gewünscht, dass man nicht nur auf die Nebenfiguren mehr eingeht, sondern auch auf deren Beziehungen innerhalb der Gruppe, damit man noch einmal mehr Nebenhandlungen hat. So wirken die Nebenfiguren doch eher wie Statisten, die man leicht austauschen kann.


Zeichenstil:

Ich muss sagen, ein Grund, weswegen ich den Manga sehr gern gelesen habe, war der Zeichenstils. Ich mag ihn echt sehr auch wenn er dem typischen Zeichenstil von Shoujo-Manga mehr als nur entspricht. Aber auch hier gibt es ja immer Unterschiede in der Qualität und ich finde, die Mangaka gehört zu denen, die wirklich sehr sauber, akkurat und schön zeichnen kann, sodass es kaum zu Mängeln in der Gestaltung und den Proportionen kommt. Darüber hinaus sehen alle Figuren sehr schön aus, haben zumindest optisch Wiedererkennungswert und sind auch ausdrucksstark. Ich mag ihren Zeichenstil, der zwar typisch ist, aber dennoch seinen eigenen Charme besitzt und eben fast perfekt aussieht.


Fazit:
Schlussendlich kann ich sagen, dass ich den Manga auf jeden Fall jedem Fan von Liebesgeschichten, aber auch dramatischen Storys ans Herz lege, denn es werden große Gefühle und Probleme angesprochen, die jeden berühren werden. Außerdem wird die Geschichte noch in einen wunderschönen Zeichenstil verpackt. Bemängeln muss ich jedoch trotz des kreativen Plots die Umsetzung der Liebesgeschichte, die voller Klischees steckt sowie auch die stereotypen Figuren. Dennoch bleibt es dabei, der Manga transportiert sehr gut eine interessante, emotional ansprechende Geschichte mit Tiefgang, schafft eine herzerwärmende Beziehung zwischen den Protagonisten und widmet sich verstärkt dem Thema Freundschaft.



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