Willkommen
zum zweiten Teil meiner kurzen Reihe zu sozialen Tabus in Manga- und
Animewelten! Auch in diesem Beitrag werde ich allgemein auf kritische
Themen eingehen und euch einige Beispiele vorstellen, die diese
behandeln. Die einen oder anderen „sozialen Tabus“ oder
problematischen Themen, über die man in der Öffentlichkeit ungern
redet, werden besonders in Manga sehr gerne als Basis verwendet und
von der Community auch nicht weiter diskutiert. Bei einigen könnte
man denken, dass sie sogar wirklich akzeptiert und gern gesehen
werden und nun stellt sich mir die Frage, warum sie so anziehend
sind.
Persönlichkeitsstörungen
und andere psychische Probleme
Beginnen
wir mit den sogenannten Persönlichkeitsstörungen, die wir nicht
selten, sondern teilweise in fast jedem Anime oder Manga finden
können. Was versteht man eigentlich darunter? Wie eigentlich der
Name schon verrät, handelt es sich um Probleme und Defekte der
Persönlichkeit. Das setzt voraus, dass gewisse Verhaltens- und
Denkweisen der betroffenen Person nicht der Norm entsprechen, stark
davon abweichen. Soweit, dass sie eine Gefahr für sich selbst und
die Gesellschaft darstellen können. Es gibt eine Vielzahl an
Persönlichkeitsstörungen und ich kann und will auch gar nicht auf
alle eingehen. Nur auf die, die auch für Manga und Anime relevant
erscheinen. In diesen werden gerne überzogene Figuren eingeführt,
doch manche wirken so obsessiv und unrealistisch, dass man sich
eigentlich nicht mit ihnen identifizieren kann. Und dennoch scheinen
sie sich einer großen Beliebtheit zu erfreuen. Wie kommt es dazu?
In
meinem Beitrag zu Charaktertypen in Animanga
bin ich bereits auf den Stereotyp „Yandere“ eingegangen. Eine
Yandere, meist eine weibliche Person, mag nach außen recht süß und
unschuldig wirken, doch in Wahrheit ist das alles nur Fassade. Sobald
jemand ihrem Geliebten ein Haar krümmt oder irgendeine Rivalin
versucht, einen Schritt auf ihn zuzugehen, verändert sich ihr
Charakter um 360 Grad. Das liebliche Mädchen verwandelt sich in ein
krankhaftes, wahnsinniges, obsessives Monster, dass zwar einerseits
von krankhafter Liebe und Leidenschaft erfüllt ist, aber emotionslos
andere Nebenbuhler abschlachten kann. Gutes Beispiel wäre das Ende
von School Days, auf das ich nicht weiter eingehen möchte. Es ist
wirklich ziemlich gewöhnungsbedürftig...
Auf
der anderen Seite haben wir die „Yangire“, die mit der „Yandere“
die Gewalttätigkeit gemeinsam hat, wobei erstere kein abweichendes
Verhalten aufgrund von Liebeswahn entwickelt. Meist hat das brutale,
irrationale Verhalten seinen Ursprung in einer wirklichen
Persönlichkeitsstörung, aufgrund von Traumata oder anderen
schlimmen Erlebnissen. Hier haben wir es also mit dem klassischen
Fall von Persönlichkeitsstörung zu tun, der aber nicht minder
unterschätzt werden darf. Yangire wie auch Yandere sind beide
unberechenbar und man sollte sich wirklich vor ihnen hüten. Ein
typisches Beispiel, was mir in den Sinn käme wäre Rena aus
„Higurashi“, die wirklich anfangs noch so süß und niedlich
erscheint, aber sich als totale Psycho-Tante entpuppt.
Regelrecht
schockiert war ich beim Anime „Higurashi“ auch , weil eigentlich
jede Figur, die nahezu normal wirkte, irgendwann einmal durchdrehte.
Den Grund möchte ich nicht verraten, weil dies ein heftiger
Plottwist wäre, den ich einigen dann vermiesen würde. Jedenfalls
sind die Figuren zwar nicht von Liebe getrieben, aber sie entwickeln
ebenfalls gewalttätige Züge und man erkennt sie eigentlich
überhaupt nicht wieder.
Nun
sind sowohl Yangire wie auch Yandere etablierte Charaktertypen in
Anime und Manga und sie sind nicht gerade unbeliebt, möchte ich
meinen. Nun frage ich mich, was der Grund dafür sein könnte. Ganz
ehrlich, ich kann mit solchen Figuren eher nicht sympathisieren oder
mich identifizieren, auch wenn viele Figuren dieser Art schwere
Probleme haben. Generell ist Gewalt nicht so mein Geschmack und ich
finde diesen Gegensätze von Unschuld/Niedlichkeit und Gewalt
generell gewöhnungsbedürftig. Ein Grund, weswegen ich „Happy Tree
Friends“ schon immer nicht mochte und sehr erschüttert gewesen
war, als ich es damals geschaut hatte.
Ich
glaube, damit habe ich schon gute Gründe gefunden, weswegen diese
brutalen Charaktere gerne gesehen werden. Zum einen wäre natürlich
das Gewaltpotenzial entscheidend. Gewalt kommt anscheinend gut an
genauso wie Sexualität. Auf der anderen Seite sind diese Figuren
natürlich sehr spannungsreich und widersprüchlich und eben
unberechenbar. Man weiß nie genau, woran man bei den Figuren ist,
insofern wirken sie geheimnisvoll und unergründlich. Und diese
Spannung der Gegensätze wird scheinbar von vielen Fans gemocht, denn
Tsundere lassen sich ja auch auf dieses Schema reduzieren. Einerseits
nach außen brutal und gemein, aber im Inneren doch total zahm wie
ein Lahm, hier haben wir es eigentlich genau anders herum.
Bei
Yandere kann ich mir vorstellen, dass deren Liebessehnsucht bei
Rezipienten Mitleid vielleicht auch Sympathie weckt, weil man
verstehen kann, dass jemand alles aus Liebe für eine andere Person
tun würde. Dennoch finde ich das persönlich sehr erschreckend, wenn
man aus Liebe über Leichen geht. Ist es eventuell vielleicht auch
ein japanisches Phänomen mit diesen Charaktertypen? Sicherlich sieht
man auch in Filmen und Büchern hin und wieder wahnsinnige Personen,
aber in der Art und Weise (niedlich und doch gewalttätig) eher
selten.
Vielleicht
hat es auch generell etwas mit der Doppelseitigkeit japanischen
Verhaltens zu tun (siehe Honne und Tatemae). Die gesellschaftliche
Seite, sprich die gute und unschuldige Seite, wird aufrecht erhalten,
weil man so besser mit den Menschen zu recht kommt. Aber im tiefsten
Inneren gibt es da gewalttätige Bedürfnisse, die eigentlich dem
wahren Ich entsprechen, jedoch unterdrückt werden müssen. Das führt
dann zu einem Konflikt bei den Figuren. Doch irgendwann bricht eben
die gewalttätige wahre Seite der Figuren heraus, nimmt Überhand und
somit könnte man von einer Art gesellschaftlichen Befreiung
sprechen. Nun muss man sich aber auch fragen, was denn nun das wahre
Ich dieser Figuren ist. Muss die gewalttätige Seite die wahre
Persönlichkeit sein oder müsste man nicht beide Seiten betrachten?
Ein sehr interessantes Thema, das einen eigenen Artikel verdient.
Wir
sind mit den Persönlichkeitsstörungen noch nicht fertig. Es gibt
soweit ich weiß nicht viele Manga oder Anime, die sich mit sozialer
Phobie befassen, aber ich bin darauf gestoßen, als ich den Manga
Watashiga Motenai no wa Dou Kangaete mo Omaera ga Warui!
gelesen
hatte. In dem Manga wird eigentlich schon sehr böse und satirisch
mit einem Mädchen umgegangen, was deutlich Probleme im sozialen
Umgang hat. Sie leidet stark unter sozialer Phobie, kann kaum mit
Personen normal sprechen und lebt eigentlich fast nur für sich
allein. Doch als wäre das nicht schlimm genug, hat sie auch ein
verzerrtes Bild ihrer Mitmenschen und Umwelt, denkt, dass alle gegen
sie sind und ist voller Zynismus und Bitterkeit. Eigentlich befasst
sich der Manga nicht ernsthaft mit ihrem Schicksal, sondern lässt
sie regelmäßig in Fettnäpfchen treten, sodass der Leser eigentlich
darüber lachen sollte. Man merkt, dass das Thema hier nur
Comedy-Einlage ist und das finde ich ehrlich gesagt schon so
mitleidserregend und traurig, dass ich den Manga nicht weiter lesen
konnte. Bis zu einem bestimmten Punkt geht das noch, aber irgendwann
deprimiert es einen schon sehr, wenn die Figur sich kaum weiter
entwickelt. Jedenfalls finde ich es interessant, dass es überhaupt
einen Manga gibt, der sich mit diesem sensiblen Thema befasst, auch
wenn ich seine Umsetzung fragwürdig finde.
Ein
anderes Thema, was ebenfalls an die Substanz geht und etwas mit
psychischer Instabilität zu tun hat, wäre die Selbstverletzung und
Suizid in Manga und Anime. Besonders Suizid finde ich in Bezug auf
Japan sehr interessant, weil ich glaube, dass dort die
Wahrscheinlichkeit für Selbstmord sehr viel höher ist als in
anderen Ländern. Natürlich muss man das mit Statistiken beweisen.
Aber ich denke schon, dass dies plausibel ist, wenn man sich nur
anschaut, wie groß der Leistungsdruck bereits in Schulen und später
im Beruf ist und viele unter Burn-Out leiden. Hinzu kommt neben dem
Druck auch noch das teilweise massive Mobbing, was auch zusetzt. Und
der Konformitätszwang und der Notwendigkeit immer das Gesicht zu
wahren. Jedenfalls denke ich in der Hinsicht an den Manga „LIFE“,
bei dem das Thema Selbstverletzung und Suizid wirklich eindringlich
rüber gebracht wird. Nicht viele Manga befassen sich mit diesen
problematischen Themen, deswegen kann ich euch diesen Manga nur ans
Herz lesen. Ich hatte in früheren Texten schon einmal davon
geschrieben.
Die
Geschichte erzählt von einem jungen Mädchen namens Ayumu, die
eigentlich ein normales Leben führt, bis sie die Aufnahmeprüfung
für ihre angestrebte Oberschule besteht. Die Freude hält nicht
lange an, denn ihre vermeintlich beste Freundin hat es nicht
geschafft und hasst sie nun aus tiefstem Herzen, weil sie glaubt,
Ayumu hätte sie nur ausgenutzt beim Lernen. Von da an geht es im
Manga eigentlich nur noch bergab. Zwar lernt Ayumu andere Mädchen
kennen, diese entpuppen sich aber als fiese Mobber, als sie
zufälligerweise mit dem Freund von einer gesehen wird. Dabei ist
dieser Freund auch ausgerechnet ein Sadist, nötigt sie sexuell und
erpresst sie auch noch. Das alles klingt schon sehr übertrieben,
dass ausrechnet so viel Schlimmes einem kleinen Mädchen passiert.
Das Lesen wühlt entsprechend das Gemüt sehr auf.
Der
Manga „Confidential Confessions“ ist auch einer meiner Lieblinge,
wenn es um gesellschaftliche und psychische Probleme geht. Hier
findet man in den Bänden Kurzgeschichten, die sich mit Selbstmord,
Vergewaltigung, Mobbing, Selbstverletzung und sogar Drogenmissbrauch
befassen. Ich erinnere mich an eine Geschichte, bei der ein Mädchen
so einen großen Leistungsdruck in der Schule erfährt, dass sie
keine andere Möglichkeit mehr sieht, als Drogen zu nehmen. Diese
stimulieren sie geistig, wodurch sie Höchstleistungen erbringen
kann, doch mit der Zeit wird sie immer süchtiger danach. Nach dem
Höhenflug folgt der Absturz...Sehr tragisch, aber veranschaulicht
sehr gut wie Leistungsdruck besonders in Japan zu Burn-Out führen
kann.
Soweit
ich weiß, werden solche Geschichten mit Burn-Out und
Selbstverletzung eher weniger behandelt als bspw. diese mit
Charaktertypen. Woran das liegt? Ich denke mal, dass die ersteren
Themen realitätsnaher sind, als solche übersteigerten Figuren,
zumal da die Sensationslust eher durch Gewalttaten gestillt wird.
Natürlich sind solche Persönlichkeitsstörungen nicht weniger ernst
zu nehmen, aber durch die Charaktertypen werden sie eben übertrieben
und auch nicht wirklich ernst behandelt. Sie dienen wirklich nur dazu
um Spannung und Gewalt hinzuzufügen. Doch bei Geschichten wie „LIFE“
stehen solche Themen wirklich im Vordergrund und wirken
authentischer. Doch wer möchte schon gerne solche problematischen
Themen konsumieren, wenn er eigentlich lieber durch Manga und Anime
abschalten will? Das ist auch so eine Sache.
Warum
konsumieren wir denn so etwas überhaupt? Doch nur aus Unterhaltung
und weil man der Realität kurz entfliehen will. Wer möchte sich in
seiner Freizeit solchen Problemen schon widmen? Also ich bin für
beides, ich möchte sowohl unterhalten werden, aber auch nachdenken
können. Und manchmal habe ich es auch satt, immer die gleichen,
unrealistischen Settings und Geschichten zu sehen, ich möchte auch
mal etwas, was näher an meiner Realität ist und dann lese ich so
etwas wie „Confidential Confessions“. Das sind dann Geschichten,
die nicht unterhalten wollen, zumindest verspüre ich beim Lesen
jetzt nicht unbedingt gute Laune. Es sind Geschichten, die uns zum
Nachdenken anregen, die uns zwar die Stimmung teilweise vermiesen
können, die meiner Ansicht nach mehr meinen Horizont erweitern als
andere Stories.
Sexualität
und sexuelle Identität
Verlassen
wir nun den Themenbereich Persönlichkeitsstörung und widmen uns dem
Thema Sexualität und sexuelle Identität. Ein Thema, was besonders
meiner Ansicht nach im Manga und Animebereich zu finden ist, lautet
Crossdressing – wenn man praktisch in das andere Geschlecht
schlüpft. Wir kennen alle solche Geschichten wie „Ouran Highschool
Host Club“, die Crossdressing als Vorlage für Missverständnisse,
Versteckspiele und lustige Szenen verwenden. Hier wird das Thema also
eigentlich eher zum Lachen verwendet. Dann gibt es aber auch seltene
Exemplare, die sich ernsthaft mit Crossdressing und den Konsequenzen
befassen wie der Manga „Yubisaki Milktea“. In diesem Manga muss
der Junge Yoshinori als Model für seine Schwester her halten, findet
daran aber Gefallen weibliche Klamotten zu tragen. Anfangs ist es nur
ein Spiel, doch zunehmend wird dies zu einem wichtigen Lebensinhalt.
Doch die Pubertät kommt ihm in die Quere und er flieht davor ein
wirklicher Mann zu werden.
Hin
zu kommt auch noch das Dreiecksverhältnis mit seiner Mitschülerin
und seiner Sandkastenfreundin. Dann verliebt sich noch sein bester
Freund in sein weibliches Ich und auch Yoshinori bemerkt, dass er es
ebenfalls liebt. Wie geht man also damit um, wenn man in sich selbst
verliebt ist und seinem weiblichen Ich näher kommen will? Wirklich
sehr kompliziert und manchmal sehr verwirrend. Der gesamte Manga ist
eigentlich eher pessimistisch angehaucht, die Leichtigkeit fehlt und
das hinterlässt ein mulmiges Gefühl beim Lesen. Alle Figuren wirken
zwiespältig und widersprüchlich, so richtig Sympathie kommt für
keine Figur auf, aber das alles macht sie auch glaubwürdiger.
Jedenfalls finde ich es schon mal interessant, dass ausnahmsweise ein
Junge zum Mädchen wird, meist haben wir doch eher das Gegenteil. Und
dann ist es nicht nur einfach Spielerei, sondern wird eine ernste
Sache, die zum psychischen Dilemma wird.
Ein
anderes Beispiel für sexuelle Identität in Manga haben wir bei
„Himegoto - juukyuusai no seifuku“. Die Protagonisten sind ein
burschikoses Mädchen, was von klein auf sich jungenhaft angezogen
und verhalten hat, aber sich danach sehnt sein weibliches Ich zu
entfalten und ein Junge, der in seiner Freizeit die Klamotten seines
Schwarms anzieht und genauso wie sie aussieht, um ihr näher zu
kommen. Dabei ist er eigentlich heterosexuell, schläft mit
verschiedenen Frauen, findet aber Gefallen an weiblicher Kleidung.
Der Manga ist schon an sich sehr sexuell geladen und birgt mehrere
problematische Themen, auf die ich noch zu sprechen komme. Jedenfalls
fand ich aber diese Konstellation der beiden Hauptfiguren, die aus
verschiedenen Gründen männlich oder weiblich verhalten,
interessant.
Des
Weiteren freundet sich der Junge mit dem Mädchen an, möchte aber
nur wirklich eine Freundschaft zwischen Freundinnen haben, sprich, er
unternimmt verkleidet als Mädchen etwas mit der Protagonistin, die
aber eigentlich in ihn verliebt ist. Und dann wäre noch das dritte
Mädchen, was der Schwarm des Jungen ist und in die männliche Seite
der Protagonistin verliebt ist. Ganz schön verwirrend, wenn ihr mich
fragt, aber durchaus ein interessanter Manga, der sich mit den tiefen
Gelüsten und Abgründen der menschlichen Psyche befasst. Bestimmt
nicht für jeden etwas, so viel sei gesagt. Was ich daran so spannend
finde ist auch hier die Widersprüchlichkeit der Figuren zwischen
dem, was sie tun und dem was sie eigentlich wollen. Schein und Sein
verschwimmen hier deutlich und vor allem die sexuellen Begierden sind
sehr komplex dargestellt.
Bezüglich
sexueller Identität fällt mir auf, dass es sehr wenige Beispiele
für Transgender gibt. Dieses Phänomen beschreibt Personen, die
obwohl sie weibliche oder männliche Merkmale aufweisen, sich mit
deren sexueller Identität nicht vereinbaren können. Sie empfinden
sich nicht als Männer, obwohl sie biologisch eindeutig Männer sind,
sondern fühlen sich mehr wie Frauen. Und darum handelt zum Teil auch
der Manga „Bokura no Hentai“, bei dem sich drei Jungen aus
verschiedenen Gründen als Mädchen verkleiden. Der eine hat es
getan, weil er die verstorbene Schwester für die Mutter ersetzt. Der
andere zieht sich wie ein Mädchen an, weil sein früherer Geliebter
es so wollte und er ihm gefallen will. Und der dritte im Bunde möchte
einfach nur ein Mädchen sein und im Verlauf der Handlung wird er das
auch offiziell, was zu Komplikationen zwischen den Figuren führt.
Ich
weiß nicht ob ihr das auch so seht, aber ich finde das Thema schon
ziemlich spannend. Schade ist es, dass es in Manga, in Anime noch
seltener angesprochen und behandelt wird. Es ist eben noch immer ein
ziemliches Tabu-Thema, was komisch ist. Denn andere Tabus wie Inzest
oder Vergewaltigung werden viel öfter angesprochen als dieses,
obwohl sie nicht weniger problematisch sind. Spielt da vielleicht der
Faktor Sexualität mit rein, in dem Sinne die körperliche?
Vergewaltigung, das muss man sagen, wird gerne in solchen erotischen
Manga und besonders in Hentai integriert und Inzest sowieso. Bruder-
und Schwesterkomplex scheint ebenfalls populär zu sein, auch wenn
das nicht unbedingt Inzest beinhalten muss. Ich denke mal, dass dann
andere Themen, die sich aber mehr mit der inneren Sexualität
befassen, weniger aufgearbeitet werden, weil sie scheinbar weniger
reizvoll für die Umsetzung wären und generell noch etwas
komplizierter sind.
Gleichgeschlechtliche
Liebe
Wo
wir schon mal bei der Sexualität wären, darf natürlich dieses
Thema auf keinen Fall fehlen: Homosexualität. Es kann nicht
abgestritten werden, dass es einfach total beliebt ist, was man schon
daran sieht, dass es feste Genresbezeichnungen wie Boys Love, Girls
Love, Shonen Ai, Shoujo Ai und Yaoi und Yuri dafür gibt. Besonders
Boys Love wird in Deutschland sehr gerne gelesen und ich muss
wahrscheinlich nicht erklären, worum es geht oder? Die Namen
sprechen für sich. Jedenfalls frage ich mich, weswegen diese so
gerne konsumiert werden. Besonders Boys Love ist bei Frauen beliebt,
während Girls Love scheinbar nicht mithalten kann. Überhaupt warum
liest man als Frau Geschichten, in denen sich Männer lieben? Dazu
gibt es bestimmt sehr viele Meinungen und ich will auch nur meine
eigenen Gedanken dazu äußern.
Zum
einen nehme ich an, dass es einfach schon mal ästhetisch schöner
aussieht, als wenn Frau und Mann sich lieben. Besonders Boys Love hat
wie ich finde die hübscheren Männer und Jungs und wenn man zwei
nackte Männer sieht, ist das schon mal ein Augenschmaus. Für einige
denke ich mal, ist diese gleichgeschlechtliche Liebe auch einfach
reiner, als zwischen Männlein und Weiblein. Vielleicht ist da auch
weniger die Eifersucht oder der Neid auf eine Protagonistin da, die
in BL einfach nicht vorhanden ist. Dort haben wir zwei Männer, man
muss auf keinen eifersüchtig oder neidisch sein. Ich habe zwar nicht
viele Manga dieses Genre gelesen, aber finde, dass der Sex sehr viel
rabiater aussieht als beim heterosexuellen Pendant. Vielleicht bilde
ich mir das auch ein, korrigiert mich wenn ihr das anders seht. Und
dann wäre der Aspekt des eigentlich Verbotenen dabei, weil es ja
gesellschaftlich immer noch etwas verpönt ist. Den heterosexuellen
Sex kennt man ja eigentlich, doch der homosexuelle ist da doch
exotischer oder besonderer. Mir fällt aber auf, dass weniger auf
gesellschaftliche Normen oder was die Gesellschaft davon hält,
geachtet wird. Ich habe vielleicht auch zu wenig Manga dieser Sorte
gelesen, um das zu beurteilen, aber kann es sein, dass die
gesellschaftliche Problematik etwas außen vor steht?
Nun
zu der anderen Frage: Warum ist Boys beliebter als Girls Love oder
warum lesen mehr Frauen das erstere und weniger das zweitere? Bei
Girls Love fehlt einfach denke ich mal das eindeutig Körperliche.
Ich will nicht sagen, dass Sex zwischen Frauen weniger gut ist oder
so, aber es hat vielleicht nicht die wirkliche Anziehung? Es ist
schwer in Worte zu fassen. Wobei ich weiß, dass viele Männer es
gerne haben, wenn sie zwei Lesben miteinander herum machen sehen. Die
Denkweise ist da ähnlich wie bei Boys Love. Zwei hübsche Frauen,
kein Mann, keine Gefahr und doppelte Schönheit, wenn ihr versteht,
was ich meine.
Enjokosei
Zurück
zum Manga „Himegoto juukyuusai no seifuku“. Hier finden wir im
Bezug zur Sexualität noch etwas anderes, nämlich die
Gelegenheitsprostitution, die besonders in Japan öfter praktiziert
wird als in anderen Ländern. Was versteht man denn unter
„Enjokosei“. Schulmädchen wollen sich gerne mal Designersachen
leisten, aber das Taschengeld reicht nicht aus. Was also tun? Am
besten auf der Straße einige Männer anbetteln, mit ihnen ausgehen
oder vielleicht mit ihnen schlafen, um das Taschengeld aufzubessern.
Das wäre salopp formuliert die Gelegenheitsprostitution. Wenn man
eben nicht genug Geld hat, geht man kurz anschaffen, dauert nicht
lange, ist auch keine harte Arbeit und man kriegt viel mehr Geld, als
wenn man Jobben würde. Klingt doch nicht schlecht oder?
Inwiefern
das moralisch gut ist, ist eine andere Frage. Jedenfalls finden wir
diese Art der Prostitution in nicht so vielen Manga. Spontan fällt
mir eigentlich nur „Himegoto“ ein, bei dem das eine Mädchen,
scheinbar sehr unschuldig und liebenswürdig nach außen hin, sich
heimlich als Schülerin (obwohl sie Studentin ist) ausgibt und mit
alten Männern schläft. Nicht mal aus reiner Geldgier, sondern weil
sie das Bedürfnis hat, diese zu demütigen oder ein gewisses
Machtgefühl zu genießen.
Legitimes
Töten von Menschen – Death Note, Darwin´s Game, Battle Royale
Dass
Gewalt besonders in Shonen-Manga wie auch Anime gezeigt wird, ist ja
nichts Neues und darüber muss man nicht diskutieren. Aber diskutabel
finde ich doch solche Survival-Geschichten, in denen es um Leben oder
Tod geht. Das Töten wird legitim aus verschiedenen Gründen und
führt gerne mal zu moralischen Debatten. Ein Ausnahmebeispiel wäre
„Death Note“
, in
dem ein Schüler ein Buch findet, mit dem er Menschen töten kann. Er
tötet zwar nicht wahllos Leute, sondern nur Kriminelle, was ja nicht
so schlimm ist oder? Das könnte man sich fragen. Ich hatte in einer
Review mich dazu schon ausführlich geäußert und will dazu nur
sagen, dass das Töten in Manga und Anime eigentlich als
gesellschaftliches Tabu gerne mal verarbeitet wird und teilweise
kreative wie auch absurde Formen annimmt.
Death
Note finde ich noch am interessantesten, gerade weil man hier
wirklich sehr viel über Moral diskutieren kann. Dann gibt es aber
noch Survival-Manga wie „Battle Royale“ oder „Darwin´s Game“,
die da eine andere Richtung einschlagen. Bei ersteren sind die
Schüler gezwungen sich gegenseitig zu töten, sondern sterben sie so
oder so. Nur einer kann überleben so viel steht fest. Klar kommt man
ins Dilemma, weil man ja überleben will. Ist man bereit einen
anderen Menschen zu töten, um sein Leben zu beschützen?
Dann
haben wir noch solche Geschichten, wie „Darwin´s Game“ in denen
das Töten dann doch eher zu einem Spiel wird, weil die Figuren ja
nicht töten muss. Aber sie tun es dennoch, weil sie dadurch viel
Geld gewinnen. Da kann man sich auch fragen, wie weit Menschen gehen
würden, um eben zu Reichtum zu gelangen. Im Manga werden ja
verschiedene Gründe gegeben, weswegen die Leute andere umbringen.
Meist doch nur, weil sie Schulden haben oder sich etwas bestimmtes
leisten wollen.
Es
wird deutlich, dass es eigentlich nicht so viele Manga oder Anime
gibt, bei denen die Figuren aus Spaß unschuldige Menschen töten.
Man kann also sagen, dass Manga und Anime da schon aufpassen, dass
sie da nicht zu moralisch verwerflich werden. Ausnahmen sind
Beispiele, in denen Serienkiller oder einfach Bösewichte Menschen
umbringen, aber das haben wir ja auch in anderen Medien. Jedenfalls
gibt es aber in den erwähnten Beispielen immer handfeste Gründe,
weswegen das Töten legitim wird. Ist es dadurch moralisch korrekt?
Nicht unbedingt, aber interessant darüber zu sprechen.
Warum sind aber solche Survival-Sachen so interessant? Ich denke mal, da muss man nicht viel nachdenken. Es bringt einfach unglaublich viel Nervenkitzel mit hinein und das Moralische wird eigentlich gar nicht diskutiert. Es geht dem Leser oder Zuschauer nur darum möglichst spannende Duelle oder Kämpfe zu erleben, viel Gewalt zu sehen, mit den Figuren mitzufiebern, zu trauern, wenn es um Verluste geht. Es geht also nur um reine Unterhaltung und ist deswegen so reizvoll, weil es auch fernab der Realität ist.
Lehrer-Schüler-Verhältnis
Kommen
wir zu dem letzten Thema dieses Artikels, das sehr gerne in Shoujos
erzählt wird. In doch recht vielen Manga verliebt sich die Heldin
ausgerechnet in ihren hübschen, jungen Lehrer und ist im Zwiespalt.
Einerseits darf sie sich ihn nicht lieben, weil er eben Lehrer ist
und eine Beziehung deswegen nicht gestattet ist. Andererseits sieht
sie ihn aber auch jeden Tag und dann ist der Lehrer auch noch einer,
der gerne mit anderen flirtet und falsche Hoffnungen weckt. Ganz
problematisch wird es dann, wenn sich beide näher kommen. Und es ist
doch immer vorhersehbar, weil der Lehrer eben nicht dem Mädchen die
kalte Schulter zeigt, sondern immer interessiert ist. Zwar kommt
immer eine Stelle, an der einer von beiden nicht weiter will, meist
der Lehrer, weil er eben seinen Job nicht verlieren will. Aber er
lässt eben Annäherungsversuche zu und ist dadurch sehr
unzuverlässig.
Aber
darum geht es ja auch nicht in solchen Manga oder Anime. Es geht um
das Prickeln der verbotenen Liebe, die man geheim halten muss. Die
Gefahr, aufgedeckt zu werden ist eben schon sehr reizvoll. Man will
ja auch heraus finden, wie das Paar es am Ende schafft, das Problem
zu lösen. Am Ende ist es dann doch so, dass sie entweder mit der
Beziehung im Geheimen weiter machen oder er eben die Schule verlässt
oder sie dann ihren Abschluss macht und die Beziehung legal wird.
Insofern enden solche Beziehungen eigentlich fast immer gut, was ja
schon etwas weit von der Realität weg ist. Warum sind solche
Geschichten so spannend und werden immer wieder gebracht? Aus den
genannten Gründen und vielleicht liegt darin auch die Sehnsucht
jedes Mädchens verborgen einen älteren Geliebten zu haben, der so
viel reifer und erfahrener ist als Gleichaltrige. Beispiele für Manga wären "Daytime Shooting Star" oder "Chocolate Cosmos".
Fazit
Abschließend
möchte ich zum Thema soziale Tabus in Manga und Anime nur sagen,
dass es sehr interessant war, einfach mal etablierte Themen aus
kritischer Sichtweise zu untersuchen und zu diskutieren. Dadurch
gewinnt man einfach eine ganz andere Sichtweise auf Aspekte, die
eigentlich selbstverständlich in den beiden Medien sind. Es ist auch
mal interessant zu überlegen, warum solche eigentlich tabuisierten
Sachverhalte immer wieder Eingang in Manga und Anime finden. Ich
hoffe, es hat euch ebenfalls gefallen meine Texte dazu zu lesen und
ich freue mich, wenn ihr auch bei diesem Teil jede Menge Anregungen,
Tipps, Verbesserungsvorschläge und Meinungen vorbringt. :)
Hey :-)
AntwortenLöschenVielen Dank für diesen tollen Beitrag, war sehr interessant zu lesen.
Ganz liebe Grüße
Lisa ♥
ich freue mich, dass dir der Text gefallen hat. :)
LöschenHey,
AntwortenLöschenerst mal, wow ... Was für ein Artikel! :o
Hat mir sehr gut gefallen und war ziemlich interessant.
Wenn man mal darüber nachdenkt, kommen solche Themen oft vor, auch wenn man es im ersten Moment nicht ganz so mitbekommt. Man überlegt halt auch nicht wirklich, während man einen Anime guckt oder einen Manga liest, wieso solche Themen aufgegriffen werden. Man ignoriert es meistens, aber ich denke mal das ist die falsche Einstellung und Mangas so wie Animes sollen zum Denken anregen.
Auf jeden Fall ein schöner Artikel!
LG
Shukon
Dankeschön für den lieben Kommentar. :) Ich bin froh, dass dir das Lesen des Textes Freude bereitet hat. Ich hoffe, du bist jetzt um einige Erkenntnisse reicher. ;)
LöschenDas ist wahr! Deswegen wollte ich mal auf diese Aspekte hinweisen, wer weiß, vielleicht erinnerst du dich dann das nächste Mal beim Schauen/Lesen an die Dinge, die ich besprochen habe und siehst sie in einem anderen Licht.