Manga
Kissa (jap. 漫画喫茶
) sind Einrichtungen
in Japan, die eine Kombi aus Café und Bibliothek bilden. Sie bieten
neben Manga zum Lesen auch einen Ort zum Verweilen und Entspannen
sowie andere schöne Extras wie Internetzugang,
Multimediaunterhaltung und Spielekonsolen an.
Geschichte
Die
ersten Manga Kissa kamen Ende der 1970er Jahre auf der Insel Okinawa
und in der Stadt Nagoya auf und orientierten sich an japanischen
Kaffeehäusern. Anfangs waren sie eher als kleine Cafés gedacht, in
denen man neben einer Tasse Tee und Kaffee genießen auch seine Zeit
mit Manga verbringen konnte und erinnerten an südkoreanische
Manhwabang.
Ihre
Blütezeit erreichten die Manga Kissa ab dem Jahr 1997, denn das
Sortiment an Manga wuchs beträchtlich, in Tokio alleine gab es
zwischen 1997 bis 2000 einen Anstieg von zwei auf 100 und im Jahr
2000 gab es sogar schon 200 mit einem Gesamtumsatz von 20 Milliarden
Yen was etwa 135 Millionen Euro ist.
Einrichtung
und Services
Manga
Kissa befinden sich meist in Großstädten und verteilen sich über
gesamte Etagen in Hoch- und Geschäftshäusern.
Man
kann zwei Arten von Räumen unterscheiden: offene und private. Die
offenen Sitze sind typische Bürostühle mit Computer-Tischen.
Private Kabinen sind solche, die Trennwände für Privatsphäre sowie
Platz für einen Tisch und einen Bürostuhl bieten, weiterhin aber
noch andere Sitzmöglichkeiten haben können. Manche lassen auch noch
mehr Platz für zwei Personen und sogar Familien zu, die dann teurer
sind. Außerdem wird meist auch in einen Männer- und Frauenflügel
unterteilt.
Es
sind außerdem verschiedenen Pakete buchbar wie das Früh-Morgen-Paket
oder Übernachtungspaket, die noch weitere Besonderheiten umfassen.
Immer im Preis enthalten sind die warmen wie kalten Getränke, die an
den Automaten erhältlich sind. Neben einem breiten Sortiment von
bis zu mehreren zehntausend Manga wird eben auch Internet,
DVD-Spieler und Spielekonsolen angeboten, manchmal kann man es sich
auch in einem Massagesessel gemütlich machen und sich sogar mit
Duschen frisch machen oder seine Wäsche waschen. Für eine Gebühr
von 100 Yen kann man sogar nützliche Dinge wie Handtücher und
Zahnbürsten erwerben. Insofern sind solche Einrichtungen nicht nur
Café und Bibliothek in einem, sondern auch gut eingerichtete
Mini-Hotels zum günstigen Preis.
Daneben
gibt es auch Fernseher und teilweise auch Snack-Automaten. Weiterhin
gibt es verschiedene Arten von Sitzgelegenheiten wie einem Sofa,
Internetsitz, Pärchensitz, zashiki (mit Tatami) und Lesesitz.
Darüber hinaus bieten einige Manga Kissa auch Magazine, Musik-CDs,
einen Nagelsalon, Zeitungen, Tischtennis und Gesellschaftsspiele wie
Mahjong an.
Die
Einrichtungen sind ganzjährig rund um die Uhr geöffnet. Bezahlt
wird nach Besuchszeit, wobei der Tarif für die erste Stunde meist
400 bis 600 Yen (etwa 2,70 bis 4 Euro) umfasst und danach wird in
15-Minuten-Schritten abgerechnet. Viele Manga Kissa haben auch
Pauschalpreise für die ganze Nacht, die dann zwischen 1200 und 1300
Yen liegen (etwa 8 bis 9 Euro) und damit eine billigere Alternative
zu den Kapselhotels und Love Hotels darstellen. Eine der größten
Manga-Kissa-Ketten sind „Gran Cyper Cafe“, „Manga GeraGera“
und „Manga Manboo“. An einem gewöhnlichen Wochentsag im I-Cafe
Akihabara, kommen bis zu 400 Gäste zu Besuch, meist Geschäftsleute,
„freeters“ (also Parttimers) und Studenten, am Wochenende sogar
bis zu 600.
Wie
es im Manga Kissa abläuft.
1.
Man betritt das Gebäude und nimmt den Fahrstuhl zu der
entsprechenden Etage
2.
Es kann sein, dass eine Mitgliedschaft für den Besuch eines Mange
Café erforderlich ist, deswegen muss man sich dann dort anmelden.
Die Mitgliedschaftskarte beträgt 100-200 Yen. Außerdem ist eine
Photo ID, wie der Ausweis bspw. notwendig.
3.
Man wird gefragt, welche Art von Kabine oder Sitz man haben möchte
und auch nach der Zeit, die man dort verbringen will. Es gibt meist
eine Preisliste am Schalter, die bei der Entscheidung helfen kann.
Der Plan, den man aussucht, bestimmt die Länge der Zeit, die man
bezahlen muss. Will man länger bleiben, werden weitere 100 Yen pro
10-15-Minuten-Takt dazu gerechnet.
4.
Das Personal wird einem die Mitgliedschaftskarte aushändigen und die
Quittung, auf der sich Name, Sitz oder Kabinennummer und Anfangszeit
befinden.
5.
Danach kann man zu Platz nehmen. Ist man in einer Kabine kann man
die Tür oder Vorhänge schließen. Für gewöhnlich ist das Manga
Café ein ruhiger Ort und es gilt als unhöflich, wenn man viel Lärm
macht und dadurch andere stört. Will man weitere Services in
Anspruch nehmen muss man das am Empfang machen.
6.
Später, wenn man dann gehen will, nimmt man die Quittung und bezahlt
am Schalter. Das Personal wird die Rechnung anhand der Sitz- oder
Kabinenart, dem Zeitplan und zusätzlichen Kosten ausmachen, falls
vorhanden.
Probleme
Da
diese Einrichtungen ganztägig offen sind, gibt es auch meist keine
zeitliche Einschränkung für den Besuch. Im Frühjahr 2007 wurde in
zehn Präfekturen eine Umfrage durchgeführt, die zeigte, das ca. 80
aller Manga Kissa Gäste mit deutlich langer Verweildauer
verzeichnen, oft meist mehr als zehn zur gleichen Zeit. Dazu zählen
nicht nur reisende Geschäftsleute, die hohe Übernachtungskosten
vermeiden wollen, sondern auch Geringverdiener, die keine eigene
Wohnung besitzen und Obdachlose. In einigen Fällen werden Manga
Kissa sogar über mehrere Jahre hinweg als Wohnungsersatz verwendet.
Das
Geschäftsprinzip der Manga Kissa hat ein gefährliches
Missbrauchpotenzial wie einzige Beispiele zeigen:
Der
33-jährige Obdachlose Kentaro Shimada sorgte im Jahr 2005 für
Schlagzeilen, als er nach einem zweimonatigen andauernden Besuch in
einem Manga Kissa in Nagaoka fliehen wollte ohne seine 520.000 Yen
(etqa 3500 Euro) Rechnung zu bezahlen.
Im
April 2006 wurde der 37-jährige Kiyoshi Ikeda verhaftet, weil er
nach einem 34-tägigen Daueraufenthalt in einem Manga Kissa in Gifu
ebenso seine Rechnung in Höhe von 150.00 Yen (etwa 1000 Euro) nicht
bezahlen konnte.
Darüber
hinaus beschweren sich diverse Manga-Publisher, dass solche Cafés
unfair sind. Die Geldbeträge für den Mangakonsum erhalten eher die
Café-Besitzer als die Mangapublisher, wodurch letztere befürchten,
weniger Profit zu machen.
Manga
Kissa in Deutschland
Mittlerweile
hat dieses Phänomen auch in Deutschland Einzug gefunden, so das
Manga Café „Manga Hof“ in Düsseldorf. Dort wird sogar ein
außergewöhnliches Sortiment von ca. 11. 000 Exemplaren zum Lesen
bereit gestellt, aber auch viele schöne Sitzmöglichkeiten sowie im
hinteren Bereich Kabinen, in denen man für sich sein kann. Eine
Stunde kostet 5 Euro in solch einer Kabine mit Computer dann 6 Euro
und ein privater Raum 7 Euro. Je länger man bleibt, desto weniger
kostet es, bei zwei Stunden bezahlt man 1 Euro weniger, bei 3 Stunden
nur 3 Euro. Geöffnet hat das Manga Café täglich von 12:00 bis
00:00 Uhr.
Interessanter Artikel!
AntwortenLöschenVon einer Manga-Bib habe ich bis jetzt noch nie was gehört.
Ein tolles Konzept :D
Schade nur, dass diese Manga Kissa hier in Deutschland nicht mehr verbreitet sind. Düsseldorf liegt nicht gerade um die Ecke (für mich zumindest)...
Die Probleme sind ja eigentlich nichts Neues. Dass öffentliche Einrichtungen ein hohes Missbrauch potenzial haben, kennen wir ja schon von unseren Bibliotheken hier, vor allem bei denen mit 24-Stunden-Öffnungszeiten.
Genau so, wie der stille Kampf zwischen Bibliotheken, dem Buchhandel und Verlagen.
Naja, man kann nicht jedes Problem optimal lösen...
Trotz allem finde ich deinen Artikel echt klasse und die Idee genial :D
Also auf nach Düsseldorf!