Kawaii
und Kindchenschema
Wenn
man gefragt wird, was wohl das Besondere an Manga und Anime ist, wird
man sofort die Optik das Charakterdesign oder den Zeichenstil im Kopf
haben. Keine Frage, Manga und Anime stechen bereits durch das
Optische heraus und unterscheiden sich sehr stark von den westlichen
Pendants. Die Gestaltung der Figuren fällt meist nach einem
bestimmten Schema aus: übergroße Köpfe, mit großen funkelnden
Augen, kleinen Nasen, kleinen bis auch großen Mündern, dafür recht
schlanke Körper, die jedoch in keinem ordentlichen oder
realistischen Verhältnis zum Rest stehen. Wirklich eine sehr eigene
spezielle Gestaltung, das muss man schon sagen. Die Figuren sehen
doch hauptsächlich sehr niedlich aus und erinnern direkt an das
Kindchenschema, wodurch sie glatt noch mehr Sympathiepunkte
einheimsen können.
Tatsächlich
wissen wir, dass Manga und Anime-Figuren in Japan sehr beliebt sind,
nicht nur in Form von Comics oder Filmen, sondern generell den
japanischen Alltag bereichern. So wird jede Menge Merchandise rund um
erfolgreiche Serien vermarktet, die Figuren tauchen in allerlei
Werbungen auf, man findet sie auf Zügen auf Lebensmitteln und selbst
in Schulbüchern sind sie eine nette Dekoration. Auch japanische
Institutionen machen teilweise Gebrauch von den niedlichen Gestalten.
Nicht nur das, auch generell niedliche Tiere und Figuren wie Hello
Kitty, My Melody etc. sind überall zu finden. Ich möchte einfach
mal behaupten, dass Japaner einfach eine Vorliebe für süße Dinge
haben und wenn man mal nachforscht wird man auch genug Beweise
finden. In keinem anderen Land wir so viel Wert auf Niedlichkeit
gelegt, wird es so gesellschaftlich geschätzt und überall gezeigt
wie in Japan. Die Frage ist nun, warum mögen die Japaner niedliche
Sachen?
Eine
direkte Antwort auf diese Frage kann ich nur schwer finden. Ich sehe
nur einige Erklärungsansätze beispielsweise bei den japanischen
Mädchen und Frauen, die bewusst auf Niedlichkeit setzen, damit sie
bei anderen vor allem dem männlichen Geschlecht besser ankommen. Die
machen das sicherlich nicht umsonst, es muss ja einen Grund dafür
geben, dass Männer und Jungs so etwas gut finden. Warum das so ist,
kann ich nicht sagen, da muss man die werten Herren selbst mal
befragen. Ich glaube mich vage daran erinnern zu können, dass diese
Niedlichkeit eventuell auch als eine Art Protest oder Widerstand
gegenüber dem starren, zugeknöpften Erwachsenendasein diente, bin
mir aber diesbezüglich nicht mehr ganz sicher.
Monster
In
so gut wie jedem Fantasy-Werk ob Manga oder Anime erscheinen
außergewöhnliche, schreckliche oder auch groteske Gestalten
übernatürlicher Herkunft. Teilweise sind es Fabelwesen oder
Kreaturen oder andere besondere Wesen aus dem europäischen Raum wie
Vampire, Werwölfe, Götter, Ghouls, Zombies etc. Doch ich glaube,
dass es genauso viele Wesen gibt, die japanischen Ursprung haben. Ich
erinnere mal an Inuyasha, Prinzessin Mononoke, Chihiros Reise ins
Zauberland, Mononoke, Mushishi oder auch Natsume
Yuujinchou, um nur einige Vertreter dieser Sorte zu benennen. Allen
ist gemeinsam, dass die Figuren eindeutig aus der japanischen
Mythologie oder Religion stammen, auf jeden Fall Sagen- und
Legendengestalten sind, die ganz besondere Merkmale haben und sich
auch von den europäischen Wesen unterscheiden. Meist sind solche
Geschichten auch mit einem entsprechendem fantastischem Setting
versehen, die Handlungen spielen im mittelalterlichen Japan, wodurch
ein Hauch von Nostalgie und Fantasie mitschwingt.
Beschäftigt
man sich mehr mit den einzelnen Fantasiewesen, wird man zu jedem eine
Art Hintergrundgeschichte feststellen und dass sie wirklich tief im
japanischen Glauben verwurzelt sind. Und hier komme ich nämlich auch
zur japanischen Relevanz, denn bis zum 19. Jahrhundert vor der
Öffnung Japans dem Westen gegenüber glaubte der Großteil der
Bevölkerung tatsächlich noch an solche Wesen wie Kappa, Oni oder
Tengus. Es ist nicht so wie in Europa, dass man deutlich zwischen
Jenseits und Diesseits trennte, vielmehr herrscht in Japan noch immer
dieser Glaube an die Einheit von Natur und Mensch. Göttliches
befindet sich nicht nur in Vermenschlichungen, sondern auch in Tieren
oder in der Natur selbst. Die Grenzen zwischen dem Realem und dem
Fantastischen schienen verschwommen, was auch die ganzen
Geistergeschichten und urban legends noch heute beweisen können.
Man
muss aber eigentlich nicht weit nachforschen, es reicht schon, wenn
man sich die beliebte Spielereihe Pokemon oder Digimon, Yokai Watch
(wo es eigentlich noch offensichtlicher ist aufgrund der Yokai) oder
eben Godzilla anschauen. Überall dominieren übernatürliche Wesen
meist in tierischer Form, die aber nicht vorwiegend erschreckend
wirken, sondern durchaus sehr liebenswürdig sein können. Während
Godzilla anfangs noch das böse Wesen, das die Menschheit bedrohte,
war, veränderte sich das über die Jahrhunderte und mit Zunahme
verschiedener Filme, in denen weitere Kreaturen zum Vorschein kamen.
Dagegen sind Pokemon in der Regel zahme Wesen, die wir zu unseren
Haustieren und Freunden machen und selbst die, die anfangs böse
sind, werden meist dann doch gezähmt. Da hat man also den anderen
Aspekt von Monstern in der japanischen Popkultur. Es ist doch
interessant, dass man in keinem anderen Medium ob westliche Comics,
Literatur oder Filme eine so enge Bindung zwischen Mensch und Monster
sieht wie in den erwähnten Beispielen.
Besonders
an diesem Aspekt lässt sich also nicht leugnen, dass sehr viel
japanische Kultur und Mythologie in Anime und Manga integriert ist
und somit wirklich ein japanisch spezifisches Merkmal von Animanga
ist.
Mecha
Oftmals
in der Mangaforschung erwähnt ist das besondere Genre „Mecha“,
dass tatsächlich in keinem anderen Medium in dem Masse etabliert ist
wie in Manga oder Anime. Sicherlich hat es viele Berührungspunkte
zum Science Fiction und Cyperpunk und doch grenzt es sich von den
ähnlichen Genres ab. Mecha umfasst kurz gesagt Geschichten, in denen
Kinder oder Jugendliche riesige menschenähnliche Roboter steuern
müssen, um gegen Aliens oder andere schreckliche Kreaturen zu
kämpfen und die Menschheit zu beschützen. Damit ist meist viel
Verantwortung verbunden, eine unheimliche Last liegt auf den kleinen
Schultern der Helden und sie müssen sich mit Gewissensbissen und
ihren Höhen und Tiefen während ihres Entwicklungsprozesses
auseinander setzen. Mit in dieses Genre fließen noch andere Aspekte
mit hinein wie auch die Entwicklung von Technologien, deren Folgen
positiver und negativer Art, die Verantwortung die man mit solchen
technischen Erfindungen trägt etc.
Inwiefern
nun ist das Mecha-Genre wirklich etwas japanisch Besonderes? Zum
einen denke ich, dass es auf jeden Fall spezifisch für den Manga-
und Anime-Bereich ist und insofern auch etwas mit Japan zu tun hat,
weil dieses Land einfach eines der Vorreiter in Sachen technische
Fortschritte ist. Zwar ist Japan nach wie vor auch sehr traditionell
geprägt, doch wir wissen doch, dass es bereits schon viele
technische Erfindungen und Neuerungen heraus gebracht hat, die unser
Leben prägen (allen voran natürlich die ganzen Spielekonsolen und
Handys).
Ein
weiterer Gedankengang meinerseits wäre wohl auch ein wenig
spekulativ, aber denkbar, nämlich, dass Japan sich selbst irgendwie
in Form seiner Mecha-Helden als Retter der Welt ansehen. Das kann auf
die Geschichte Japans übertragen werden besonders im Hinblick auf
den 2. Weltkrieg, in dem Japan sich vor allem als göttliches Land
und den Kaiser als Nachfahre der Sonnengöttin Amaterasu gesehen
hatte. Das Land hatte sich als etwas Besonderes angesehen, der
Samurai-Kodex mit den Werten Disziplin, Kampfbereitschaft,
Solidarität und Mut wurden besonders propagiert auch in Form von
Manga, die als Propaganda-Mittel missbraucht wurden. Nach der
Niederlage jedoch wurden derlei Werke vorübergehend verbannt. Man
könnte sagen, dass das Mecha-Genre zusammen mit dem Magical-Girl
Genre eine besondere Art von Superhelden-Comics ist wie wir es aus
amerikanischen Comics kennen. Im Unterschied dazu aber, verfügen
unsere Helden meistens nicht über besondere Fähigkeiten, sondern
bedienen sich der Technik, die schon sehr weit voran geschritten ist.
Das passt eben wunderbar zum technischen Stand Japans.
Apokalypse
und Endzeitszenarios
Ein
Thema, dass ebenso oft in der Forschung angesprochen wird, ist das
der Apokalypse und der Endzeitszenerios. Wir finden es in unzähligen
futuristischen Werken wie Attack on Titan, Psycho-Pass, Ghost in The
Shell, Ergo Proxy etc. Im Kern wird auf das Ende der Menschheit oder
eben auf schlechte Lebensbedingungen der Menschen verwiesen. Die
Menschen müssen um ihr Überleben kämpfen oder werden von einem
System kontrolliert und beherrscht oder es herrscht eben überall
Chaos. Auf jeden Fall haben diese Geschichten meist einen ernsteren
Ton, manchmal sind sie sozialkritisch, teilweise auch brutal
gewalttätig und dadurch eindringlich erzählt. Auch hier sehe ich
die Verbindung zu Japan hinsichtlich der Geschichte, der Niederlage
Japans im 2. Weltkrieg und vor allem bezüglich der
Atombombenvorfälle in Hiroshima und Nagasaki, was Japan zu einem
besonderen „Opfer“ gemacht hatte. Mit den Geschichten könnte
gewissermaßen die eigene schlimme Vergangenheit, die
Kriegserlebnisse und Verluste verarbeitet werden. Wahrscheinlich
können sich die Japaner aber nicht wirklich davon lösen und greifen
diese Themen immer und immer wieder auf.
Differenzierung
von Manga und Anime nach Geschlechtern
Ich
hatte schon einmal davon geschrieben, dass Manga sich besonders dafür
aufzeichnen, dass es für jede Altersgruppe und für jedes Geschlecht
etwas dabei ist. Es haben sich mit Shojo und Shonen, Seinen und Josei
wirklich geschlechtspezifische Genre oder eben Kategorien
ausgebildet, die sich deutlich optisch und inhaltlich voneinander
unterscheiden. Während Shojo und Josei mehr auf Emotionen und auf
Beziehungen wie auch Liebe fokussiert sind, sich mehr Raum für die
Entwicklung der Persönlichkeit nehmen, generell weniger Handlung
aufweisen und mehr im realitischen Setting verweilen, sind es meist
Werke aus dem Shonen und Seinen Bereich, die das Realistische
übersteigern. Natürlich wird nicht alles in Shojo und Josei
glaubwürdig dargestellt, im Gegenteil hier wird auch viel
übertrieben und idealisiert, doch es bewegt sich einigermaßen im
glaubwürdigen Rahmen. Dagegen haben die Protagonisten im Shonen und
Seinen Bereich doch mehr übernatürliche Kräfte, Freundschaft, die
Entwicklung der eigenen Fähigkeiten, Kämpfe gegen Gegner und
Bösewichte dominieren, wodurch diese Geschichten recht actionlastig
und sehr dynamisch sind. Emotionen und innere Entwicklungen kommen
weniger zum Tragen, dafür werden eher äußere Tätigkeiten in den
Fokus gebracht. Eng verbunden mit den beiden Genres sind weitere wie
Fantasy, Material Arts, Action und Abenteuer.
Man
sieht also klar, warum diese vier Genres geschlechtspezifisch sein
sollen, weil sie eben auf diese Geschlechterrollen und Klischees
verweisen. Frauen, die doch mehr auf Beziehungskram, Liebe und
Emotionen stehen, dagegen Männer, die hart im Nehmen sind, eher
Action und Kämpfe bevorzugen. Sicherlich sind solche Vorstellungen
nicht direkt japanisch spezifisch, sondern finden sich eigentlich in
fast jeder Kultur also universell und doch ist es in Japan doch noch
ein wenig anders. Denn hier sind die traditionellen
Geschlechterrollen noch immer sehr stark vorhanden, es wird immer
noch von der Frau verlangt, dass sie sich um die Kinder und den
Haushalt kümmert, während der Mann das Geld verdient. Sicherlich
gibt es schon viel mehr arbeitende Frauen, doch von Akzeptanz oder
Gleichberechtigung ist man in Japan im Gegensatz zu Europa oder
Amerika weit entfernt. Frauen sollten am besten passiv sein, Männer
unterstützen, können sich kaum zur Wehr setzen, während Männer
die aktiven und dominanten sind.
Daher
frage ich mich, ob diese Tatsache auch durch Anime und Manga
widergespiegelt wird? Und tatsächlich denke ich erkennt man so
einige Ansätze in diese Richtung. Nehmen wir doch einfach mal Shojo
und Shonen im Vergleich. In Shojo haben wir meist durchschnittliche
Mädchen, die wirklich ziemlich zurück haltend sind, naiv und kaum
Selbstbewusstsein haben wohingegen die Jungs doch eher die sind, die
aktiv werden, sexuell erfahrener sind und mit den Mädchen machen
können, was sie wollen. Die Mädchen wollen es ihren Traumprinzen
immer recht machen, ganz oft sieht man das Klischees, dass die Mädels
Bentos für ihre Lieblinge machen, für sie kochen und sie wie eine
Hausmutter umsorgen wenn es ihnen schlecht geht.
Selten
trifft man auf Exemplare in denen es anders herum ist und das Mädchen
den Jungen herum kommandiert oder? Und in Shonen stehen ja die Jungs
und Männer im Vordergrund, die immer total kampfbereit sind, immer
weiter trainieren und die männlichen Tugenden von Mut,
Kampfbereitschaft, Coolness etc. verinnerlicht haben. Sie geben
niemals auf und sterben sogar für das Gute. Und was ist mit den
weiblichen Figuren? Ist euch schon mal aufgefallen, dass diese doch
meist eher im Hintergrund sind, meist nur als Liebesobjekte
dargestellt werden, nettes Beiwerk sind vor allem für Fanservice. Es
gibt zwar einige wenige starke Frauenfiguren und selbst die müssen
auch mal beschützt werden. Die meisten Frauencharaktere sind dann
aber doch den Kerlen deutlich unterlegen.
Ganz
zu schweigen von den Figuren aus dem Harem/Ecchi oder Hentaibereich,
die sowieso gar keine Rechte oder Persönlichkeiten haben, sondern
nur existieren um männliche Gelüste zu befriedigen, um es mal
überspitzt zu sagen. Hier sieht man doch auch eine Verbindung zu
Japan wo man oft genug von sexuellen Belästigungen am Arbeitsplatz
oder im Zug hört, man glaubt am Ende wirklich, dass es in Japan
besonders viele Perverse und Pädophile gibt, was sicherlich nicht
der Wirklichkeit entspricht.
Weitere
besondere Genres aus dem Manga und Anime-Segment (Shojo Ai, Shonen
Ai, Yaoi und Yuri)
Schaut
man sich noch weitere Genres an, wird man noch auf andere
ausgefallene Kategorien treffen, die man so in keinem anderen Medium
hat.
Zuerst
möchte ich all die Genres benennen, die etwas mit Liebe und
Sexualität zu tun haben also Shojo Ai, Shonen Ai und die ganz
krassen Genres Yaoi und Yuri. Ist doch unglaublich, dass Japaner
nicht nur zwischen Geschlechtern sondern auch sexueller Orientierung
unterscheiden oder? Warum eigentlich haben sich diese Genres
überhaupt entwickelt und warum sind sie denn so beliebt? Hat diese
besondere Widmung der sexuellen Vorlieben irgendetwas mit Japan
speziell zu tun? Außerdem was hat es auf sich mit der Unterscheidung
zwischen der rein unschuldigen Liebe in Shojo und Shonen Ai und der
sehr sexuell expliziten Liebe in Yaoi und Yuri? Wieso macht man da
Unterscheidungen?
Aus
all dem kann man herleiten, dass Japaner es einfach mögen, wenn
alles ordentlich sortiert ist und wenn es klare Zuordnungen gibt.
Wenn die Manga nach Genre sortiert sind, findet jeder etwas für
seine Bedürfnisse, man behält einfach den Überblick und weiß, was
einen erwartet. Das hat sicherlich viele Vorteile. Andererseits führt
das auch immer wieder zu Diskussionen inwiefern nun das eine Genre
zutrifft oder nicht oder eben auch zu Klischees und Vorurteilen, weil
man ein Werk einfach nicht lesen will, nur weil es das Label Yaoi
oder Yuri hat. Die Eigenständigkeit eines Werkes unabhängig von
seiner Genrezuordnung wird dadurch eingeschränkt, so viel sei
gesagt. Jedenfalls um zurück zu meiner Ausgangsfrage zu kommen,
warum gibt es besonders in Manga und Anime diese starke Beschäftigung
mit der Liebe und Sexualität?
Ich
vermute mal, dass es vielleicht einfach damit zu tun hat, dass
Japaner so etwas wie Emotionen, Sexualität und Liebe einfach weniger
öffentlich diskutieren, weil es einfach in den privaten Bereich
gehört. In Japan halten sich Pärchen sehr zurück und dürfen nicht
mal im trauten Heim ihre Liebeleien intensiv genießen, weil die
Wände einfach zu dünn sind. Generell ist man in Japan vorsichtig,
wenn man über Emotionen reden möchte, alles wird unter einem
Deckmantel der Verschwiegenheit versteckt. Doch irgendwie muss man
sich doch damit befassen nicht wahr? Warum also nicht in Form von
fiktiver Geschichten also durch Manga und Anime, die sowieso keinen
Wirklichkeitsanspruch haben?
Man
versucht also irgendwo diese Verschwiegenheit gegenüber solchen
Themen zu kompensieren, weil man in solchen Werken durchaus kann, was
zu einem Überschuss führt. Was denkt ihr? Ist daran etwas dran?
Oder eine andere Theorie wäre, dass Japaner generell fantastisch
gegenüber Liebe und Sexualität sind und deswegen besonders gerne
davon erzählen. Durchaus gibt es in Japan sogar so etwas wie
Liebeserklärungen, die wir aus Shojo kennen, Liebe wird einfach
gerne idealisiert, man lässt sich Zeit damit, will alles romantisch
machen. In Sachen Sexualität dagegen sind die Japaner glaubt man
Umfragen und Studien eher im hinteren Bereich. Liegt vermutlich an
ihrem Arbeitsethos und vielleicht auch etwas an ihrer Unerfahrenheit
bzw. Hemmungen bezüglich der eigenen Sexualität? Ich bin kein
Psychologe um irgendwelche Feststellungen machen zu können. Daher
betone ich an dieser Stelle, dass das nur subjektive Ansichten sind.
Darüber könnt ihr gerne mit mir diskutieren. Vielleicht haben diese
Genres auch gar nichts speziell mit Japan zu tun?
Harem
und Ecchi – Fanservice
Verbunden
mit diesem Aspekt möchte ich auch kurz auf die anderen zwei Genres
Harem und Ecchi eingehen. Wir wissen es ja alle, dass es diese zwei
dominanten Vorurteile gibt: Entweder werden Anime und Manga als
Kinderkram oder als sexuell moralisch verwerflich abgewertet, was
beides auf Unwissenheit und auch Verallgemeinerung zurück zu führen
ist. Durchaus ist ein großer Teil an Animanga für Kinder gedacht,
doch es gibt noch mal ein spezielles Genres, dass sich an
Grundschulkinder richtet. Und ja auch Hentai, Harem und Ecchi haben
viele sexuelle Komponente, aber das sind eben spezielle
Untergattungen von Anime und Manga, die Bandbreite an Genres ist
genauso vielfältig wie bei anderen Medien. Ist ja auch unsinnig alle
Romane und Filme auf Erotikbücher oder Pornos zu reduzieren oder
nicht? Ich kann mich nie genug darüber beschweren, wie unsinnig
solche Vorurteile sind, aber das liegt eben in der Natur der Sache.
Jedenfalls ist es dennoch wichtig zu erkennen, dass diese Genre Harem
und Ecchi wirklich besondere sind, die wir sonst in anderen Medien
nicht finden. Klar Elemente vom Harem oder eben auch sexuellen
Anzüglichkeiten finden sich überall in jeder Kultur, und doch gibt
es in keiner wirklich feste Genres dafür und auch Schemata. Ist dann
denn nun Manga- und animespezifisch oder gar sogar japanisch
spezifisch?
Auch
hier vermute ich, dass die Japaner mit ihren Genres etwas
auszugleichen versuchen, ihre sexuellen Fantasien irgendwie in
fiktionaler Form auszuleben, wenn es im realen Leben nicht so
funktioniert. Außerdem sehe ich ebenso den feministischen Ansatz,
dass dies auch auf die Geschlechterbilder Japans verweist, bei dem
die Frau nun mal eben doch gerne eher als Beiwerk angesehen wird, als
etwas Begehrenswertes nicht mehr und nicht weniger und davon zeugen
ja auch die Geschichten aus dem Harem- und Ecchi-Bereich. Keiner kann
mir sagen, dass die weiblichen Figuren besondere Persönlichkeiten
oder ein Eigenleben hätten, sie dienen einfach nur dem Fanservice.
Punkt. Und überhaupt der Fanservice ist doch etwas ganz besonderes,
wobei in der ganzen Welt inzwischen das Prinzip „Sex sells“ in
aller Munde und in der Werbung zu finden ist. Doch beim Fanservice im
Manga und Anime Bereich wird maßlos, wie ich finde, übertrieben,
dass nicht mal mehr wirklich Substanz zu finden ist.
Magical
Girl
Ebenso
wie auch das Mecha-Genre scheint mir das Genre „Magical Girl“ ein
besonderes Merkmal bei Animanga zu sein. Oder kennt ihr es aus
Literatur oder Film, dass normale Mädchen durch magische
Zaubergegenstände auf einmal wunderbare Kräfte besitzen, sich in
Teams zusammen finden und dann gegen Bösewichte kämpfen um die Welt
zu bewahren? Ich für meinen Teil nicht. Doch ist das jetzt nun
wirklich etwas besonderes, was mit Japan auch verbunden ist?
Wie
so oft, kann ich nur Vermutungen anstellen. Ich denke mal, dass man
eine Erklärung wieder einmal bei der Gender-Theorie findet, sprich
in Kurzform die Emanzipation der Frau betont wird. Früher waren es
doch eher die Männer und Jungs, die in solche Heldenrollen
geschlüpft sind, bis irgendwann auch das Shojo Genre sich
revolutionierte und immer mehr weibliche Mangaka eben auch ihre Werke
heraus brachten. Das ging einher mit gesellschaftlichen Veränderungen
in Japan und der zunehmenden Gleichstellung der Frauen, die nicht
mehr einfach nur passiv sein wollten. Viele weibliche Mangaka sagen
auch im Zeichnen ihre Chance sich selbst zu verwirklichen und den
männlichen Kollegen eben zu beweisen, dass sie genauso erfolgreich
sein konnte. Jedenfalls denke ich, dass Magical Girl-Werke einfach
ein Symbol für die weibliche Emanzipation schlechthin sind auch wenn
man da etwas differenzieren muss.
Auch
wenn die Figuren in der Lage sind gegen Gegner zu kämpfen, brauchen
sie meist Hilfe in Form ihrer magischen Waffen und ihrer
übernatürlichen Begleiter wie auch den männlichen Beschützern,
die immer mal wieder eine Rolle spielen. Ganz unabhängig sind die
Protagonistinnen nun also doch nicht, aber es ist schon mal eine
gewaltige Neuerung. Ähnlich wie das Mecha-Genre ist auch das
Magical-Girl-Genre der japanische Gegenpart zu den amerikanischen
Superhelden-Genre, nur dass man hier eben Mädchen hat, die nicht in
Mechas sitzen, sondern eben magische Kräfte verliehen bekommen, was
sie doch mehr in Richtung Superhelden rückt, doch identisch sind die
beiden auch wieder nicht.
Slice
of Life
Ein
letztes Genre, was ich heute besprechen möchte, wäre „Slice of
Life“, wobei der Begriff an sich schon ziemlich offen und zu
diskutieren wäre. Was ist damit gemeint? Slice of Life findet man in
solchen Werken, in denen es um den Alltag geht, die meist keinen
richtigen roten Faden oder eine wirkliche Story haben. Es sind meist
Geschichten bestehend aus mehreren Episoden, die nicht unbedingt
zusammen hängen. Präsentiert wird uns der Alltag der Figuren aus
verschiedenen Sichtweisen. Es geht einfach um das „Alltagsfeeling“
gepaart meist mit Comedy oder eben einer recht entspannten
Atmosphäre. Es geht um Probleme und Verwirrungen des Alltags, doch
in die Tief geht es dabei nicht. Meist tun die Figuren nicht wirklich
etwas Besonderes, weswegen solche Geschichten an sich auch nicht
spannend sind, sie haben doch eher ein schleppendes Tempo inne.
Inwiefern hat das was mit Japan zu tun? Ich glaube, dass es etwas mit
der japanischen Mentalität zu tun hat, denn ich glaube mal gelesen
zu haben, dass Japaner es lieben im Augenblick zu verweilen.
Einen
Beweis wird dadurch geliefert, dass Manga im Gegensatz zu westlichen
Comics weniger handlungsfokussiert sind, sich dafür Zeit lassen
Episoden und Handlungen in kleinere Teile zu zerlegen oder eben auch
gerne mal einen Augenblick aus verschiedenen Perspektiven zu zeigen.
Das führt zu einer Verlangsamung und auch zu einer Art
Zeitlosigkeit. Zu sehen ist das in Bildern in denen komplette Stille
vorliegt, in denen eine Tätigkeit eben in verschiedene Bilder
gegliedert wird, die Atmosphäre durch Landschaftsbilder
transportiert wird. So etwas findet man wirklich kaum in westlichen
Comics. Und gerade in Slice-of-Life Werken ist das ja auch ähnlich.
Es geht gar nicht so sehr um Schnelligkeit oder dass etwas
Großartiges passiert, es geht um die Stimmung, um das im Augenblick
verweilen und das Genießen des Lebens. Deswegen schaue ich mir
solche Sachen gerne an, einfach um zu entspannen und abzuschalten.
Das steht natürlich im krassen Gegensatz zur Schnelllebigkeit und
Hektik im japanischen Alltag, was ja irgendwie widersprüchlich
wirkt. Ich denke mal, dass besonders die ältere Generation und
Kinder mehr im Augenblick leben als die Jugendlichen und Erwachsenen
in Japan.
Das
war der erste Teil zu meiner kurzen Reihe über die spezifisch
japanischen Aspekte in Anime und Manga. Ich hoffe, dass ich euch
einige interessante Aspekte und Ideen vermitteln konnte und freue
mich über jegliche Anmerkungen, Diskussionen und
Verbesserungsvorschläge. Was haltet ihr allgemein von der ganzen
Thematik, würdet ihr bei bestimmten Aspekten etwas anderes sagen?
Wenn ja nur zu, Kritik ist ebenso gern gesehen.
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