Inhalt:
„Mushi“
bezeichnen Wesen, die noch am engsten mit dem Leben und der Natur
verbunden sind. Sie existieren ohne Ziele oder Absichten. Sie
befinden sich jenseits von "gut" und "Böse".
Mushi können in unzähligen Formen existieren und sind in der Lage
andere Dinge der natürlichen Welt wie Pflanzen, Krankheiten und
Phänomen wie Regenbögen nachzuahmen. Es gibt keine detaillierten
Informationen über Mushi, da die Mehrheit der Menschen sich ihrer
Existenz nicht bewusst sein.
Was
sind Mushi und warum existieren sie? Dies ist die Frage, die sich ein
sogenannter „Mushi-shi“, namens Ginko", immer wieder stellt.
Mushi-shi sind jene Menschen, die Mushi erforschen und dadurch
versuchen ihre Bedeutung im Leben heraus zu finden. So verfolgt Ginko
Gerüchten über unglaubliche Begebenenheiten, die in irgrendeiner
Weise mit Mushi zusammen hängen nur um seine Antwort zu finden.
(Quelle:
myanimelist)
Meine
Meinung:
Mushishi
ist ein Anime, der einen episodischen Aufbau hat und dem eine
übergeordnete Handlung fehlt. Vielmehr
zieht sich wie ein roter Faden durch die Episoden das Phänomen Mushi
und die Erforschung dieser – mit jeder Episode dringt man tiefer in
diese geheimnisvolle Welt voller Fantasie und Mystik.
Ginko
geht auf Reisen, meist bekommt er von seinen Klienten Post, die ihn
bitten, dass er zu ihnen kommen mögen oder er geht zufällig zu
einem Dorf und schnappt dort Gerüchte auf. Falls er irgendwohin
gebeten wird, sucht er das Haus der Klienten auf und diese erzählen
ihnen von sonderbaren Ereignissen, die sie sich nicht erklären
können. Wenn dies ihr Urteilsvermögen und Denken übersteigt,
suchen sie einen Mushishi. Dann wird kurz beschrieben, um was es sich
handelt und Ginko untersucht diesen Fall näher. Er gibt seine
Gedanken preis um welchen Mushi es sich handelt und erklärt was es
mit dem auf sich hat und deckt Lösungen auf.
Jede
Episode steht für sich als eine eigenständige Geschichte und doch
sieht man manchmal, dass eine gewisse Chronologie und ein
Zusammenhang zwischen den Episoden besteht, wenn Ginko über
bestimmte Fälle erzählt.
So ist jede Episode an sich sehr faszinierend. Denn jede Episode stellt einen bestimmten Mushi dar und jede Episode verdeutlicht, wie stark das Leben der Menschen mit denen der Mushi zusammen hängt. Wie sich beide gegenseitig beinflussen. Wie unterschiedlich die Mushi-Arten sein können. Manche sind neutral, manche schaden auch den Menschen. Besonders oft kommt es vor, dass ein Mushi selbst an sich nichts Böses tut, weil er einfach nur existiert. Aber durch seine bloße Existenz und die ungewollt negativen Auswirkungen auf den Menschen lassen ihn wie eine Plage erscheinen.
Es
geht um Geschichten, in denen Figuren zwischen der Welt der Menschen
und der Mushi gefangen sind und weder zu der einen noch zu der
anderen gehören und daher erlöst werden müssen. Normale
Krankheiten wie das Augenlicht verlieren werden durch Mushi
verursacht, die sich in den Augen der Menschen festsetzen. Dann gibt
es Mushi, die in die Ohren der Menschen eindringen, weil sie sich von
Geräuschen und Tönen ernähren, was allerdings zu einer Taubheit
führt. Weiterhin interessant empfand ich in einer Folge, in der ein
Mann prophetische Träume hatte, die sich am nächsten Tag
bewahrheiten. Auch hier war die Ursache ein Mushi und er glaubte, er
würde ihm diese seltene Gabe verleihen. Doch der Fall war doch ein
anderer: Der Mushi gelang in den Träumen in die Menschenwelt und
verursachte die Dinge, die der Mensch geträumt hatte. Es zeigt sehr
interessant und bedrückend wie eine solche Gabe auch als Last für
einen Menschen empfunden wird, der nichts an den Prophezeiungen
ändern kann. Wie schwer muss es für jemanden sein, wenn er weiß,
dass er diese Dinge verursacht und anderen Menschen Leid bringt? Und
das Schlimme an der Geschichte ist, dass dieser Mushi nicht
vertrieben werden kann. Sein ganzes Leben muss der Mann mit diesem
leben. Seine Existenz ist mit der des Mushi verbunden. Außerdem
reizvoll fand ich, dass der japanische Volksglaube, der noch immer
eine wichtige Rolle spielt, in einer Episode eindringlich dargestellt
wurde, als Mädchen mit dem Seegott verheiratet werden und dann ihr
Leben als Opfer geben mussten. Wie ist es mit der Natur eins zu
werden und seine jetzige Existenzform aufzugeben? In dieser Episode
drückte sich auch eine enge Verbundenheit zur Natur aus, in dem ein
Mädchen mit einem wandelnden Sumpf reiste und erst am Ende erfuhr,
dass es sich um seine letzte Reise handelte..
Was
passiert, wenn sich die Menschen dazu ermächtigen, Mushi für ihre
Zwecke zu missbrauchen und andere Menschen damit zu betrügen. Mushi
als eine Art Droge zu verwenden, um die Mitmenschen zu kontrollieren
und den eigenen Wohlstand zu steigern? Es dürfte ersichtlich sein,
dass dies zum Untergang führen wird und sich die Natur dafür rächen
wird. Die Episode brachte einen zum Nachdenken, wie es ist, wenn eine
fremde Lebensform von einem Besitz nimmt und man praktisch dessen
Lebenspanne spürt. Jeder Tag bedeutet ein neues Leben. Wie schwierig
wird es dann ohne diese Droge ein normales Leben zu führen, wenn
bisher jeder Tag wie ein ganzes Leben erschien. Es ist erdrückend,
wenn die Lebenszeit auf einmal viel langsamer voran geht als zuvor.
Wen wundert es, wenn ein Mensch das nicht ertragen kann und der Droge
erneut verfällt.
Dann
gibt es auch Episoden, die nicht ganz so tragisch und dramatisch
sind, aber mich dennoch dazu brachten über das Leben nachzudenken.
Schon mal eine Geschichte gehabt, in der ein Mann einem Regenbogen
hinter her jagt oder extrem ausflippt, wenn er weiß, dass es bald
regnen und ein Regenbogen erscheinen wird? An sich eine recht simple
Geschichte, die einen etwas Wichtiges lehrt: Dass man seiner Berufung
und seinem Traum nachgehen muss, egal wie albern es für andere ist
und egal wie sehr die Gesellschaft sich gegen einen auflehnt. Dass
man dennoch daran festhält und sein Bestes gibt, um seinen Traum zu
verwirklichen.
Eine
Geschichte, die mich ebenfalls nachdenklich stimmte war jene, in der
es um die Frage ging, ob man sich dazu entschließt, dass Leben
vieler Menschen zu retten, auf Kosten eines Menschenleben oder ob man
das Opfer, immer einen Menschen in Kauf nimmt, unterlässt, weil
jedes Leben wertvoll ist. Ganz so dramatisch ist es im richtigen
Leben nicht und doch werden doch vor allem Menschen in eher
kollektivistischen Ländern dazu getrimmt sich auf das Wohlergehen
der Gruppe zu konzentrieren und dafür notfalls eigene Bedürfnisse
hinten anzustellen. Die Gruppe wiegt mehr als das Individuum, würden
manche glauben, aber ist dem so? Darf es gerechtfertigt werden, das
Leben eines anderen Menschen zu nehmen, nur damit es der Gruppe gut
geht? Was bedeutet schon ein einziges Menschenleben? Und kann man mit
dem schlechten Gewissen leben, dass ein anderer Mensch für einen
gestorben ist. Ist es egoistisch so weiter zu leben?
Die
Ironie des Schicksals fand ich in einer Geschichte, in der etwas
Selbstgemachtes dazu diente, um das Glück zu fördern, aber im
Endeffekt zum Gegenteil führte. Es brachte stattdessen vielen
Menschen Leid. Doch auch an dieser Geschichte konnte ich sehen, dass
der Mushi, der das Unglück brachte, es nicht gewollt hat, sondern
eigentlich recht harmlos ist. Er hat nur versucht zu überleben, was
sein gutes Recht ist, aber nicht beabsichtigt jemanden zu verletzen.
Genauso bleibt die Frage im Raum, ob Unwissen einen davor bewahrt,
Verantwortung für seine (schlechten) Taten zu nehmen. Die Person,
die den Gegenstand samt des Mushi hergestellt hat, wusste nichts
davon und doch fühlte sie sich am Ende schuldig, weil es irgendwo an
dem Unglück beteiligt war.
Eine
andere Geschichte, die mich sehr berührte, war jene, in der ein Mann
und eine Frau ineinander verliebt waren, aber deren Liebe verboten
gewesen ist, weswegen sie versuchten zu fliehen. Was mich an der
Geschichte packte, ohne zuviel zu verraten war, die Frage, ob man
glücklich ist, wenn jemand, der eigentlich tot sein sollte, noch am
Leben ist, aber nie wieder derselbe sein wird. Die Episode
thematisierte den Umgang mit dem Verlust eines wichtigen Menschen und
wie schwer das Loslassen im Leben fällt, dass man die Wahrheit nicht
mehr erträgt. Lieber lebt man eine Lüge, ist dafür glücklich, so
wäre die Essenz der Episode. Dass jedoch die Toten dadurch niemals
ruhen können stellt keiner in Frage. Soll man Menschen um jeden
Preis am Leben erhalten, nur weil man sich nur schwer von ihnen
trennen kann? Indirekt kann man es kritisieren, wie sich der Mann
verhalten hat, aber irgendwo kann man es auch verstehen und emotional
gut nachvollziehen. Wenn der Mushi mit dem Untoten verbunden ist und
das Entfernen des Mushi bedeutet, dass der Untote wirklich sterben
wird, für was würde man sich entscheiden? Das Lebewesen, was
eigentlich tot sein müsste, ist am Leben, aber nur dessen Hülle und
es ist eigentlich nicht mehr das, was man früher noch kannte. Und
dennoch halten die Menschen daran fest, weil sie glauben wollen, dass
es Wunder gibt.
Die
einzelnen Episoden erinnerten mich wirklich sehr stark an japanische
Märchen besonders die Folge, in der eine übernatürliche Geburt wie
bei Momotaro geschehen waren. Die Tatsache verdeutlicht sehr gut, wie
Menschen das Andersartige nicht akzeptieren wollen und es regelrecht
diskriminieren, anstatt zu tolerieren.Die Geschichte thematisiert
nicht nur, wie Mensch und Nichtmenschen Seite an Seite leben können,
sondern auch welche schweren Folgen es haben kann. Ein Mann steckt in
einem Dilemma, weil er einerseits mit seiner nichtmenschlichen Frau
und Tochter leben will, gleichzeitig sich nach seiner Welt sehnt, die
ihn aber nicht mehr akzeptieren will. Und die Frau, die davon weiß,
kann es nicht ertragen, dass ihre Andersartigkeit ihren Mann dazu
zwingt, bei ihr zu bleiben. Obwohl es ihr eigenes Glück gefährden
würde, tut sie alles, damit ihr Mann wieder in die Menschenwelt
kommen kann. Wie ironisch ist es dann, dass der Mann von seinen
Mitmenschen verstoßen wird und sein Familienglück zu bröckeln
beginnt. Obwohl der Mushi in diesem Falle eigentlich sehr positiv
wirkt und seinen Beitrag zum festen Zusammenhalt der Familie
geleistet hat, wird er zunichte gemacht, weil er das Glück des
Mannes behindert. Das war schon sehr traurig. Aber ich fand es schön,
als am Ende der Geschichte doch noch ein Hoffnungsschimmer
auftauchte. Obwohl einige Geschichten in dem Anime traurig ausgingen,
war dass eine der wenigen Geschichten, die traurig und
hoffnungsvoll zugleich war, was ich besonders liebe.
Auch
eine Episode, die ich super fand, war jene, in der eine Frau nach und
nach immer vergesslicher wurde, dass sie sich an die einfachsten
Dinge und Personen nicht erinnern konnte. Schuld war ein Mushi, der
sich von ihren Erinnerungen ernährt. Nur die Dinge, an die sie sich
tagtäglich erinnert und die ihr wichtig sind, bleiben in ihrem
Gedächtnis. Sollte der Mushi jedoch keine Nahrung mehr haben, würde
er sich diese Erinnerungen nehmen. Daher musste die Frau jeden Tag
neue Dinge kennen lernen, damit sie ihre wichtigsten Erinnerungen
niemals vergessen würde. In gewisser Weise kann man die Geschichte
auch auf unsere Realität übertragen, in denen Krankheiten, die zu
Gedächtnisverlust führen, normal sind und eventuell stellt dies
auch eine Methode dar, um sein Gedächtnis zu schützen und zu
trainieren. Auch hier sieht man, dass der Mushi an sich neutral ist,
er muss für sein Überleben sorgen, indem er die Erinnerungen
frisst. Auf der anderen Seite erscheint der Mushi für Menschen
negativ, weil wichtige Erinnerungen, die das Leben ausmachen verloren
gehen.
Ebenfalls
sonderbar und voller Mystik fand ich jene Geschichte, in der gezeigt
wurde, wie Kokons mit den dazugehörigen Mushi als Portale
fungierten, miteinander verbunden waren und Dinge transportieren
konnten. In der Episode ging es darum, dass ein Mädchen in eines der
Portale verschwand und nicht weiß, wo das Mädchen ist und ob es
überhaupt noch lebt. Eine wichtige Botschaft, die ich daraus
entnehmen konnte war, dass, egal wie klein die Hoffnung ist, man
immer daran glauben sollte, dass alles gut werden würde. Auch wenn
ein wichtiger Mensch nicht mehr an unserer Seite ist, so mag er
irgendwo da draußen, im Himmel oder in einer anderen Welt noch
existieren und glücklich sein.
Eine
andere Episode, in der die Familie als sehr bedeutsam dargestellt
wurde, vermittelte mir eindringlich die Ironie des Schicksals. Es
ging um einen jungen Mann, der sein Zuhause verließ um Maler zu
werden und Reichtum anzusammeln. Anfangs denkt er noch täglich an
seine Familie und sehnt sich nach ihr. Desto reicher er wird, desto
mehr distanziert er sich von ihr bis zu einem Punkt, an dem das
Schicksal zuschlägt. Es ging darum sich für seine Karriere oder
seine Familie zu entscheiden, der Mann sich jedoch für ersteres
entschied und es bereute. Die Kernbotschaft lautet, dass egal, wer
man sein wird und was man erreicht, man niemals die wichtigsten Dinge
oder Menschen in seinem Leben vergessen darf. Wenn man sich zu sehr
auf materielle Dinge stützt und die wesentlichen Dinge, die man im
Leben nicht erkaufen kann, vernachlässigt, kann man kein Glück
finden.
Ganz
besonders betonen möchte ich die Geschichte, in der es um einen
Mushi geht, der ganz oben im Himmel lebt und einen Strang herunter
lässt, mit dem er sein Futter ködern kann. Aus versehen hat eine
Frau den Strang genommen und wurde nach oben gezogen. Ohne die
Erklärung, dass es sich um einen Mushi handelt, würde man denken,
dass übernatürliche Dinge am Werk waren. Noch viel wichtiger bei
der Geschichte war jedoch, dass die Frau seitdem nicht mehr auf dem
Boden bleiben konnte und es sie immer wieder nach oben zog. Ich fand
die Thematik dahinter nachdenklich stimmend: Die Frau braucht um am
Boden der Tatsachen, also auf Erden zu bleiben, etwas, was sie hält.
Es ist die bedingungslose Liebe ihres Freundes, die sie braucht,
damit sie auf der Erde bleiben kann. Gibt es sie nicht, würde sie
verschwinden. Im Kern handelte die Geschichte um die bedingungslose
Akzeptanz und Liebe gegenüber einer Person. Egal, wie sehr man von
der Gesellschaft verachtet wird, egal welche Bemühungen man auf sich
nehmen muss. Es geht darum, dass man eine Person liebt, mit all ihren
Fehlern und Macken. Dann wird sie auch bei einem bleiben. Es war eine
der seltenen Liebesgeschichten, die ein gutes Ende nahm und mich sehr
berührt.
Darüber
hinaus fand ich die Episode sehr ausgefallen, als es um eine
Schreiberin ging, die von einem tödlichen Mushi befallen ist. Um
diesen daran zu hindern, ihren Körper auszufressen, muss sie
Geschichten über Mushi aufschreiben, was ihre Lebensaufgabe
darstellt. Die Frau hatte die besondere Fähigkeit, die Mushi, über
die erzählt würde, schriftlich festzuhalten, was recht spannend
war. Auf einer tieferen Ebene wurde die Problematik aufgegriffen,
dass alles Leben auf Erden wertvoll ist. Weder ist das Leben der
Menschen noch der Mushi bedeutender. Deswegen darf sich der Mensch
nicht dazu ermächtigen Gott zu spielen und die Mushi zu töten. Im
Kern thematisierte die Geschichte also die Liebe zur Natur und die
Sehnsucht nach einem Einklang mit der Natur, in der weder der Mensch
die Natur kontrollierte, noch andersherum. Es zeigt eine
Weltanschauung, in der beide noch gleichwertig miteinander
koexistieren, was ich auch in vielen japanischen Märchen nachlesen
konnte. Leben und leben lassen war das Motto der Schreiberin, die
keine Geschichten von Mushishi hören wollte, wie sie einen Mushi
nach dem anderen töteten und sich dabei auch noch stolz fühlten.
Somit prallen in der Geschichte die Sichtweise, dass der Mensch der
Natur überlegener ist auf die Vorstellung, dass beide Existenzformen
ihre Berechtigung in der Welt haben, was anhand von Ginko gezeigt
wird. Er empfindet keinen Groll gegenüber Mushi, wenn er Menschen
von ihnen befreit. Immer wieder lautet seine Devise, dass keiner
schuld war und die Mushi einfach nur leben wollen.
Ebenfalls
hat mich eine Geschichte sehr mitgenommen, in der es um ein
kinderloses Ehepaar ging, was ebenfalls oft als Motiv in japanischen
Märchen verwendet wird. Wie durch ein Wunder kann die Ehefrau doch
Kinder gebären, doch nur dank eines Mushi. Das Ironische ist jedoch,
dass diese Kinder eben keine normalen sind und auch nicht leben
dürfen, weil sie Unheil über die Welt bringen. Es wird realistisch
dargestellt, wie verzweifelt die Mutter versucht ihre Kinder zu
schützen. Obwohl sie weiß, dass diese Kinder nicht normal ist, hat
sie zu ihnen eine innige Liebe entwickelt und sie kann sich nur
schwer von ihnen trennen. Mich hat die Geschichte mit der Frage
konfrontiert, ob ich selbst in der Lage wäre wichtige Menschen,
meine eigenen Kinder zu töten, wenn ich wüsste, dass sie nur Leid
in die Welt bringen. Könnte ich meine Liebe zu diesen Menschen
überwinden, damit die Welt gerettet wird? Ich wüsste nicht, wie ich
entscheiden würde und möchte es auch auf keinen Fall. Andererseits
schilderte die Geschichte eindrucksvoll, dass die Liebe zu den
Kindern sehr weit gehen kann und bedingungslos ist, unabhängig mit
welchen Fehlern, Behinderungen oder sonstigen negativen Eigenschaften
Kinder zur Welt kommen. Sie können von den Eltern geliebt werden.
Auch
etwas, was ich sehr anziehend fand, war die Vorstellung, dass
Verstorbene wieder geboren werden. Was würde ich tun, wenn meine
Mutter als meine Tochter wieder geboren werden würde? Würde ich
mich darüber freuen oder hätte ich nicht viel eher gemischte
Gefühle? Denn egal wie man es dreht und wendet, auch wenn die
Tochter wie ein Abbild der Mutter erscheint, würde sie sie niemals
ersetzen. Sie könnte niemals wieder meine Mutter werden. Solche
komplizierten Gefühle gegenüber den Menschen, die eine Inkarnation
von Verstorbenen darstellen, werden in der Geschichte diskutiert. Ich
fand die Thematik insofern auch spannend, weil ich solche Theorien
über Wiedergeburt etc. nicht so häufig in Anime gesehen hatte.
Ich
habe bisher vorwiegend von Mushi erzählt, die sich eher neutral
verhalten, aber es gibt auch welche, die dafür existieren, Böses
zutun. Ein Beispiel wäre ein Mushi, der wie Rost aussieht, sich auf
andere Menschen überträgt und an denen Stellen, wo er sich
befindet, zu Schmerzen und Krankheiten führt. Damit verbunden ist
ein Mädchen, was eine sonderbare Stimme hat und sobald sie ihren
Mund aufmacht, praktisch den Mushi auf andere Menschen überträgt.
Kein Wunder, wenn das Mädchen irgendwann aufhört zu sprechen, ein
Leben in Einsamkeit wählt und sich die Schuld dafür gibt, dass ihre
Mitmenschen wegen ihr leiden müssen. Die Geschichte verdeutlicht
eindringlich, dass man selbst, ob man will oder nicht, Verantwortung
im Leben tragen muss. Das Mädchen kann nichts dafür, dass sie diese
Fähigkeit hat und sie meint es sicherlich auch nicht böse und
wollte niemanden damit schaden. Doch die Menschen, die die Wahrheit
erfahren, können nicht anders, als ihr die Schuld zu geben und sie
zu jagen. Da frage ich mich, ob man einem Menschen dafür verzeihen
kann, wenn man durch ihn Schmerzen und Krankheiten bekommt, auch wenn
er das ganz bestimmt nicht wollte. Groll und Hass führen zu nichts,
besonders, wenn die andere Person es nicht mit Absicht getan hat.
Lieber sollte man Gnade walten lassen und vergeben können.
Wie
philosophisch und tiefgründig "Mushishi" sein kann, konnte
ich bereits an einigen Geschichten beweisen, aber es gab noch weitere
Episoden, wo man viel nachdenken mussten. So mussten sich in einer
Geschichte die Menschen entscheiden, ob sie den Berg abbrannten oder
verhungern sollten. Es war keine einfache Entscheidung, schließlich
wollte man einerseits ganz sicher nicht die Natur zerstören, aber
wenn es um das Wohl der Gemeinschaft geht - mal wieder - muss man
gewisse Opfer bringen. Dass diese Entscheidung im Endeffekt aber dazu
führte, dass noch mehr Unglück für die Menschen eintrat, konnte
niemand ahnen. Auch hier ist die Botschaft, dass man Entscheidungen
und deren Folgen gründlich durchdenken sollte und immer, egal wie es
ausgeht, die Verantwortung übernehmen sollte. Überhaupt muss man
sich fragen, was man für wichtiger halten sollte, das eigene Wohl
oder das Wohl der Natur? Was nimmt sich der Mensch das Recht über
das Schicksal der Natur zu entscheiden, dessen Leben zu zerstören um
seins wieder einmal zu retten? Das lässt sich als Thematik gut auf
unsere Welt übertragen, wo Umweltschutz wichtiger denn je wird.
Werden Tiere nicht unter katastrophalen Lebensbedingungen gehalten
und die Umwelt ausgebeutet, damit der Mensch es gut hat? Okay im
Anime ist es etwas verständlicher, weil es ums nackte Überleben
geht. Aber denkt man weiter und auf den heutigen Konsumwahn der
Gesellschaft, muss man die Einstellung zur Natur kritisch überdenken.
Ebenfalls
wunderschön und tragisch hielt ich die Geschichte, in der es um eine
Frau ging, die ohne Augenlicht zur Welt kam und die Augen, die von
einem Mushi infiziert wurden, bekommen hatte und seitdem
übernatürliche Sehkraft bekommen hatte. Sie konnte damit nicht nur
ausgesprochen weit sehen, sondern auch die Zukunft und Vergangenheit
von Menschen erblicken. Was sie jedoch daran schmerzte, dass sie
nichts an den Dingen, die sie vorhersehen konnte, ändern konnte. So
wurde eine Gabe also zunehmend zu einer Last, sodass sie sich
wünschte, dass sie diese Augen niemals hätte. Auf den realistischen
Kontext übertragen thematisiert die Geschichte, dass übernatürliche
Fähigkeiten oder überhaupt überragende Gaben nicht selten zu einem
Fluch werden können. Wie eine Medaille haben sie zwei Seiten. Wie
schlimm ist es doch, wenn man zwar die Zukunft vorhersehen kann, aber
erkennt, dass man das Schicksal nicht ändern kann. Es führt zur
Machtlosigkeit, weil man umso mehr spürt, dass das eigene Leben
nicht in den eigenen Händen liegt. Immer wieder Unglück zu sehen
und es nicht abwenden zu können, das ist wirklich tragisch. So mag
es eine Erlösung sein, wenn man die Wahl hat, das Augenlicht und
somit diese teuflische Gabe zu verlieren, damit man Frieden haben
kann.
Wie
man sehen kann ist Mushishi ein Anime, der mit übernatürlichen
Dingen experimentiert, den Zuschauer durch das fantastische Setting
in seinen Bann zieht. Doch gerade durch die Auseinandersetzung mit
dem ambivalenten Phänomen „Mushi“ und die Wechselwirkung
zwischen diesen und den Menschen zeigt sich, dass der Anime vor allem
alltägliche Dinge, Krisen, Probleme und Themen behandelt, die von
übernatürlichen Elementen umrahmt werden. In diese fantastische
Welt einzutauchen, mehr von Ginko und den Mushi kennen zu lernen,
mehr von dem japanischen Volksglauben zu erfahren, aber auch über
existenzielle Fragen zu philosophischen – das macht den Anime aus.
Optik
und Musik:
Optisch
gesehen ist „Mushishi“ für mich ein wahres Meisterwerk. Selten
hat man so atemberaubende, detaillierte Aufnahmen der Natur gesehen
und alles wirkt so unheimlich lebendig. Die Erscheinung der Mushi ist
etwas, was einem Angst und Schrecken einflößt und den Atem anhalten
lässt. Irgendwie sieht der Anime wie eine Aneinanderreihung von
Malereien aus, die einen wirklich in diese wunderbare Welt versinken
lässt. Der Zeichenstil der Figuren ist eher schlicht, aber gerade
deswegen realistisch gehalten. Hier gibt es keine bunten, grellen
Farben oder irgendwelche Dinge, die nach Niedlichkeit aussehen, wie
man es aus anderen Anime kennt. Es wirkt alles so mysteriös und
unheimlich zugleich.
Auch
musikalisch muss ich sagen, hatte ich oftmals ziemlich Gänsehaut,
besonders wenn es spannende Stellen gab, in denen Ginko etwas
erklärte oder irgendetwas Unheimliches passierte, schaffte es auch
die Musik diese mysteriöse Atmosphäre aufzubauen. Öfter wurden
auch melancholische, ruhige Musikstücke eingespielt, die einem unter
die Haut gehen, besonders wenn eine Geschichte zu Ende gegangen
waren. Dagegen konnte mich das Opening eher weniger überzeugen.
Fazit:
Für
mich war „Mushishi“ ein kleines Meisterwerk, auch wenn mir eine
übergeordnete Story fehlte. Doch gerade das machte den Reiz des
Anime aus, dass er aus vielen, kleinen, gut erzählten Geschichten
bestand, die viel Tiefe besaßen und fantastisch wie realistisch
waren mit einem stimmigen, mysteriösen Setting und eindringlicher
Musik.
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