Sonntag, 21. Dezember 2014

Gelesen: Paradise Kiss


Inhaltsangabe:

Die Highschool-Schülerin Yukari ist geplagt von ihrem stressigen Leben, weil sie nur noch für die Aufnahmeprüfung einer erstklassigen Universität paukt. Ihr recht einseitiges und monotones Leben erfährt eine Wende, als sie die schrägen Schüler einer Modeschule kennen lernt, die sie prompt als ihr Model für den kommenden Mode-Wettbewerb engagieren wollen. Yukari ist davon sichtlich nicht angetan und flüchtet vor den fremden, aufdringlichen Leuten. Doch als sie ihnen näher kommt und bemerkt, wie ernst es ihnen mit ihrer Mode-Karriere ist, entflammt eine Leidenschaft in ihr und sie entschließt sich doch für das Modeln, nicht zuletzt, weil sie sich in den exzentrischen Frauenschwarm und Modegenie George verliebt. Yukari durchlebt fortan eine Metamorphose, denn sie steht vor einer wichtigen Entscheidung: Wer möchte ich sein und was möchte ich später tun?

Meine Meinung:

Nachdem ich mit dem überaus beliebten Shoujo-Manga „Nana“ der Mangaka Ai Yazawa begonnen hatte, konnte ich einfach nicht mehr genug von ihren „Schicksals“-Geschichten bekommen, die sich nicht wie es in anderen Romance-Manga üblich ist, ausschließlich auf Liebe konzentrieren, sondern weitaus mehr als umfassen. Und auch bei dem Manga „Paradise Kiss“ hatte ich den gleichen Eindruck und konnte einfach nicht mehr genug von dem Manga bekommen. Zunächst mag es wohl wie eine einfache, zu oft wiederholte Cindarella-Story klingen: Ein unscheinbares, recht unschuldiges Mädchen trifft auf einen absoluten Mädchenschwarm, der viel mehr Erfahrung in Sachen Liebe hat, sie verführt und das Mädchen in eine wunderschöne Frau verwandelt. Das mag den Kern des Manga durchaus treffen, aber wie man bereits aus der Inhaltsangabe lesen kann, geht es um viel mehr als das. Yukari ist wohl grob gesagt genau das, was als Ideal einer Schülerin/Tochter bezeichnen kann. Sie lernt stets und ständig und versucht immer den Erwartungen der Mutter und der Gesellschaft gerecht zu werden, auch wenn das bedeutet, dass sie nicht ihre eigenen Bedürfnisse ausleben darf. Als sie jedoch die Leute von der Modeschule kennen lernt, keimt in ihr der Zweifel auf, dass das was sie tut, auch wirklich das Richtige für sie ist. Sie beneidet ihre neu gewonnenen Freunde dafür, dass sie alle einen Traum haben und hart dafür arbeiten, um sich diesen erfüllen zu können. Sie stellt sich immer die Frage, was sie eigentlich will, wofür sie lernt und was sie später einmal werden möchte. Bislang war sie nur die Marionette der Gesellschaft, eine Person, die mit dem Strom mit schwimmt, um bloß keine Probleme zu bekommen. Doch im Laufe des Manga kehrt sie um und versucht gegen den Strom zu gehen, sie versucht ihren eigenen Weg zu finden.



Das beginnt damit, dass sie zunächst die Paukschule vernachlässigt und zunehmend auch mal die Schule schwänzt. Den Höhepunkt erreicht das Ganze, als sie beschließt von zu Hause wegzurennen und die Schule abzubrechen, was ich schon recht drastisch fand. Jedoch konnte ich es auch irgendwie ein wenig verstehen, ging sie doch nur zur Schule, um die Wünsche der Mutter zu erfüllen. Hierbei verweist der Manga noch auf eine andere Problematik, nämlich, dass Yukari gänzlich eigentlich ein hilfloses, konfliktbeladenes Mädchen ist, was eine recht komplizierte Beziehung zu ihrer Mutter hatte, weil sie ihren Erwartungen nie wirklich gerecht sein konnte. Umso mehr hatte sie stets versucht, ihre Mutter zufrieden zu stellen, aber das klappte nicht wirklich. Das Lernen und somit die Schulen waren für Yukari die einzigen Dinge, die sie mit ihrer Mutter verbanden und indem sie also beides vernachlässigte, hat sie die Beziehung zu ihrer Mutter auf Eis gelegt. Man könnte das einerseits als eine Art Rebellion verstehen, aber auch eben als Teil des Selbstfindungsprozesses. Dieser Prozess zur Unabhängigkeitsfindung wird meiner Meinung nach recht gut dargestellt und ist auch immer nachvollziehbar. Denn Yukari erlebt währenddessen Höhen und Tiefen und nicht alles läuft so wie sie es geplant hatte. Als Model engagiert zu werden ist nicht so einfach, wie man es sich vorstellt. Die Arbeit selbst ist recht prekär und man hangelt sich von einem Job zum nächsten und erhofft sich irgendwann den großen Durchbruch. Immer sind die Zweifel da, ob der nächste Job wirklich Zukunftschancen mit sich bringt.
Hier muss ich etwas kritisch anmerken, dass die Model-Karriere nicht wirklich im Vordergrund stand, sondern nur gelegentlich in der Geschichte Beachtung fand. Besonders die anfänglichen Schwierigkeiten und die Eingewöhnung wurden behandelt, aber nachdem Yukari sich dann doch zunehmend etabliert hatte, wurde nicht mehr viel darüber gezeigt, was ich schade fand. Aber der Manga konnte sich unmöglich ausschließlich mit dem Model-Geschäft auseinandersetzen, wie es beispielsweise bei dem Manga „Charming Junkie“ der Fall ist.



Doch nicht nur hinsichtlich ihrer beruflichen Karriere macht Yukari Fortschritte, auch in Sachen Liebe entwickelt sie sich weiter. Der attraktive George schafft es sie um den Verstand zu bringen und öffnet ihr das Herz. Was ich besonders schön an der Liebesbeziehung fand war, dass diese sich nicht zaghaft und extrem langatmig entwickelte, sondern schnell zur Sache kam, was für mich einen realistischen Touch hatte. Obwohl Yukari zunächst für ihren Klassenkameraden „Hiro“ schwärmte, verfiel sie George vom ersten Augenblick an und lässt sich wirklich recht schnell von ihm verführen. Dabei errötet sie nicht bei jeder kleinen Berührung oder stellt sich unheimlich schüchtern an, sondern erwidert seine Gesten und agiert auch mal von sich selbst, was man so von anderen Shoujo-Protagonistinen nicht erwartet. Gleich nach kurzer Zeit sieht man die beiden knutschend an der Wand und wenn die beiden nicht unbedingt von irgendetwas gestört werden würden, wären sie auch sicherlich zum nächsten Schritt gekommen. Man merkt einfach, wie sehr sich die beiden emotional wie auch körperlich anziehen und es wäre absolut nicht übertrieben zu sagen, dass die beiden so heiß aufeinander sind, dass sie sich die Klamotten vom Leib reißen könnten. Man merkt bei jeder der intimen Szene, wie es vor erotischer Spannung knistert und wie stark die Leidenschaft der beiden zueinander ist.



Vorbei ist es also mit der unschuldigen Yukari, die ihren Schwarm nur aus der Ferne beobachtet und sie wird zunehmend zu einer recht leidenschaftlichen Frau, die eben auch mal ihre Bedürfnisse befriedigen muss. Die Beziehung der beiden lässt sich wohl am besten so beschreiben, dass beide von der „Muse geküsst“ wurden. Yukari ist für George die Muse schlechthin, weil wunderschön ist und ihn womöglich in Sachen Mode inspiriert. George wiederum gab ihr den Anstoß eine unabhängige junge Frau zu werden, die ihren eigenen Weg geht und ihren eigenen Traum verfolgt. Doch die Liebe zwischen den beiden ist nicht immer eitel Sonnenschein, genauso wie es vor Erotik strotzt, tauchen auch immer wieder Konflikte zwischen den beiden auf. Es mag zwar stimmen, dass „Gegensätze sich anziehen“, jedoch prallen sie auch aneinander ab, wenn zu gegensätzliche Vorstellungen und Gefühle aufeinander treffen. Da muss ich aber auch klar sagen, dass eine Beziehung mit George einfach nicht funktionieren kann, weil er einfach einen schwierigen Charakter hat, egoistisch ist, andere nur verletzt und man einfach nicht aus ihm schlau wird. Ständig sagt er so etwas wie, dass er keine Verantwortung für Yukari übernehmen will, dass sie tun soll, was sie will und dass es ihn nichts anginge. Das Ganze regt einen unheimlich auf und umso mehr, wenn man sieht, wie er Yukari emotional immer wieder misshandelt. Ich hatte mir echt gewünscht, dass sie dem Typen den Laufpass gibt, weil er sie einfach ungerecht behandelt hatt eund Yukari wusste das auch. Immer wieder gerät sie selbst in einen inneren Konflikt, weil sie weiß, dass es zwischen den beiden nicht klappen kann und sie leidet nur noch vor sich hin. Doch am Ende siegt die Leidenschaft und der Verstand setzt wie immer aus, sodass die beiden sowieso wieder nur in der Kiste landen.



Ich habe echt selten mal so eine Beziehung in Manga erlebt, in denen die Hauptfiguren solche Höhen und Tiefen hat, sodass man eigentlich nie wirklich wusste, was mit den beiden am Ende passierte. Bleiben sie zusammen oder trennen sie sich? Es war ein wirkliches Verwirrspiel und ein Hin- und Her dazu. Selten habe ich eine so komplizierte Liebe gesehen und ich war froh darüber, denn die Liebesbeziehungen aus anderen Geschichten waren mehr als nur idealisiert, vorhersehbar und langweilig. Doch manchmal hat mich das auch zwischen George und Yukari sehr genervt, sodass ich mir wünschte, dass sie endlich mal mit ihm Schluss macht.
Hinzu kam ebenso, dass auch die anderen Figuren so ihre Liebesprobleme hatten. Miwako ist zwar mit Arashi zusammen, aber hegt insgeheim noch Gefühle für ihren Kindheitsfreund Hiroyuki, der wiederum sich später in Yukari verliebt. Ich war mir eigentlich nie sicher, ob Miwako denn wirklich noch Hiro liebt und ob sie nur aus Mitleid mit Arashi zusammen war, vor allem wenn man bedenkt, dass er sie auch nicht immer nett behandelt hat. Arashi scheint ziemliche Komplexe zu haben und extrem besitzergreifend zu sein, weswegen er Miwako auch manchmal das Leben schwer macht.

Jedenfalls war für mich das Ende des Manga einerseits zufriedenstellend, andererseits auch unsagbar traurig, weil es direkt aus dem realen Leben hätte stammen können. Wer hätte gedacht, dass mal eine Liebesgeschichte so endet, dass ein Liebespaar sich trennt, weil ihre Wege nicht mehr zusammenführen, sondern beide Partner einfach keine gemeinsame Zukunft mehr sehen. Wie oft wurde uns in anderen Romance-Manga weiß gemacht, dass Junge und Mädchen sich ineinander verlieben und für immer zusammen bleiben, egal was kommt? Nach dem Motto: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ Das Ende ist weit weg davon und zeigt uns ähnlich wie in dem Animefilm „5 cm per Second“, dass alles vergänglich ist und nichts für die Ewigkeit bestimmt ist. Menschen kommen, Menschen gehen und das Leben geht dennoch weiter. Ich war zwar einerseits recht froh darüber, dass Yukari sich so entschieden hatte, aber ich hatte auch wahnsinnig Mitleid mit ihr, schließlich war George doch ihre große Liebe. Vielen Lesern dürfte das Herz gebrochen sein, als die beiden dieses traurige Gespräch hatten und die Hoffnungslosigkeit sich breit machte und man einfach nicht mehr irgendetwas tun konnte, um etwas zu retten. Aber eigentlich war das schon irgendwie vorhersehbar, nachdem die beiden so viele Probleme in ihrer Beziehung hatten. Und doch dachte man, sie würden es trotzdem schaffen, weil sie dem anderen so wichtig waren. Jedenfalls fand ich es wirklich sehr traurig und ich musste an mein eigenes Leben denken und verfiel so in Melancholie. Was wird noch im Leben erhalten bleiben? Mit wem werde ich mein Leben verbringen? Das war schon echt ein nachdenklich stimmendes Ending und irgendwie fand ich es doch schön, dass es so geendet hatte. Es war eine gelungene Abwechslung zu den Manga, in denen der Held die Heldin bekam und ich fand es echt witzig, dass Yukari schlussendlich mit jemanden zusammen kam, für den sie auch Gefühle hatte.




Neben der Romantik-Komponente spielt im Manga auch das Thema Freundschaft eine Rolle, wenn auch meiner Ansicht nach, etwas hintergründig und nicht so ausgeprägt wie in „Nana“. Yukari hatte zuvor in der Schule eigentlich keine wirklichen Freunde und lebte recht zurückgezogen. Mit den Modeschülern gewinnt sie zum ersten Mal auch wirkliche Freunde und erkennt, was es bedeutet sich als Gemeinschaft zu sehen und gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Die geselligen Gesprächsrunden und Partys, wenn es etwas zu feiern gab, waren immer recht schön anzusehen und vermittelten mir ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme. Zu gern wollte man selbst Teil dieser Gemeinschaft sein und sich ebenso engagieren.

Neben der Entwicklunsgproblematik und der komplizierten Liebesbeziehungen gefielen mir auch die Dialoge und Monologe in dem Manga. Ich fand die Dialoge immer recht pfiffig und lustig geschrieben und die Interaktionen zwischen den Figuren waren unterhaltsam. Die Figuren veräppelten sich gern gegenseitig und dadurch merkte man auch irgendwie wie lebendig die Figuren waren. Neben den witzigen Pointen, waren aber auch die Monologe gut geschrieben und die ernsten Szenen stimmten einen auch immer nachdenklich. Ich fand im allgemeinen die Narration, also die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wurde sehr gelungen. Es war schön, wie die Mangaka die Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtete und die Geschichte mal aus Sicht der einen Figur und mal aus Perspektive der anderen erzählt wurde. Das brachte noch mehr Abwechslung und ermöglichte einen tieferen Einblick in die Gedankenwelt der anderen Figuren, wodurch diese plastischer wurden. Besonders toll fand ich, dass man sehr oft in die Gedanken- und Gefühlswelt von Yukari eintauchen konnte und auch dadurch sich mit ihr identifizieren konnte. Komischerweise muss ich jedoch sagen, obwohl die Figuren rein objektiv gut gelungen waren, konnte ich zu keiner Figuren außer Yukari so wirklich eine emotionale Bindung entwickeln. Einzig allein Miwako fand ich noch recht sympathisch. Aber ansonsten waren die Figuren doch gut ausgearbeitet.




Zeichenstil:

Vom Optischen her bin ich auch total begeistert, was die Mangaka da zustande bekommen hat. Ich liebe diesen realistischen Zeichenstil, denn jede der Figuren ist charakteristisch schön ausgearbeitet worden und bleibt einem so auch optisch im Gedächtnis. Besonders hervorheben möchte ich, dass die Figuren wunderschöne, funkelnde Augen haben, dass man sich echt in diesen verlieren könnte. Die Gesichtszüge sind so zart und auch elegant gestaltet, dass die Figuren an sich schon wie Kunststücke aussehen. Ich weiß von der Mangaka, dass sie sehr modeaffin ist und dementsprechend sind auch ihre Figuren total schick und mit Liebe zum Detail gestaltet. Besonders gut finde ich, dass die Mangaka Gebrauch von verschiedenen Perspektiven und Einstellgrößen macht, sodass da auch immer wieder Abwechslung mit rein kommt. Auch die Gestik und Mimik der Figuren werden gut vermittelt und besonders süß finde ich die Figuren, wenn sie überzogene Reaktionen zeigen und dann verniedlicht sind.



Fazit:

Im Großen und Ganzen kann ich jedem Romance-Manga-Fan diesen Manga wärmstens ans Herz legen, besonders wenn man mal einen wirklich guten Manga lesen möchte, der nicht nur die Liebe realistischer präsentiert, sondern eben auch die Entwicklung eines Mädchens zeigt, die mit den Problemen des Lebens zu kämpfen hat. Ein unvergesslicher Manga, der auch noch wunderschöne Figuren vorzeigen kann, die einem im Gedächtnis bleiben.

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