Die Highschool-Schülerin
Yukari ist geplagt von ihrem stressigen Leben, weil sie nur noch für
die Aufnahmeprüfung einer erstklassigen Universität paukt. Ihr
recht einseitiges und monotones Leben erfährt eine Wende, als sie
die schrägen Schüler einer Modeschule kennen lernt, die sie prompt
als ihr Model für den kommenden Mode-Wettbewerb engagieren wollen.
Yukari ist davon sichtlich nicht angetan und flüchtet vor den
fremden, aufdringlichen Leuten. Doch als sie ihnen näher kommt und
bemerkt, wie ernst es ihnen mit ihrer Mode-Karriere ist, entflammt
eine Leidenschaft in ihr und sie entschließt sich doch für das
Modeln, nicht zuletzt, weil sie sich in den exzentrischen
Frauenschwarm und Modegenie George verliebt. Yukari durchlebt fortan
eine Metamorphose, denn sie steht vor einer wichtigen Entscheidung:
Wer möchte ich sein und was möchte ich später tun?
Meine Meinung:
Nachdem ich mit dem
überaus beliebten Shoujo-Manga „Nana“ der Mangaka Ai Yazawa
begonnen hatte, konnte ich einfach nicht mehr genug von ihren
„Schicksals“-Geschichten bekommen, die sich nicht wie es in
anderen Romance-Manga üblich ist, ausschließlich auf Liebe
konzentrieren, sondern weitaus mehr als umfassen. Und auch bei dem
Manga „Paradise Kiss“ hatte ich den gleichen Eindruck und konnte
einfach nicht mehr genug von dem Manga bekommen. Zunächst mag es
wohl wie eine einfache, zu oft wiederholte Cindarella-Story klingen:
Ein unscheinbares, recht unschuldiges Mädchen trifft auf einen
absoluten Mädchenschwarm, der viel mehr Erfahrung in Sachen Liebe
hat, sie verführt und das Mädchen in eine wunderschöne Frau
verwandelt. Das mag den Kern des Manga durchaus treffen, aber wie man
bereits aus der Inhaltsangabe lesen kann, geht es um viel mehr als
das. Yukari ist wohl grob gesagt genau das, was als Ideal einer
Schülerin/Tochter bezeichnen kann. Sie lernt stets und ständig und
versucht immer den Erwartungen der Mutter und der Gesellschaft
gerecht zu werden, auch wenn das bedeutet, dass sie nicht ihre
eigenen Bedürfnisse ausleben darf. Als sie jedoch die Leute von der
Modeschule kennen lernt, keimt in ihr der Zweifel auf, dass das was
sie tut, auch wirklich das Richtige für sie ist. Sie beneidet ihre
neu gewonnenen Freunde dafür, dass sie alle einen Traum haben und
hart dafür arbeiten, um sich diesen erfüllen zu können. Sie stellt
sich immer die Frage, was sie eigentlich will, wofür sie lernt und
was sie später einmal werden möchte. Bislang war sie nur die
Marionette der Gesellschaft, eine Person, die mit dem Strom mit
schwimmt, um bloß keine Probleme zu bekommen. Doch im Laufe des
Manga kehrt sie um und versucht gegen den Strom zu gehen, sie
versucht ihren eigenen Weg zu finden.
Das beginnt damit, dass
sie zunächst die Paukschule vernachlässigt und zunehmend auch mal
die Schule schwänzt. Den Höhepunkt erreicht das Ganze, als sie
beschließt von zu Hause wegzurennen und die Schule abzubrechen, was
ich schon recht drastisch fand. Jedoch konnte ich es auch irgendwie
ein wenig verstehen, ging sie doch nur zur Schule, um die Wünsche
der Mutter zu erfüllen. Hierbei verweist der Manga noch auf eine
andere Problematik, nämlich, dass Yukari gänzlich eigentlich ein
hilfloses, konfliktbeladenes Mädchen ist, was eine recht
komplizierte Beziehung zu ihrer Mutter hatte, weil sie ihren
Erwartungen nie wirklich gerecht sein konnte. Umso mehr hatte sie
stets versucht, ihre Mutter zufrieden zu stellen, aber das klappte
nicht wirklich. Das Lernen und somit die Schulen waren für Yukari
die einzigen Dinge, die sie mit ihrer Mutter verbanden und indem sie
also beides vernachlässigte, hat sie die Beziehung zu ihrer Mutter
auf Eis gelegt. Man könnte das einerseits als eine Art Rebellion
verstehen, aber auch eben als Teil des Selbstfindungsprozesses.
Dieser Prozess zur Unabhängigkeitsfindung wird meiner Meinung nach
recht gut dargestellt und ist auch immer nachvollziehbar. Denn Yukari
erlebt währenddessen Höhen und Tiefen und nicht alles läuft so wie
sie es geplant hatte. Als Model engagiert zu werden ist nicht so
einfach, wie man es sich vorstellt. Die Arbeit selbst ist recht
prekär und man hangelt sich von einem Job zum nächsten und erhofft
sich irgendwann den großen Durchbruch. Immer sind die Zweifel da, ob
der nächste Job wirklich Zukunftschancen mit sich bringt.
Hier muss ich etwas
kritisch anmerken, dass die Model-Karriere nicht wirklich im
Vordergrund stand, sondern nur gelegentlich in der Geschichte
Beachtung fand. Besonders die anfänglichen Schwierigkeiten und die
Eingewöhnung wurden behandelt, aber nachdem Yukari sich dann doch
zunehmend etabliert hatte, wurde nicht mehr viel darüber gezeigt,
was ich schade fand. Aber der Manga konnte sich unmöglich
ausschließlich mit dem Model-Geschäft auseinandersetzen, wie es
beispielsweise bei dem Manga „Charming Junkie“ der Fall ist.
Doch nicht nur
hinsichtlich ihrer beruflichen Karriere macht Yukari Fortschritte,
auch in Sachen Liebe entwickelt sie sich weiter. Der attraktive
George schafft es sie um den Verstand zu bringen und öffnet ihr das
Herz. Was ich besonders schön an der Liebesbeziehung fand war, dass
diese sich nicht zaghaft und extrem langatmig entwickelte, sondern
schnell zur Sache kam, was für mich einen realistischen Touch hatte.
Obwohl Yukari zunächst für ihren Klassenkameraden „Hiro“
schwärmte, verfiel sie George vom ersten Augenblick an und lässt
sich wirklich recht schnell von ihm verführen. Dabei errötet sie
nicht bei jeder kleinen Berührung oder stellt sich unheimlich
schüchtern an, sondern erwidert seine Gesten und agiert auch mal von
sich selbst, was man so von anderen Shoujo-Protagonistinen nicht
erwartet. Gleich nach kurzer Zeit sieht man die beiden knutschend an
der Wand und wenn die beiden nicht unbedingt von irgendetwas gestört
werden würden, wären sie auch sicherlich zum nächsten Schritt
gekommen. Man merkt einfach, wie sehr sich die beiden emotional wie
auch körperlich anziehen und es wäre absolut nicht übertrieben zu
sagen, dass die beiden so heiß aufeinander sind, dass sie sich die
Klamotten vom Leib reißen könnten. Man merkt bei jeder der intimen
Szene, wie es vor erotischer Spannung knistert und wie stark die
Leidenschaft der beiden zueinander ist.
Vorbei ist es also mit
der unschuldigen Yukari, die ihren Schwarm nur aus der Ferne
beobachtet und sie wird zunehmend zu einer recht leidenschaftlichen
Frau, die eben auch mal ihre Bedürfnisse befriedigen muss. Die
Beziehung der beiden lässt sich wohl am besten so beschreiben, dass
beide von der „Muse geküsst“ wurden. Yukari ist für George die
Muse schlechthin, weil wunderschön ist und ihn womöglich in Sachen
Mode inspiriert. George wiederum gab ihr den Anstoß eine unabhängige
junge Frau zu werden, die ihren eigenen Weg geht und ihren eigenen
Traum verfolgt. Doch die Liebe zwischen den beiden ist nicht immer
eitel Sonnenschein, genauso wie es vor Erotik strotzt, tauchen auch
immer wieder Konflikte zwischen den beiden auf. Es mag zwar stimmen,
dass „Gegensätze sich anziehen“, jedoch prallen sie auch
aneinander ab, wenn zu gegensätzliche Vorstellungen und Gefühle
aufeinander treffen. Da muss ich aber auch klar sagen, dass eine
Beziehung mit George einfach nicht funktionieren kann, weil er
einfach einen schwierigen Charakter hat, egoistisch ist, andere nur
verletzt und man einfach nicht aus ihm schlau wird. Ständig sagt er
so etwas wie, dass er keine Verantwortung für Yukari übernehmen
will, dass sie tun soll, was sie will und dass es ihn nichts anginge.
Das Ganze regt einen unheimlich auf und umso mehr, wenn man sieht,
wie er Yukari emotional immer wieder misshandelt. Ich hatte mir echt
gewünscht, dass sie dem Typen den Laufpass gibt, weil er sie einfach
ungerecht behandelt hatt eund Yukari wusste das auch. Immer wieder
gerät sie selbst in einen inneren Konflikt, weil sie weiß, dass es
zwischen den beiden nicht klappen kann und sie leidet nur noch vor
sich hin. Doch am Ende siegt die Leidenschaft und der Verstand setzt
wie immer aus, sodass die beiden sowieso wieder nur in der Kiste
landen.
Ich habe echt selten mal
so eine Beziehung in Manga erlebt, in denen die Hauptfiguren solche
Höhen und Tiefen hat, sodass man eigentlich nie wirklich wusste, was
mit den beiden am Ende passierte. Bleiben sie zusammen oder trennen
sie sich? Es war ein wirkliches Verwirrspiel und ein Hin- und Her
dazu. Selten habe ich eine so komplizierte Liebe gesehen und ich war
froh darüber, denn die Liebesbeziehungen aus anderen Geschichten
waren mehr als nur idealisiert, vorhersehbar und langweilig. Doch
manchmal hat mich das auch zwischen George und Yukari sehr genervt,
sodass ich mir wünschte, dass sie endlich mal mit ihm Schluss macht.
Hinzu kam ebenso, dass
auch die anderen Figuren so ihre Liebesprobleme hatten. Miwako ist
zwar mit Arashi zusammen, aber hegt insgeheim noch Gefühle für
ihren Kindheitsfreund Hiroyuki, der wiederum sich später in Yukari
verliebt. Ich war mir eigentlich nie sicher, ob Miwako denn wirklich
noch Hiro liebt und ob sie nur aus Mitleid mit Arashi zusammen war,
vor allem wenn man bedenkt, dass er sie auch nicht immer nett
behandelt hat. Arashi scheint ziemliche Komplexe zu haben und extrem
besitzergreifend zu sein, weswegen er Miwako auch manchmal das Leben
schwer macht.
Jedenfalls war für mich
das Ende des Manga einerseits zufriedenstellend, andererseits auch
unsagbar traurig, weil es direkt aus dem realen Leben hätte stammen
können. Wer hätte gedacht, dass mal eine Liebesgeschichte so endet,
dass ein Liebespaar sich trennt, weil ihre Wege nicht mehr
zusammenführen, sondern beide Partner einfach keine gemeinsame
Zukunft mehr sehen. Wie oft wurde uns in anderen Romance-Manga weiß
gemacht, dass Junge und Mädchen sich ineinander verlieben und für
immer zusammen bleiben, egal was kommt? Nach dem Motto: „Und wenn
sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ Das Ende ist
weit weg davon und zeigt uns ähnlich wie in dem Animefilm „5 cm
per Second“, dass alles vergänglich ist und nichts für die
Ewigkeit bestimmt ist. Menschen kommen, Menschen gehen und das Leben
geht dennoch weiter. Ich war zwar einerseits recht froh darüber,
dass Yukari sich so entschieden hatte, aber ich hatte auch wahnsinnig
Mitleid mit ihr, schließlich war George doch ihre große Liebe.
Vielen Lesern dürfte das Herz gebrochen sein, als die beiden dieses
traurige Gespräch hatten und die Hoffnungslosigkeit sich breit
machte und man einfach nicht mehr irgendetwas tun konnte, um etwas zu
retten. Aber eigentlich war das schon irgendwie vorhersehbar, nachdem
die beiden so viele Probleme in ihrer Beziehung hatten. Und doch
dachte man, sie würden es trotzdem schaffen, weil sie dem anderen so
wichtig waren. Jedenfalls fand ich es wirklich sehr traurig und ich
musste an mein eigenes Leben denken und verfiel so in Melancholie.
Was wird noch im Leben erhalten bleiben? Mit wem werde ich mein Leben
verbringen? Das war schon echt ein nachdenklich stimmendes Ending und
irgendwie fand ich es doch schön, dass es so geendet hatte. Es war
eine gelungene Abwechslung zu den Manga, in denen der Held die Heldin
bekam und ich fand es echt witzig, dass Yukari schlussendlich mit
jemanden zusammen kam, für den sie auch Gefühle hatte.
Neben der Romantik-Komponente spielt im Manga auch das Thema Freundschaft eine Rolle, wenn auch meiner Ansicht nach, etwas hintergründig und nicht so ausgeprägt wie in „Nana“. Yukari hatte zuvor in der Schule eigentlich keine wirklichen Freunde und lebte recht zurückgezogen. Mit den Modeschülern gewinnt sie zum ersten Mal auch wirkliche Freunde und erkennt, was es bedeutet sich als Gemeinschaft zu sehen und gemeinsam auf ein Ziel hinzuarbeiten. Die geselligen Gesprächsrunden und Partys, wenn es etwas zu feiern gab, waren immer recht schön anzusehen und vermittelten mir ein Gefühl der Geborgenheit und Wärme. Zu gern wollte man selbst Teil dieser Gemeinschaft sein und sich ebenso engagieren.
Neben der
Entwicklunsgproblematik und der komplizierten Liebesbeziehungen
gefielen mir auch die Dialoge und Monologe in dem Manga. Ich fand die
Dialoge immer recht pfiffig und lustig geschrieben und die
Interaktionen zwischen den Figuren waren unterhaltsam. Die Figuren
veräppelten sich gern gegenseitig und dadurch merkte man auch
irgendwie wie lebendig die Figuren waren. Neben den witzigen Pointen,
waren aber auch die Monologe gut geschrieben und die ernsten Szenen
stimmten einen auch immer nachdenklich. Ich fand im allgemeinen die
Narration, also die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wurde
sehr gelungen. Es war schön, wie die Mangaka die Geschichte aus
verschiedenen Blickwinkeln beleuchtete und die Geschichte mal aus
Sicht der einen Figur und mal aus Perspektive der anderen erzählt
wurde. Das brachte noch mehr Abwechslung und ermöglichte einen
tieferen Einblick in die Gedankenwelt der anderen Figuren, wodurch
diese plastischer wurden. Besonders toll fand ich, dass man sehr oft
in die Gedanken- und Gefühlswelt von Yukari eintauchen konnte und
auch dadurch sich mit ihr identifizieren konnte. Komischerweise muss
ich jedoch sagen, obwohl die Figuren rein objektiv gut gelungen
waren, konnte ich zu keiner Figuren außer Yukari so wirklich eine
emotionale Bindung entwickeln. Einzig allein Miwako fand ich noch
recht sympathisch. Aber ansonsten waren die Figuren doch gut
ausgearbeitet.
Zeichenstil:
Vom Optischen her bin ich
auch total begeistert, was die Mangaka da zustande bekommen hat. Ich
liebe diesen realistischen Zeichenstil, denn jede der Figuren ist
charakteristisch schön ausgearbeitet worden und bleibt einem so auch
optisch im Gedächtnis. Besonders hervorheben möchte ich, dass die
Figuren wunderschöne, funkelnde Augen haben, dass man sich echt in
diesen verlieren könnte. Die Gesichtszüge sind so zart und auch
elegant gestaltet, dass die Figuren an sich schon wie Kunststücke
aussehen. Ich weiß von der Mangaka, dass sie sehr modeaffin ist und
dementsprechend sind auch ihre Figuren total schick und mit Liebe zum
Detail gestaltet. Besonders gut finde ich, dass die Mangaka Gebrauch
von verschiedenen Perspektiven und Einstellgrößen macht, sodass da
auch immer wieder Abwechslung mit rein kommt. Auch die Gestik und
Mimik der Figuren werden gut vermittelt und besonders süß finde ich
die Figuren, wenn sie überzogene Reaktionen zeigen und dann
verniedlicht sind.
Fazit:
Im Großen und Ganzen
kann ich jedem Romance-Manga-Fan diesen Manga wärmstens ans Herz
legen, besonders wenn man mal einen wirklich guten Manga lesen
möchte, der nicht nur die Liebe realistischer präsentiert, sondern
eben auch die Entwicklung eines Mädchens zeigt, die mit den
Problemen des Lebens zu kämpfen hat. Ein unvergesslicher Manga, der
auch noch wunderschöne Figuren vorzeigen kann, die einem im
Gedächtnis bleiben.
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