Sonntag, 17. April 2016

Gelesen: Cry out for love

Aki ist tot. Mit einer Urne in den Händen steht Sakutaro Matsumoto am Flughafen, um die Asche seiner geliebten Freundin Aki nach Australien zu bringen. Dort blickt er auf die Geschichte seiner ersten wahren Liebe zurück; die Geschichte einer unbeschwerten Jugendliebe, die überschattet wird von einer tragischen Krankheit. (EMA)

Meine Meinung:

Story:

Ich habe mir den Manga damals gekauft, weil ich vom Titel und eben dieser Inhaltszusammenfassung neugierig war und mir eine tiefsinnige, dramatische Liebesgeschichte er hofft habe. Obwohl der Manga genau eine solche Geschichte liefert, habe ich nach dem ersten Lesen den Manga etwas enttäuscht beiseite gelegt. Klar, große Gefühle und Tragik kamen im Manga vor, aber irgendwie hat es mich beim ersten Lesen nicht sofort gepackt. Womöglich, weil die Geschichte einfach viel zu kurz war, weil es diverse Zeitsprünge gab und man vielleicht nicht genug Zeit hatte sich in die Figuren einzufühlen?

Das war mein erster Eindruck nach dem Lesen, aber ich möchte euch den Manga Schritt für Schritt vorstellen, damit ihr nachvollziehen könnt, was ich genau meine und wie ich zu dieser Meinung gekommen bin.

Die Story beginnt recht locker, typisch, wie in jedem anderen Shojo-Manga, Mädchen trifft Junge, beide lernen sich besser kennen und werden schließlich ein Paar. Doch es gibt schon einige feine Unterschiede in der Gestaltung dieses Plots. Was mir sofort aufgefallen ist, dass die gesamte Geschichte eben nicht aus der Sicht des Mädchens geschrieben wurde, sondern aus der ihres Freundes „Saku“, wie er liebevoll von Aki genannt wird. In der Mittelschule ist es ja so, dass noch ein ziemlich großer Graben zwischen Jungen und Mädchen liegt. Saku hat noch kein wirkliches Interesse am anderen Geschlecht, findet alle Mädchen gleich okay, bis Aki immer wieder Annäherungsversuche startet. Aus ihr wird der Protagonist anfangs noch nicht schlau, denn er versteht nicht, wieso sie ständig auf ihn zugeht. Desto näher sich die beiden kommen, desto mehr beginnt er sich jedoch für sie zu interessieren. Aus der anfänglichen Neugierde entwickeln sich langsam romantische Gefühle, die in einem Kuss ihren Höhepunkt erreichen. Nach einer Weile sind die beiden also ein Paar, vom späteren Unglück noch keine Spur.

Ich fand es mal eine gute Abwechslung, dass das Geschehen aus Sicht des männlichen Geschlechts vermittelt wird und man dadurch auch mal verstehen kann, wie Jungs in dem Alter ticken und wie sie eben auf Mädchen reagieren. Schön ist eben auch, dass ausnahmsweise mal ein Mädchen die Initiative ergriffen hat, Aki ist nun wirklich kein so selbstbewusstes Mädchen, doch um mit Saku näher zu kommen, springt sie über ihren Schatten. Sie wirkt in seiner Gegenwart selbstsicher, lustig und die beiden verstehen sich auch sehr gut. Ihre Beziehung ist nicht so seltsam konstruiert wie in anderen ähnlichen Werken, sondern man spürt sofort, dass die beiden auf einer Wellenlänge und gute Freunde sind. Das ist für mich ein Pluspunkt in dem Manga, dass das Zusammenspiel des Paares eben harmonisch und natürlich verläuft.

Doch schon früh offenbaren sich die ernsthaften Töne in dem Manga, zuerst durch den plötzlichen Tod der gemeinsamen Japanisch-Lehrerin, zu der Aki ein gutes Verhältnis hatte. Sie ist es auch, die dann vor der Schule die Trauerrede hält. Die beiden jungen Teenager kommen also schon recht früh in Kontakt mit dem Tod und setzen sich auch damit auseinander. Zu dem Zeitpunkt ist das Ende für beide noch unvorstellbar, denn sie haben ja noch ihr ganzes Leben vor sich. Doch der Tod von Mitmenschen erinnert einen daran, dass jedes Leben vergänglich ist und man sich das immer vor Augen halten sollte („Memento mori“ - gedenke das zu sterben wirst).

Das bleibt nicht die einzige Stelle, die auf das spätere tragische Schicksal der Figuren verweist. Hinzu kommt, dass Saku´s Großvater die Asche seiner Geliebten aus dem Friedhof holen will. Was wie eine absurde Idee klingt, hat jedoch einen Hintergrund. Obwohl der Großvater natürlich seiner Frau treu bleiben wollte, hatte er eine andere Frau in seinem Herzen (wahrscheinlich vor ihr), mit der er niemals zusammen sein konnte. Schlussendlich heirateten beide andere Menschen und gingen getrennter Wege. Auch hier schwingt mit dem Todes-Motiv auch der der Trennung. Nicht nur der Tod kann Menschen auseinander reißen, auch die Lebensumstände können einem das Zusammensein mit einem geliebten Menschen erschweren. Ich fand es traurig und schön, dass der Großvater regelmäßig ihr Grab besuchte und noch immer nach all den Jahren an ihr hing und ihr seine Treue erwies. Das muss wahre Liebe sein. Es ist schwer, so einen geliebten Menschen zu verlieren, was im Manga immer wieder zum Thema wird.

Ihr seht also, dass tiefgründige Themen nicht nur in Bezug auf die beiden Protagonisten, sondern auch neben dem Hauptgeschehen behandelt werden, was ich angesichts des Umfangs des Werkes erstaunlich fand.

Doch ihr müsst jetzt nicht glauben, dass der Manga durchgängig pessimistisch, traurig oder melancholisch geprägt ist. Auch alltägliche Probleme schleichen sich in den Alltag der Figuren ein. Mit zunehmenden Alter bildet sich Saku´s Interesse an sexuellen Dingen in der Beziehung, was ihm aber ziemlich peinlich ist. Kommunikationsprobleme stehen dadurch natürlich an der Tagesordnung. Er wird von einem Kumpel namens Oki darauf angesprochen und dazu gedrängt mit Aki ein Wochenende in einem Ferienhaus am Strand zu verbringen um dann etwas zu versuchen. Dass das von Anfang an nicht wirklich funktioniert, ist daher keine Überraschung. Es kommt, wie es kommen muss: Aki durchschaut das Spiel und ist Saku böse. Nicht, weil er ein solches Vorhaben hatte, sondern, weil er nicht offen mit ihr darüber reden konnte und stattdessen sich einer anderen Person anvertraut hatte. Das Verhalten beider wird meiner Ansicht nach schon authentisch rüber gebracht, wie man es aus dem echten Leben kennt. Vielleicht würde man dem Helden vorwerfen, dass sein Verhalten doch zu verklemmt ist aus europäischer Sicht, aber man darf auch nicht vergessen, dass der Umgang mit Sex in Asien doch etwas anders aussieht, besonders in Japan.


Glücklicherweise versöhnen sich die beiden und der normale Alltag nimmt wieder seinen Lauf. Ich finde es übrigens sehr schön, dass Saku nicht der für Shojo-Manga übliche Junge ist. Zum einen haben wir es mit einem ganz authentischen, normalen aber natürlichen Jungen zu tun. Klar ist er immer mal wieder unsicher und weiß nicht, wie er sich seiner Freundin verhalten soll. Aber ich finde es positiv, dass er eben über das Körperliche und Unreife hinaus geht. An einer Stelle erwähnt er, dass es gar nicht so wichtig ist, sich so körperlich nahe zu sein, sondern, dass Liebe einfach noch viel mehr ist als nur Sex. Diese Botschaft war für mich erstaunlich, weil sie eben von einem Jugendlichen kam und doch so viel Reifes in sich hatte. Wie Saku sich fühlt und wie er denkt und schlussendlich handelt, wird in dem Manga für mich gut rüber gebracht. Man kommt der Figur näher, identifiziert sich mit ihr und geht mit ihr durch Höhen und Tiefen, was für diese Problematik natürlich wichtig ist.

Gegen Mitte des Manga wird das junge Glück auf eine harte Probe gestellt. Aki wird plötzlich krank und muss sogar deswegen ins Krankenhaus und für eine Weile dort bleiben. Anfangs wird von einer aplastischen Anämie gesprochen, es scheint noch nicht ganz so ernst zu sein. Die beiden hegen noch Hoffnungen für die Zukunft. Doch dann verschlimmert sich ihr Zustand. Sie nimmt immer mehr ab, verliert ihre Haar, sie wird von Übelkeit geplagt, der Mund ist entzündet und sie wird immer schwächer.

Nicht nur ihr körperlicher Zustand hat darunter zu leiden, sondern vor allem auch ihr seelischer. Es setzt ihr enorm zu, sodass sie auch einige Male in Ohmacht fällt, weil sie es nicht ertragen kann. Für Saku ist das natürlich auch eine schwere Situation: er muss das alles mit ansehen und kann nichts dagegen unternehmen. Er möchte ihr unbedingt helfen, doch er fühlt sich machtlos. Was soll man tun, wenn die Freundin so sehr leidet? Wie geht man mit solch einer Krankheit um? Was wäre das Beste?

Zunehmend distanziert sich Aki auch von Saku und ihrer Mutter. Sie lässt niemanden an sich heran und verliert auch ihren Lebenswillen. Sie hat lange genug gekämpft und ist vom Leben müde...
Implizit wird also auch auf Suizid bzw. Sterbehilfe verwiesen und wie Angehörige mit dem Todeswunsch ihrer Liebsten umgehen. Wenn die Leiden so schlimm werden, dass das Leben schlimmer als der Tod ist, soll man dann beim Sterben helfen oder nicht? Für Saku steht fest, dass er unbedingt um sie kämpfen und sie am Leben erhalten will. Doch dann kommt die Diagnose, dass sie an Leukämie erkrankt ist...eine schwere Krankheit, für die es wohl keine Rettung gibt.

Ich fand das insofern gelungen gemacht, weil man dadurch zum Nachdenken angeregt wird. Man kann beide Positionen verstehen, die von Aki und die ihrer Mitmenschen. Einerseits möchte man natürlich alles Mögliche tun, damit die Person bei einem bleibt. Man will sie nicht verlieren und tut alles erdenkliche dagegen. Andererseits muss man natürlich auch an den Betroffenen denken, wie es ihm damit geht, schließlich muss er damit leben. Ist es nicht egoistisch jemanden zum Leben zu zwingen oder muss man unbedingt auf ein Überleben um jeden Preis pochen? Ich glaube, dass muss man immer vom jeweiligen Umstand abhängig machen.

Doch Saku gibt nicht auf und entführt Aki kurzfristig, beide wollen nach Australien eine schöne Zeit miteinander verbringen, die ihrem traurigen Leben wieder mehr Glück verleihen soll. Es ist schon gemein, wie der Manga einen erst so optimistisch werden lässt, doch im letzten Augenblick alles wieder zerstört. Aber so ist das Leben, dachte ich mir am Ende des Manga. Wir sind es doch immer gewohnt, dass alle Geschichten ein gutes Ende finden und wenn dem nicht so ist, war es eben noch nicht das Ende. Aber der Manga hört eben dann auf, als es am schönsten ist. Und ich fand das Zusammenspiel von Hoffnungsschimmer und dann plötzlichem Absturz gelungen und eben noch tragischer. Man leidet mit den Figuren und wünscht sich schon, dass sie glücklich werden. Doch das Leben ist eben nicht immer so, wie man es will.

Der Augenblick des Verlustes wurde für mich eindringlich und auch unter die Haut gehend geschildert, ich konnte den Schmerz Sakus mitfühlen, doch ich fand, dass dieser Moment einfach viel zu schnell vergangen ist. Viel zu rasch verlässt man diese Situation und viel zu schnell werden dann Zeitsprünge gemacht, als ob der Zeichner eben keine Zeit mehr gehabt hätte, sich dem mehr zu widmen. Nett fand ich aber die Idee, dass man Saku eben Jahre später mit seiner aktuellen Freundin zusammen sieht und er praktisch ihr seine Liebesgeschichte erzählt hat. Auch wenn man eben seine große Liebe verliert, geht das Leben weiter. Das muss jetzt nicht heißen, dass man die erste Liebe vergisst, denn an Saku sieht man, dass man auch viele Jahre später noch daran hängen kann und die verlorene Geliebte noch immer im Herzen trägt. Dass es nicht so ist, dass man für immer dieser Liebe hinter her trauert, aber sich eben an die guten Dinge erinnert und sie für immer behält.


Zeichnungen:

Der Zeichenstil ist für mich nicht unbedingt etwas Schönes, ehrlich gesagt sagte er mir nicht wirklich zu. Die Figuren wirkten mehr wie Skizzen und es fehlte einfach etwas an ihnen. Ich kann nicht sagen, dass sie richtig gut, aber auch nicht richtig schlecht aussahen. Das Optische erfüllte gerade so meine Ansprüche, war aber eben nicht wirklich etwas fürs Auge. Doch Gestik und Mimik reichten aus. Ich denke jedoch, dass die Geschichte vielleicht noch besser gewirkt hätte, wenn die Zeichnungen sauberer, detaillierter und ausdrucksstärker gewesen wären. Das war vielleicht ein Grund, weswegen ich nicht so von dem Manga gepackt war. Das Optische trägt eben auch zur Vermittlung der Atmosphäre bei.


Fazit:

Der Einzelband erzählt die tragische Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die ein viel zu frühes Ende nehmen musste. Der Anfang ist zwar nicht besonders eindrucksvoll, dafür authentisch, auch die Liebesbeziehung wirkt auf mich natürlich. Es werden im Laufe der Handlung wichtige Themen angesprochen und die Tragik des Schicksals wird für mich auch einfühlsam veranschaulicht. Die Figuren sind sympathisch, man leidet auch mit ihnen, doch hinterlässt es nicht einen so großen Eindruck, wie man es sich erhofft. Einziges Manko wären für mich die vielen Zeitsprünge und besonders das Ende, dass hätte ausführlicher geschildert werden können. Alles in allem aber eine packende Geschichte, die jedoch durch schönere Zeichnungen hätte besser wirken können.

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