Manga verwenden verschiedene Erzähltechniken, mit denen sie uns immer wieder fesseln können. Welche das sind, erfahrt ihr in diesem Beitrag.
Nach Scott McCloud gibt es verschiedene Erzähltechniken von Manga, die in westlichen Comics nicht so vorhanden sind, aber zunehmend ebenfalls Anwendung finden.
1. Symbolische Figuren mit einfachen, stilsierten Gesichtern, mit denen man sich leichter identifizieren kann. Figuren die zum Identifikzieren sind.
2. Eine reiche Vielfalt an verschiedenen Genres bei Manga, die verschiedene Ziel- und Altersgruppen ansprechen.
3. Im Kontrast zu den vereinfachten Figuren stehen die konkreten detaillierten Orte, die dazu führen, dass der Leser sich besser in die Umgebung hinein denken kann und sie als authentisch wahrnimmt.
4. Eine abwechslungsreiche Figurengestaltung mit deutlichen Unterschieden in Gesichtern wie Körperbau wie auch Archetypen, die ebenfalls dazu dienen, dass man leichter für sie Sympathie entwickeln kann.
5. Häufige Verwendung von stillen Panels und Augenblick-zu-Augenblick-Panelübergängen, die eine bestimmte Stimmung bei der Handlung und beim Leser erzeugen soll.
6. Kleine Details aus der wahren Welt, die somit den Bezug zur Alltäglichkeit herstellen.
7. Subjektive Bewegung sowie Hintergründe aus Bewegungslinien bewirken, dass der Leser sich mit Figur durch die Handlung bewegt, statt nur dazustehen.
8. Expressive Stilmttel für die Innenwelt der Figuren sowie expressionistische Hintergründe Montagen und karikierende Übertreibungen, die dazu einladen, sich in die Figuren einzufühlen.
Die symbolischen Figuren und Archetypen haben zur Folge, dass sich der Leser diese lebendig macht, die Umgebungen laden zur Beteiligung des Lesers am Geschehen ein, der Alltag vermischt sich mit der Figuren.
All das sind Techniken, die den Leser emotional an das Geschehen beteiligen wollen. Er soll nicht einfach nur passiv konsumieren, sondern aktiv dabei sein, was für McCloud ein wichtiger Grund für den internationalen Erfolg von Manga ist.
Morphologie der Manga
Um eine emotionale Beteiligung zu bewirken, verwendet der Manga ganz besonders für das Medium typisch ein Vokabular an Symbolen, was die besondere japanische visuelle Sprache in Manga deutlich macht.Diese äußern sich in Gestik und Mimik der Figuren und repräsentieren stets Gefühle, Stimmungen und Emotionen der Figuren. Hier wird aber auch die kulturelle Konvention deutlich. So wird außerdem der Superdeformed Stil verwendet, um eine Szene oder Figur zu parodieren oder zu karikieren. Interessant finde ich daran, dass in der japanischen visuellen Kultur eine starke Tendenz zur Emotionalisierung zu finden ist, so in der Verwendung der Emoticons (Emoji), die eine noch größere Vielfalt und Menge als die uns bekannten besitzen.
Die Symbole in Manga lassen sich unterschiedlich kategorisieren, je nachdem an welchem Körperteil der Figuren sie sich befinden. Die symbolische Bedeutung kann auf physische, aber auch auf psychische Zustände verweisen und auch mal konkret oder eher abstrakt ausfallen. Auch die Beziehung zwischen Symbolen ist veränderbar. Eines der am häufigsten genuttzen ist der Tropfen (suiteki), der je nach Situation auf Schweiß, Tränen, Speichel oder Nasenschleim udn Wasser hindeuten kann. Je nachdem, an welcher Stelle er sich am Kopf befindet, erhält das Symbol seine besondere Bedeutung. Die Tropfen können Hitze, Angstschweiß oder eben körperliche Anstrengung suggerieren. Sind die Tropfen an den Augn stehen sie meist entweder für Trauer oder gegenteilig Freude. Befindet sich der Tropfen eher am Mund, verweist er auf Hunger, Gier oder Dämlichkeit als Charakterisierung.
Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten Gefühle und physische Zustände darzustellen. So sieht man sehr oft ein Kreuz auf der Stirn, was die anschwellenden Blutgefäße durch Wut und Ärger präsentiert. Nasenbluten verdeutlicht eine sexuelle Erregung oder Begierde, was überspitzt auch in Blutfontänen ausarten kann. Spiralaugen stehen dagegen für Erschöpfung und Bewusstlosigkeit.
Errötete Wangen weisen auf Scham oder Verliebtheit hin. Ein Schatten über dem Gesicht besonders den Augen kann für Enttäuschung, Schock oder depressive Stimmung stehen. Immer wieder sieht man auch kleine Luftwolken von den Figuren abgehen, was ein Seufzen meint, was einher geht mit Erleichterung oder Anstrengung. Überdimensionale Augen und ein weit aufgerissener Mund dazu symbolisieren Schock und Überraschung.
Generell erkennt man bei den Symbolen eine starke Betonung der Augen. Nicht umsonst sind sie auch das Fenster zur Seele und besonders in Manga sehr wichtig. Darum finden sich hier ebenfalls viele Symbole. So sind beispielsweise Herzen zu nennen, die Liebe verdeutlichen oder Dollarzeichen, die Habgier implizieren. Leere Augen verweisen auf Bewusstlosigkeit oder Verlust der Kontrolle. Große Kringel in den Augen machen ebenfalls Erschöpfung, Verwirrung und Bewusstlosigkeit deutlich.
Um euch mal das alles mal überblicksartig darzustellen, möchte ich euch mal die Morphology von Manga vorstellen, die ich in einer Art Tabelle gefunden habe. Hieran kann man mal sehen, wie viele verschiedene Darstellungsmöglichen es für Emotionen und Empfindungen jeglicher Art in japanischen Comics gibt.
Mir persönlich ist es bisher nicht in den Sinn gekommen, dass
Manga so eine emotionale Wirkung auf uns haben, aber nachdem ich mich
mit diesem Thema mehr befasst habe, wurde es mir dann immer mehr
bewusst. Nun konnte ich auch besser verstehen, weswegen ich Manga so
faszinierend und anziehend fand. Manga sind tatsächlich sehr auf den
Leser bezogen, im Vergleich zu westlichen Comics, die deutlich mehr die
Handlung fokussieren. Bei diesen fällt auch auf, dass weniger die
Atmosphäre oder die Augenblicke im Vordergrund stehen. Ganz doll fällt
mir dagegen die Tendenz zur Emotionalisierung bei Shoujo-Manga auf, die
natürlich thematisch Emotionen wie Beziehung behandeln, insofern ist
dies also eigentlich logisch. Was mir aber dann wiederum auffällt ist,
dass sich Manga zwischen emotionale Nähe und auch Distanz bewegen, bei
letzterem hängt dies mit den überzeichneten Figuren wie auch einigen
Szenen zusammen, die einfach die Künstlichkeit des Mediums betonen.
Manga wollen einerseits schon durch Alltäglichkeit und detaillierte
Hintergründe Nähe erzeugen, aber gleichermaßen auch betonen, dass das
Geschehene eben nicht echt ist. Das geschieht eben vor allem durch
überzeichnete Figurendarstellung (Mimik, Gestik, SD, Zeichenstil) wie
auch den sehr stereotypischen Figuren, die charakterlich sehr
vereinfacht sind. Schon ziemlich paradox, findet ihr nicht? Vielleicht
ist es gerade diese Mischung aus Alltagsnähe wie auch Unglaubwürdigkeit,
die den Manga so reizvoll machen.
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